Dray Prescot 03-Der Schwertkämpfer von Scorpio
begann zu pfeifen, das Meer belebte sich, Blitz und Donner umtobten uns. Wir machten kehrt, und der Sturm ließ sofort nach.
»Ich möchte mich nicht zu sehr mit solchen Dingen befassen«, sagte Zenkiren mit einer Ernsthaftigkeit, wie er sie allen wichtigen Dingen widmete. »Zweifellos könnte Pur Zazz die Bedeutung dieser Erscheinung ergründen. Doch ich verstehe, was du meinst. Es ist dir vom Schicksal bestimmt, nach Osten zu reisen – über die Stratemsk, durch die Unwirtlichen Gebiete. Ich wünsche dir alles Gute, Bruder, denn der Weg ist schwer, weiß Zair.«
»Pur Zazz hat mir von vielen Wundern in den Unwirtlichen Gebieten erzählt. Es freut mich zu hören, daß der Große Erste Abt noch lebt.«
»Zair beschütze ihn. Ich bete, daß er lebt, bis meine Arbeit hier getan ist.«
Ich wußte, was er meinte.
»Wenn du Erster Abt bist, Zenkiren, und der Ruf an alle Krozairs von Zy ergeht, werde ich mich diesem Ruf nicht verschließen.«
Er neigte bestätigend den Kopf. Doch er war traurig, daß ich ihn bei diesem letzten Kampf gegen die magdagischen Herrscher nicht begleiten konnte.
Ich glaube, daß Delia auch unter vier Augen mit Zenkiren sprach, und kann mir einige der Fragen vorstellen, die sie ihm über mein Leben am Binnenmeer gestellt hat – und sicher auch über Mayfwy. Ich bin froh, daß wir in diesen Dingen ganz offen miteinander sein können. Mayfwy, die Witwe meines Freundes Zorg aus Felteraz, ist ein wunderbarer Mensch und ein großartiges Mädchen; doch in meinem Leben kann es nur eine Frau geben – meine Delia, meine Delia aus Delphond!
Dennoch übertrug ich Zenkiren die Aufgabe, sich zu überzeugen, daß mein Agent Shallan für die Prise Schwert des Genodras den besten Preis erzielte und daß mein voller Anteil an Mayfwy ausgezahlt wurde.
»Schließlich wächst der junge Zorg heran, und er muß den besten Ruderer kommandieren, der sich finden läßt«, sagte ich. Mein alter Ruderkamerad Zorg – seine Witwe oder seine Kinder durften nicht darben, wenn ich es irgendwie verhindern konnte. Ich wußte, daß meine beiden Raufbolde Nath und Zolta derselben Meinung waren.
In der kurzen Zeit, die wir in Pattelonia zubrachten und uns dabei gewissermaßen auf die nächste Etappe unserer Reise nach Vallia vorbereiteten, hielt sich Seg ziemlich abseits. Er bemühte sich immer noch, die Aufmerksamkeit Theldas zu erwecken, doch sie bemutterte mich weiter, was mich nicht wenig ärgerte und Delia insgeheim amüsierte.
Eines Tages kam Seg mit einem riesigen Stück Holz in unser Quartier. Die Stange war dunkelgrün, fast schwarz. Er ließ den Stab lässig herumwirbeln, doch es war zu spüren, daß er sich freute.
»Kein echtes Yerthyrholz«, sagte er. »Der Yerthyrbaum ist für die Tiere dieser Gegend zu giftig, und die Leute pflanzen ihn nicht an. In Erthyrdrin verdauen unsere agilen Thyrrixe Holz, Rinde und Blätter mit ihrem zweiten Magen.«
»Und?«
»Dieser Stab gibt einen passablen Bogen ab, wenn ich damit fertig bin.« Er tastete mit dem Daumen daran entlang. »Aber wenn ich meinen eigenen Langbogen hätte, Dray Prescot, dann würden dir die Augen übergehen!«
An der Tür gab es ein Durcheinander; auf Zenkirens Einladung hin waren wir aus dem Gasthof ausgezogen und bewohnten jetzt Gästequartiere im Gouverneurspalast. Ein sanurkazzischer Gardist, ein junger Mann in neuem Brustpanzer und mit einem schimmernden neuen Langschwert – einem Geschenk seines Vaters –, sprang zurück, als ein aufgebrachter Proconier gestikulierend hereindrängte. Orangefarbener und grüner Sonnenschein lag in schrägen Streifen im Innenhof vor der Tür, und exotische Blüten hingen an Ranken von den weißen Wänden.
»Vandalen! Piraten! Diebe!« rief der Proconier, ein dicker Mann mit beringten Händen und einer Nase, die von übermäßigem Weingenuß gerötet war. Er trug kein Schwert und bewegte sich so heftig, daß seine Kleidung ganz verrutscht war.
»Tut mir leid, Pur Dray«, sagte der Gardist. »Er hat sich nicht abweisen lassen – und ich wüßte nicht, wie ich ihn hätte zurückhalten sollen, ohne ihn niederzuhauen ...«
»Schon gut, Fazmarl«, sagte ich und kehrte Seg und seinem Holzstab den Rücken. »Laß den Herrn eintreten.«
Der Herr fuchtelte mir mit der Faust unter der Nase herum, erblickte Seg und stieß einen schrillen Schrei aus. »Da ist er ja, der Plünderer, der Räuber, der Barbar! Er hält meinen Besitz in der Hand, Pur Dray – und er hat den schönsten Baum in meinem Frauenquartier
Weitere Kostenlose Bücher