Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
bereit, mich gehen zu lassen und sich so eines törichten Sklaven zu entledigen, der vielleicht von dem feindlichen Schiff aufgenommen wurde. So jedenfalls verstand ich ihr Zögern. Wenn ich aufgegriffen wurde, mußte der Verfolger langsamer werden. Aber dann kamen sie wohl zu der Überzeugung, daß das andere Schiff nicht anhalten würde, daß sich die Feinde durch einen schreienden Galeerensklaven im Wasser nicht von ihrer Jagd abbringen lassen würden. Und wieder rückten sie näher – aber da hatte ich schon angegriffen. Meine geballte Faust knallte dem ersten ins Gesicht, ehe er schreien konnte. Ich packte sein Langschwert, das durch die Luft zischte, hieb dem zweiten durchs Visier, und er taumelte mit entsetztem Gesicht rückwärts. Blut sickerte durch seine Rüstung.
»Packt ihn, ihr Dummköpfe!« brüllte eine Stimme von achtern.
Ich sprang los und schwang die Klinge, die den Kopf des dritten Mannes seitlich traf, während ich schon dem Hieb des vierten Söldners auswich. Der Kampf ähnelte schon mehr den Säbelduellen, die ich von den irdischen Schiffen her kannte, vom Entern inmitten des Kampflärms. Und der Kampf hatte Ähnlichkeit mit den Rapier- und Dolchtaktiken, die in Zenicce geübt wurden.
Ich ballte die linke Hand und schlug damit nach dem vierten Mann, dann gab ich ihm den Schwertgriff zu schmecken und stieß ihn von mir.
Die Sklaven hatten zu brüllen begonnen.
Sie machten einen ohrenbetäubenden Lärm, wie Vosks im Schlamm; sie schnaubten und grölten und kreischten. Ich raste über den Mittelgang nach achtern.
Der Rudermeister in seiner Kabine erkannte meine Absicht. Kreischend sprang er auf: »Bogenschützen! Streckt ihn nieder!«
Ich zog mich mit einer Hand zu seiner Kabine empor, und während er sich noch ins Freie zu zwängen versuchte, säbelte ich ihn nieder. Der Trommeldeldar hatte überhaupt keine Chance. Die Wucht meines Hiebs trennte ihm den Kopf vom Körper und ließ ihn einige Meter über den Gang rollen, ehe er zwischen den Ruderbänken verschwand. Die Trommel schwieg.
Soldaten rannten durcheinander, kamen die Leitern vom Poopdeck herabgeklettert.
Bisher hatte ich das blutige Geschäft völlig lautlos und wie in Trance erledigt. Als die Soldaten nun vordrangen, raste ich vor ihnen über den Mittelgang. Der erste Peitschendeldar lag tot am Boden, doch seine Kameraden hieben weiter auf die Ruderer ein in dem verzweifelten Versuch, den Schlagrhythmus auch ohne Trommel aufrechtzuerhalten. Aber der Rhythmus war mit dem Tod des Trommeldeldars verlorengegangen.
Ihre Peitschen waren keine Waffe gegen mein Langschwert. Beide Peitschenschwinger starben – der eine mittschiffs, der andere weiter vorn. Die Männer in den Kettenhemden hatten nun zu schreien begonnen und stürmten auf mich zu.
Ich erhob die Stimme. »Männer!« brüllte ich. »Galeerensklaven! Hört auf zu rudern! Hebt die Ruder! Der Tag der Abrechnung ist gekommen!«
Das war etwas melodramatisch ausgedrückt, doch ich kannte diese geschundenen Kerle. Einige Ruderbänke stellten die Arbeit ein, und die Ruder kamen durcheinander. Da sich die Ruder solcher Schiffe unbedingt im Gleichtakt bewegen müssen, wenn sie überhaupt etwas ausrichten wollen, kam alle Aktivität an Steuerbord und Backbord der Grodnos Gnade in kürzester Zeit zum Erliegen. Die Ruder wurden eingezogen. Die Sklaven machten jetzt so viel Lärm, daß die Männer der verfolgenden Galeere, die ich noch nicht gesehen hatte, uns hören mußten und bestimmt die richtigen Schlüsse daraus zogen.
Ein Pfeil bohrte sich vor mir in den Mittelgang. Ich drang wieder nach achtern vor. Ich hatte sehr lange kein Schwert mehr in der Hand gehabt. Ich besinge nicht die Freuden des Kampfes, des Blutrauschs – so wie manche Männer von ihren Kämpfen schwärmen. Mir gefällt das Töten nicht; wenigstens das hatten mir die Savanti nicht beibringen müssen. Doch jetzt zwang mich ein Nachhall meiner Erlebnisse auf diesem Binnenmeer zu einer stereotypen Reaktion. Abgrundtiefer Haß, Widerwillen, Wut stiegen in mir hoch und vermischten sich zu einem erbarmungslosen Zorn. Ich empfand wilde Begeisterung, als mein Stahl die Reihen meiner Gegner lichtete.
Damals war ich ein junger Seemann mit blitzschnellem Reaktionsvermögen und führte eine gefährliche Klinge. Ich brüllte meine Gegner an und ließ mein Schwert zucken wie einen Degen. Dabei mußte ich große Kraft aufwenden, um die Kettenhemden zu durchstoßen oder zumindest so fest zuzuschlagen, damit wirkungsvolle
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