Dray Prescot 05-Der Prinz von Scorpio
geübtem Zeremoniell nahm jeder seinen gewohnten Platz ein, und alle bildeten einen Ring um den Herrscher und seine Tochter. Sie saß auf einigen Kissen, und ein Mädchen nahm ihr die Harfe ab.
Delia hob den Kopf und sagte:
»Ich freue mich über deinen Besuch, Vater. Wir reden so wenig miteinander.«
»Du kennst das Thema, das ich mit dir besprechen will, meine Tochter. Aber nicht heute. Wir haben einen Gast, der uns schöne Geschenke bringt, der aber anscheinend auch ein Mann ohne große Ansprüche ist; er hat den Herrscher bis jetzt noch nicht um Hilfe gebeten.« Er sah mich an. »Ich weiß, was du in Valka getan hast, Strom Drak. Die Racters müssen sich nun an anderen Orten nach Sklaven umsehen.«
Ich merkte, daß ihm das nur recht war.
»Meine Tochter«, sagte er, und eine starre Maske höfischer Förmlichkeit bedeckte sein Gesicht, »dies ist Drak, Strom von Valka.«
Delia blickte zu mir auf. Ich stand vor ihr, glattrasiert, in neue Kleidung gehüllt, und versuchte meine Lippen zu etwas zu verziehen, das als Lächeln gelten konnte.
»Die Prinzessin Majestrix von Vallia.«
Ich vollbrachte eine höfische Verbeugung, wie es der Augenblick erforderte. Meine Geste fiel etwas schwungvoll aus, doch ich wollte meiner Rolle gerecht werden. »Dein unterwürfigster, ergebenster Diener, meine Prinzessin«, sagte ich.
»Du bist uns willkommen, Strom«, sagte Delia, Prinzessin Majestrix.
14
Als ich in Ketten vor sie hingeworfen worden war, blutig, verschwitzt, verdreckt, hatte mich Delia sofort erkannt und war an meine Seite geeilt.
Jetzt stand ich frisch gesäubert vor ihr, und sie begrüßte mich mit schlichten formellen Worten.
Hatte sie mich nicht erkannt? Was für ein Gipfelpunkt der Erlebnisse, die wir durchgemacht hatten!
Nachdem das Ritual der Begrüßung und Vorstellung beendet war, konnten wir uns gelöster unterhalten. Leichter Wein und Miscils – kleines Gebäck, das auf der Zunge zerschmilzt – wurden gebracht, und die Geschenke wurden besichtigt. Beim Einkauf waren sie mir ausreichend erschienen, und obwohl sie in der herrlichen Umgebung etwas an Glanz verloren, kamen sie mir noch angemessen vor. Ich hatte auf Qualität und nicht auf Quantität geachtet.
Höflich unterhielt ich mich mit Delia und dem Herrscher, und wir tauschten Komplimente. Er interessierte sich für Valka, und ich konnte ihm versichern, daß dort alles zum Besten stand und er auf die Loyalität jedes Valkaners zählen konnte.
Solche Worte schienen mir nur vernünftig zu sein.
»Dies sind natürlich nur kleine Geschenke, die ich selbst mitbringen konnte. Ich habe in Valka noch Überraschungen für dich, die Eure Majestät erfreuen müßten.«
Er sah mich lächelnd an. Er besaß viel von der Kraft Delias, dieselben klaren braunen Augen, wenngleich sein Haar etwas von dem kastanienbraunen Glanz vermissen ließ, der mich an seiner Tochter begeisterte. In seinem Gesicht zeichneten sich die Falten der großen Verantwortung ab die ihm seine Herrschaft über das riesige Inselreich auferlegte. Plötzlich erkannte ich, warum er sich für mich interessierte, einen unbekannten Strom aus einer fernen Provinz. Er brauchte Freunde. Er brauchte dringend Verbündete gegen die Racters und gegen die Panvals, die nur gegen die Racters und nicht für den Herrscher waren. Außerdem sollte es noch eine dritte Partei geben, über die nur geflüstert wurde.
Er war eine tragisch einsame Gestalt. Aber er hatte Befehl gegeben, daß mir der Kopf abgeschlagen werden sollte. Es war sicher ratsam, dies nicht zu vergessen.
»Gibt es Neuigkeiten über Tharu aus Vindelka?« fragte ich.
»Wie seltsam, daß du dich danach erkundigst, Strom Drak. Vomanus aus Vindelka sucht seit langem vergeblich – die Welt außerhalb der vallianischen Grenzen ist seltsam und großartig.«
Wir sprachen über die verschiedensten Dinge, dann sagte Delia mit einer Kühnheit, die mich amüsierte: »Ich habe sagen hören, der Strom von Valka sei ein haariger und sehr gewalttätiger Bursche, der eine Gruppe Mädchen vergewaltigt hat, die der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln geweiht waren.« Sie sah mich direkt an. »So siehst du gar nicht aus, Strom.«
»Von solcher Erholung hielte ich auch nichts!« Ich hatte die Geschichte auch schon gehört, die von den Racters in Umlauf gebracht worden war. »Die Wahrheit ist, daß ein gewisser Fok der Ob-Händige die Tat begangen hat. Wir haben ihn noch nicht erwischt, aber wenn wir ihn fangen, lasse ich ihn
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