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Draussen

Draussen

Titel: Draussen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lachmann
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Veranstaltungsagentur. Er selbst war freier Journalist und spielte in einer Band. »Morgen geben wir ein Konzert in der Pony-Bar, wär toll, wenn du kämst!« – »Schade, ich muss morgen nach Köln. Aber ich geb dir mal meine Email-Adresse, dann kannst du mir mailen, wenn mal wieder ein Konzert ist.« – »Sehr gern! Du hast übrigens tolle Augen.« Ich hoffte, dass das Rotwerdgefühl trog. »Danke.« Er notierte sich meine Kontaktdaten in seinem Handy. »Spielst du denn die Gitarre in eurer Band?« fragte ich. »Nein, ich spiele Bass. E-Bass, aber manchmal auch unplugged. Machst du auch Musik?« – »Blötflocke kann ich und ein bisschen Triangel«, scherzte ich. Dann erzählte er mir von einer neuen Männerzeitschrift, an der er gerade arbeitete. » Hermann ist ein Magazin für den modernen Mann mit all seinen Interessen, Wünschen und Ängsten. Nicht nur für die Obercoolen, deren Duschgelflasche nach Motorenöl aussieht und die zum Frühstück eine rohe Rinderhälfte verschlingen.« Ich stutzte: »Ist das ein Schwulenmagazin?« Marc lachte. »Nein, eben nicht! Auch Heteros haben Gefühle …« – »Ach so, entschuldige, das war mir neu …«, scherzte ich verlegen. »Und welche Themen habt ihr da so in eurem Hermann?« Wir hatten uns inzwischen nebeneinander auf eine Mauer gesetzt, auf der so wenig Platz war, dass sich unsere Beine berührten. Das fand ich nicht unangenehm. »In unserem aktuellen Heft haben wir als Aufhänger Kinder. Also, was ändert sich für uns Männer, wenn wir Vater werden, wie verändert sich das Verhältnis zu unserer Partnerin, wie ist die rechtliche Situation und all sowas. Und dann haben wir natürlich auch den Single-Mann im Blick, eine Reisereportage mit einer Singlereisegruppe in Marokko, die hab ich geschrieben, ist ganz witzig geworden, Kochrezepte, interessante Webseiten werden vorgestellt, Filmkritiken gibt’s, Neues aus der Wunderwelt der Technik und Witzeseiten. Cartoons von Ralph Ruthe und sowas.« – »Das klingt auf jeden Fall interessant. Also eine Brigitte für Jungs?« – »Joah, wenn man so will. Macht total viel Spaß. Und, ach ja, wir hatten in unserem ersten Heft dazu aufgerufen, den »Perfekten Mann« zu küren, dem soll dann der Hermann des Jahres verliehen werden.« – »Und? Habt ihr einen gefunden? Wer durfte denn abstimmen?« – »Also, jeder durfte jemanden vorschlagen, Ehefrauen ihren Mann, Männer ihren besten Kumpel, ein Kind hat sogar seinen Dad vorgeschlagen, voll süß. Und daraus haben wir dann zehn Kandidaten ausgewählt, und über die dürfen die Leser und eine Jury den Hermann des Jahres auswählen. Der erscheint dann im aktuellen Heft.« – »Und wer sitzt in der Jury?« – »Da wir ja eigentlich ein Männermagazin sind und demnach fast ausschließlich von Typen gelesen werden, sitzen in der Jury fast nur Frauen, damit das ein bisschen ausgeglichen ist.« – »Hm. Klingt gut! Und wie ist er, euer Hermann?« – »Weiß ich noch nicht. Kannst dir ja dann das Heft kaufen, wenn es dich interessiert. Oder ich mail dir den Artikel.« – »Nein, nein«, wehrte ich ab, »ich kauf das Heft. Ich will doch junge Journalisten unterstützen!« – »Das ist nett! Du bist nett!« Er strahlte mich an.

    Um acht klingelte mein Wecker – nach viereinhalb Stunden Schlaf. Zum Glück hatte ich nicht sooooo viel getrunken. Trotz dem vermied ich im Bad den Blick in den Spiegel. Und das fröhliche Zwitschern von Fred und Liller war mir auch etwas zuviel, erinnerte mich aber immerhin daran, den beiden ihren Napf für zwei Tage aufzufüllen, was sie mit Begeisterung aufnahmen. »Hey, nicht gleich alles auffuttern!« ermahnte ich sie und gähnte. Ich freute mich auf das Geschuckel im Zug; bis Köln konnte ich vier Stunden schlafen.
    Ich fand Zugfahren nicht schlimm, schlimm fand ich nur, dass noch andere Leute Zug fuhren.
    Wer sich diese Unterteilung in Ruhe- und Normalbereich ausgedacht hat, muss ein naiver Träumer gewesen sein. Mal wieder war ich die Einzige, die wusste, dass wir uns im Ruhebereich befanden. Den anderen Fahrgästen, die entweder einen HSV/S04/FC-Sieg vorfeierten, die Kegelkasse proseecotrinkend verprassten oder mit ihren Zöglingen zur Tagung des »Verbands der Eltern von schwerhörigen Kindern« zu fahren schienen, waren die Piktogramme mit dem Zeigefinger an den Lippen scheißegal. Zugfahren war teuer, ja, aber anscheinend nicht teuer genug. Jedenfalls nicht für Gruppen. Gruppentickets sollten preislich so hoch angesiedelt sein, dass

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