Draussen
hingeben und den Rest meines Lebens damit verbringen, ihn zu küssen und mehr. Ich spürte seine muskulöse Brust an meiner muskellosen. Ich versuchte, seine Hose zu öffnen, aber er trug einen dieser neumodischen Gürtel mit einer Schnalle, gegen die die Panzertür von Fort Knox aus einem Überraschungsei zu stammen schien. Wieso hatten Männer eigentlich nicht mehr einfach nur die guten alten Gürtelschnallen mit einem Dorn, der in ein Loch im Gürtel gesteckt wurde, sondern irgendwelche High-Tech-Teile, für die man mindestens ein Ingenieur-Diplom benötigte? Und da schimpften Männer, dass sie Schwierigkeiten mit dem BH-Öffnen hatten. Ha, dass ich nicht lachte! Das BH-Patent hatte sich seit Tausenden von Jahren nicht geändert, aber Männergürtel schienen inzwischen von Leuten wie Q als möglichst nicht zu öffnen hergestellt zu werden.
Endlich hatte ich es geschafft, und war entzückt darüber, was sich mir da keck entgegenreckte – als ich ihn sagen hörte: »Komm, lass uns die Tagesdecke zurückschlagen, sie ist von Basetti.« Hallo? Und wenn die Decke vom Papst höchstpersönlich in unermüdlicher Heimarbeit aus selbstgezüchteten Seidenraupen handgehäkelt worden wäre – wie konnte er jetzt an sowas denken? Mit den Worten »Ich komm gleich wieder« verschwand er, kam gleich darauf mit einer Rolle Küchenkrepp, das am Rand mit bunten Früchten bedruckt war, zurück und legte sie auf den Nachttisch. Ich fühlte Grauen in mir hochsteigen. Wie spießig konnte man sein? Wenn er jetzt noch ein Handtuch unterlegte – er küsste mich fordernd und mir war kurzfristig wieder alles egal. Plötzlich stand er nochmal auf und holte tatsächlich ein Handtuch. Er breitete es doppelt gefaltet auf dem Bett aus und löschte dann auch noch das Licht. Es war stockfinster. So stellte ich es mir in diesem von Blinden geführten Dunkelrestaurant vor, nur dass da die Leute mehr anhatten. Obwohl – wusste man’s? Na ja, so konnte er wenigstens nicht sehen, dass ich ihn mit offenem Mund anstarrte. »Wieso machst du das Licht aus? Hast du wenigstens ’ne Kerze?« fragte ich ihn. »Ich mag das nicht mit Licht.« Nun, Neonröhren mochte ich auch nicht, aber etwas stimmungsvolle Beleuchtung, dagegen war doch weiß Gott nichts einzuwenden, im Gegenteil, ich wollte doch sehen, womit ich’s zu tun hatte. Wobei, vielleicht wusste er, warum er es dunkel mochte. Am Ende hatte er noch seine Socken angelassen.
»Du, so ’n bisschen Licht finde ich ganz schön, ich will dich doch sehen.«
Hörbar genervt machte er die Nachttischlampe an. Et voilà, er trug tatsächlich noch seine Socken. Wochentagssocken. Ah, richtig, heute war Sonntag. Hm. Aber erst seit zweieinhalb Stunden. Ob er sich um zwölf bei Connie umgezogen hatte? Wäre ich ein Mann gewesen, mein Zeiger wäre schlagartig von zwei auf fünf zurückgegangen. Er fummelte in meinem Schritt. Ach ja, richtig, der Body. Er hatte keine Druckknöpfe, sondern Haken und Ösen. Ich würde den Teufel tun und ihm das verraten. Ich hatte eh keinen Bock mehr.
»Bevor ich’s vergesse, ich hab meine Tage, Migräne, einen Pilz und morgen sehr früh einen Termin, besser, ich geh jetzt.«
»Morgen ist Sonntag!«
»Ich muss die Kirche aufschließen.« Mit diesen Worten schnappte ich meine Klamotten und meine Tasche, zog mich blitzartig wieder an und schlüpfte aus seiner Wohnung.
Puh. Gerade noch mal gutgegangen, dachte ich, als ich mir ein Taxi heranwinkte. Irgendwann hatte mir mal ein Taxifahrer erzählt, dass es nichts brachte, »Taxi!« zu rufen, weil man es im Taxi sowieso nicht hörte. Ich fand allerdings, dass es für meinen Abgang besser passte, also rief ich, obwohl es schon blinkte und zu mir heranfuhr, laut: »Taxi!«
Kapitel 6 Relax!
Das war ja mal ein toller Wochenstart. Nachdem der Sonntag fast vollständig mit Entpartysierung bei Connie draufgegangen war, hatte sich auch der Montag bis jetzt nicht von seiner Schokoladenseite gezeigt. Erst die Frau von der Zementfabrik, die unbedingt einen Comedian à la Michael Mittermeier für ihre 50-Jahr-Feier haben, dafür aber nicht mehr als 98 Euro ausgeben wollte. »Wieso ausgerechnet 98 Euro?« hatte ich gefragt, und sie hatte geantwortet: »Weil das im Etat übrig ist.« Gut, unter den Umständen würde das Herr Mittermeier bestimmt machen, das war ja ein zwingender Grund. Meine Chefin, Stefanie, hatte mich daraufhin gebeten, irgendeinen Bauchredner oder lustigen Jongleur aus der Region dafür zu suchen und anzubieten. Ich war noch
Weitere Kostenlose Bücher