Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
keine Kreuzer und Schlachtschiffe. Andererseits sind diese großen Schiffe prächtige Bühnen für die Großartigkeit und Selbstherrlichkeit älterer Kapitäne und Flottenkommandeure, und schließlich sind es ja vor allem Protz und Dünkel, die unser Reich zusammenhalten.«
Martinez blinzelte verdutzt. »Das war aber ziemlich unverblümt«, sagte er.
»Ich darf unverblümt sein. Ich bin mir meiner Position sehr wohl bewusst.« Sie sah ihn an. »Wissen Sie über meine Familie Bescheid?«
Martinez nickte vorsichtig. »Ich habe Ihre Akte gesehen.«
»Dann wissen Sie ja, dass mir nur noch die Militärlaufbahn offensteht. Im Grunde bin ich das Oberhaupt eines Klans, doch es gibt keinen Klan mehr, dem ich vorstehen könnte. Daher gibt es auch keine einflussreichen Verwandten, die mir bei Beförderungen helfen. Mit eigener Kraft kann ich es bis zum Leutnant schaffen, nachdem ich die Prüfungen abgelegt habe. Das ist vermutlich alles, womit ich noch rechnen kann. Falls es mir gelingt, mit meiner Genialität Aufsehen zu erregen, werde ich vielleicht eines Tages als Kapitänleutnant eingesetzt, und wenn ich ganz großes Glück habe, werde ich kurz vor meiner Pensionierung zum Kapitän befördert.« Sie lächelte kalt. »Der große Vorteil meiner Position ist, dass ich sagen kann, was immer mir in den Sinn kommt. All das wird rein gar nichts ändern.« Sie starrte nachdenklich ins Leere. »Allerdings …«
»Ja?«
»Falls ich bei den Prüfungen wirklich herausragend abschneide … manchmal nehmen ältere Offiziere einen Kadetten, der einen besonders guten Abschluss erzielt hat, unter ihre Fittiche.«
Martinez nickte. So etwas kam durchaus mal vor. Auch gewöhnliche Bürger konnten aufsteigen, wenn sie den richtigen Gönner fanden. »Ich wünsche Ihnen dazu viel Glück«, sagte er.
»Ich will doch hoffen, dass es nicht auf Glück allein beruht«, gab Sula zurück. »Wenn ich mich auf mein Glück verlassen habe, ist noch nie etwas Gutes herausgekommen.«
»Na schön«, sagte Martinez freundlich. »Also kein Glück für Sie.«
Sie lächelte. »Danke.«
»Gern geschehen.«
Nach einem kurzen Schweigen ergriff Sula wieder das Wort. »In den zwei Tagen, seit ich auf Zanshaa angekommen bin, erhalte ich Nachrichten von vielen Menschen, die behaupten, sie wären die Freunde meiner Eltern gewesen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann mich an keinen Einzigen erinnern. Meine Erinnerungen an diese Phase meines Lebens sind ohnehin sehr lückenhaft.«
»Sie sollten sich mit diesen Menschen treffen.«
»Warum?«
»Vielleicht helfen sie Ihnen. Möglicherweise haben sie das Gefühl, es Ihren Eltern schuldig zu sein.«
Sula dachte einen Moment darüber nach, dann wurde ihr Blick hart. Sie schüttelte den Kopf. »Es ist die Aufgabe der Toten, tot zu bleiben«, bemerkte sie. »Oder etwa nicht?«
6
Sula tobte innerlich, weil sie das starke Gefühl hatte, nichts als Unsinn von sich zu geben. Sie ruinierte den ganzen Abend, und das nur, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie mit jemandem reden sollte, der sie mochte.
Früher war sie ein ganz anderer Mensch gewesen, bis sie sich entschlossen hatte, nie wieder so zu sein. Damals hatte sie einschließlich dem Alkohol alles aufgegeben, was diese Person wieder zum Leben erwecken konnte. Allerdings kannte sie sich mit ihrer neuen Persönlichkeit noch nicht gut aus und machte viele Fehler.
Es ist die Aufgabe der Toten, tot zu bleiben. Ein hübscher Satz für einen Abend in einer Cocktailbar.
Sie durfte nicht vergessen, dass Martinez ihr nur half.
Natürlich versuchte er auch, sie möglichst schnell ins Bett zu bekommen. Diese Aussicht fand sie gar nicht so unangenehm, auch wenn sie schon so lange keusch gelebt hatte, dass sie möglicherweise gar nicht mehr wusste, was sie mit einem Mann im Bett anfangen sollte. Es würde durchaus zu dem misslungenen Abend passen, auch in dieser Hinsicht Murks zu machen.
Andererseits war Martinez sicherlich fähig, jedes Problem zu lösen, das sich vielleicht ergeben mochte. Sie
durfte darauf vertrauen, dass er auch in dieser Hinsicht sehr effizient war.
Glücklicherweise begann die Show, bevor sie das Gespräch endgültig vergiftete. Zwei Sänger und eine Band kletterten auf die Bühne und stimmten eine Reihe von Tanzmelodien an. Martinez schien erfreut, dass sie ihn zum Tanzen aufforderte, ohne auf seine Einladung zu warten.
Früher hatte Sula gern getanzt, doch in den letzten Jahren war sie diesem Vergnügen nur noch auf der Akademie nachgegangen,
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