Dray Prescot 05-Der Prinz von Scorpio
Boot aus Valka eintreffen«, sagte Seg.
Ich stand auf.
Ich fühlte mich ausgezeichnet.
»Dann also morgen, Seg.«
Er verzichtete darauf, mir Glück zu wünschen. Sicher nahm er an, daß ich das nicht mehr nötig hätte. Beide dachten wir, der andere sei von den Eisgletschern Sicces zurückgekehrt – wer brauchte da noch Glück?
Früh am nächsten Morgen legte ich meine neuen Sachen an. Die weite Ledertunika paßte mir gut, und das flauschige Hemd war sauber und gestärkt. Der Hut war grau und hatte ein schönes Büschel rot-weißer Federn – die Farben, die Valkaner an ihren Ärmeln trugen. Die hohen schwarzen Stiefel glänzten; Paline hatte sich große Mühe gegeben. Ich legte den Gürtel mit Rapier und Main-Gauche um, den Seg für mich erstanden hatte. Wie immer steckte ich ein zusätzliches Messer hinter die rechte Hüfte. Schließlich hüllte ich mich in einen weiten grauen Umhang und ließ mich von Paline aus dem Gassengewirr zu den Kanälen und Hafenanlagen führen.
Der Geruch der frischen Luft belebte mich. Die Doppelsonne Antares von Scorpio brannte heiß herab. Das lebhafte Treiben einer großen Metropole umgab uns. Ein Lederbeutel mit Münzen hing an meinem Gürtel; Seg hatte ihn von Delia erhalten. Ich blickte auf, und vor mir erhob sich ein Wald aus Schiffsmasten. Mein Herz begann schneller zu schlagen.
Ich habe die großen Galleonen Vallias schon erwähnt. Nun sah ich sie vor mir. Das Schiff aus Valka lag längs am Kai, und man war eifrig mit dem Entladen beschäftigt. Ihr Kapitän starrte mich an, als wäre ich von den Toten auferstanden. Ich erkannte ihn – und er erkannte mich.
»Kapitän Korer!« sagte ich und schüttelte ihm die Hand. »Ich hoffe, es geht dir gut!«
»Mein Lord Strom!« sagte er atemlos.
Er berichtete mir die Neuigkeiten aus Valka, und ich hörte begierig zu, denn ich liebe meine Insel. Das Land hatte weiter Fortschritte gemacht. Der Frieden war erhalten, die Wirtschaft blühte.
»Deine Mannschaft – ist sie vertrauenswürdig?« fragte ich den alten Seebären.
»Jeder einzelne Mann und Junge, Strom!«
»Gut. Dann merk dir eins. Ich bin auf deinem Schiff gefahren und gerade mit euch eingetroffen.« – »Verstanden.«
Danach war alles ganz einfach. Mit einer kleinen Garde Seesoldaten vom Schiff und mit Geschenken, die ich von Delias Geld gekaufte hatte – Geschenke, die ihre Herkunft nicht erkennen ließen –, suchten wir den Palast auf. Mit Gold erkauften wir uns Zutritt. Wieder befand ich mich in dem gewaltigen Thronsaal, im Glanz von Gold und Juwelen. Doch diesmal schritt ich mit knallenden Absätzen über den schimmernden Boden, ein Schwert an meiner Seite, begleitet von meinen Männern, die Geschenke für den Herrscher trugen.
»Drak, Strom von Valka!«
Der Herrscher empfing mich freundlich; sein Kammerherr, beflügelt durch einige Goldstücke, hatte uns den Weg geebnet. Der Herrscher – wie soll ich ihn beschreiben? Er hatte das schönste Mädchen auf zwei Welten gezeugt. Er war stark und leidenschaftlich, hatte einen wilden Blick und beherrschte seine Umwelt, er war das Befehlen gewöhnt – ja, und er war auch grausam und rücksichtslos. Das wußte ich.
»Ich habe auch ein Geschenk für die Prinzessin Majestrix, Majister«, sagte ich schließlich.
Er knurrte etwas vor sich hin. Dann stand er auf. »Ich führe dich zu ihr, bei Vox – heutzutage gibt es wenige Dinge, die einem Freude machen.«
Zu der Ehrenwache, die uns begleitete, gehörte auch Koter Segutorio.
Wir wanderten durch helle Korridore, in denen so schöne Wandteppiche hingen, daß ich stehenbleiben und sie betrachten mußte. Wir passierten herrliche Kunstwerke aus der ganzen Welt und erreichten schließlich eine Marmortreppe und eine Tür mit Goldbeschlägen. Überall herrschte absoluter Luxus! Und ich wollte meine Delia aus diesem Haus entführen!
Dicke walfargsche Teppiche erstreckten sich unter unseren Füßen, Seidenstoffe aus Loh, Gewürze aus Askinard, all der Reichtum einer ganzen Welt breitete sich vor uns aus, als wir die Gemächer der Prinzessin Majestrix betraten. Ich war wie gebannt. Hinter einem silbernen Schirm spielten einige Musiker. Ich legte die linke Hand auf den Rapiergriff, und meine Muskeln verkrampften sich.
Der Herrscher marschierte weiter, und wir folgten ihm – die Gardisten, das Gefolge und ich, Strom von Valka.
Delia hatte Harfe gespielt. Ich wußte gar nicht, daß sie das Instrument beherrschte. Ihre Hofdamen verbeugten sich vor dem Herrscher. Nach
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