Dray Prescot 01-Transit nach Scopio
ihrer Geburt jeder Wunsch von den Lippen abgelesen worden war, die jeden Luxus als ihr Vorrecht empfand und die niemals die Lenkung einer älteren oder klügeren Hand gespürt hatte oder den gesunden Menschenverstand eines Menschen, dem nicht alles gewährt ist.
Sie lag auf einer Art Chaiselongue unter einer goldenen Lampe; das Lampengestell hatte die Form eines jener anmutigen Laufvögel der Segesthes-Ebenen, die wir Klansleute gern fangen, um die bunten Federn an die Mädchen der riesigen Chunkrah-Herden zu verschenken. Natema trug ein kurzes smaragdgrünes Kleid – war denn hier keine andere Farbe möglich? – und darunter eine silbrig schimmernde Seidenjacke. Ihre Arme waren nackt und schimmerten rosig; ihre Fußgelenke waren schmal, ihre Waden hübsch anzusehen, doch ihre Schenkel kamen mir einen Hauch zu füllig vor, zwar entzückend anzuschauen, doch eine Winzigkeit zu üppig für einen Mann meines Geschmacks. Wohl zu wenig Bewegung, die Kleine. Zuviel Sänfte. Das volle blonde Haar hatte sie auf dem Kopf aufgetürmt, wo es von einer Smaragdnadel festgehalten wurde. Ihr köstlicher Mund schimmerte rot und warm – und lächelte einladend.
Hinter ihr sah ich in einem Alkoven den Unterleib und die Füße eines riesigen Mannes, der einen Kettenpanzer trug. Brust und Kopf waren hinter zwei verzierten Elfenbeintüren verborgen. An seiner Seite, die Spitze auf dem Boden ruhend, erblickte ich ein langes Rapier. Man brauchte mir nicht erst zu sagen, daß der Krieger auf ein kurzes Kommando der Prinzessin Natema mit einem Riesensprung aus seinem Wandschränkchen ins Zimmer eilen würde, um seine tödliche Waffe an meinen Hals zu heben oder sie mir ins Herz zu stoßen.
»Du darfst dich verbeugen«, schlug sie wohlwollend vor.
Ich gehorchte. Sie hatte mich nicht Rast genannt. Ein Rast, das hatte ich inzwischen rausgekriegt, war ein widerliches sechsbeiniges Nagetier, das in Misthaufen und von Aas lebte. Vielleicht irrte sie sich. Vielleicht war ich trotz meiner vier Glieder und meiner Körpergröße in diesem Palast wirklich nur einem Rast vergleichbar, der in seinem Misthaufen wühlt. Jedenfalls entsprach das seiner Natur.
»Du darfst dich hinhocken«, lautete ihr Angebot.
Ich tat, wie mir geheißen.
»Sieh mich an.«
Auch diese Anordnung befolgte ich, was mir nicht sonderlich schwerfiel.
Geschmeidig erhob sie sich von der Couch. Ihre weißen Arme hoben sich und zogen anmutig und vielsagend die Smaragdnadeln aus dem Haar, das kunstvolle Gebilde des Turms löste sich auf, das helle Haar fiel herab. Dann bewegte sie sich leichtfüßig im Zimmer umher und schien kaum die vielen Teppiche aus Pandahem zu berühren; ihre rosa Füßchen mit den entzückenden grünlackierten Zehennägeln schienen darüber hin zu huschen. Das grüne Gewand sank über die Schultern herab, und ich hielt den Atem an, als zwei feste Rundungen unter der Seide erschienen; tiefer ließen ihre Arme das Gewand sinken, schoben es mit – wie soll ich es beschreiben? –, mit einer Art atemlosen Zischen hinab, worauf sie nur noch das helle Unterkleid trug, das sich unten eng um ihre – hm, ich sagte es schon – Schenkel schmiegte. Silberfäden schimmerten in dem Stoff. Ihr Körper leuchtete in dem Gewand wie eine geweihte Flamme in den heiligeren Bezirken eines Tempels.
Sie starrte auf mich herab, forderte mich heraus, wohl wissend, welche Wirkung ihr Körper auf meine ausgehungerten Gefühle hatte. Ihre roten Lippen schürzten sich, und das Licht der Lampe fing sich darauf und schoß mir blendende Pfeile der Lust in die Lenden.
»Bin ich eine Frau, Dray Prescot?«
»Aye«, sagte ich, »du bist eine Frau.«
»Bin ich nicht die schönste aller Frauen?«
Sie hatte mich nicht berührt – noch nicht.
Ich überlegte, doch wie immer, wenn man mit einer besonders geistreichen Antwort brillieren will, findet man das Gehirn ausgedörrt.
Ihr Gesicht verkrampfte sich. Sie atmete plötzlich heftig. Sie stand vor mir, den Kopf zurückgeworfen, das Haar wie ein schimmernder Vorhang um ihre Schultern, der ganze Körper instinktiv auf den massierten Einsatz sämtlicher weiblicher Waffen konzentriert.
»Dray Prescot! Ich habe gefragt – bin ich nicht die schönste aller Frauen?«
»Du bist schön«, sagte ich.
Sie zog heftig den Atem ein. Ihre kleinen weißen Hände verkrampften sich.
Sie starrte auf mich herab, und ich mußte an den gepanzerten Schwertkämpfer denken, der in seinem Schränkchen wartete.
»Du bist sehr schön«, beeilte ich mich
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