Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
»Ich muss schon sagen, Lord Chen, warum interessieren Sie sich so für Roland Martinez?«
Lord Chen spreizte die Finger. »Er scheint mir ein … ein sehr gründlicher junger Mann zu sein. Er hat sich einige Pläne angesehen, die auf die eine oder andere Weise ins Stocken geraten sind, da es nach dem Tod des Großen Meisters doch gewisse Unsicherheiten und Behinderungen gab. Dazu zählt auch die Station in Choy-on, die schon längst zu einem vollen Antimateriering hätte ausgebaut werden müssen.«
Lord Pierre beobachtete Maurice Chen unverwandt. »Sie sind also an einem schnellen Warenverkehr mit Choy-on interessiert«, sagte er.
»Außerdem besitze ich einige Schiffe, die langfristig vermietet werden könnten, um die Besiedlung von Chee und Parkhurst zu unterstützen.«
»Ah.« Lord Pierre ließ sich Zeit zum Nachdenken und nahm einen langen Schluck, auf dem er beinahe herumzukauen schien. »Da Sie sich so für den Martinez-Klan interessieren, frage ich mich, ob Sie nicht vielleicht Lord Gareth helfen könnten.«
»Braucht er denn überhaupt Hilfe?«
»Lord Gareth braucht eine Beförderung. In meiner Familie gibt es leider niemanden mehr, der in einer Position wäre, ihm zu helfen, nachdem meine Großtante in den Ruhestand gegangen ist.« Er presste die Lippen zusammen, es sah fast nach einem Lächeln aus. »Aber Sie haben, soweit ich weiß, eine Geschwaderkommandantin in der Familie.«
»Meine Schwester Michi.«
»Und soweit ich mich erinnere, wird Ihre Schwester einen Kapitän heiraten.«
»Lord Richard kann niemanden zum Kommandanten machen. Im Moment hat er nicht einmal selbst ein Kommando.«
»Ihre Schwester könnte dies durchaus tun.«
»Möglicherweise ist meine Schwester dazu in der Lage«, schränkte Lord Chen ein. »Ich müsste mich erst erkundigen, was sie überhaupt erreichen kann.«
»Ich wäre Ihnen sehr verpflichtet.«
»Ich bin es Ihnen gegenüber jetzt schon, weil ich Sie mit diesem Thema langweilen durfte.«
»Aber keineswegs.«
Als er eine Weile später die Bar verließ, dachte Lord Chen immer noch über die Unterhaltung nach und kam zu der Ansicht, dass die Dinge ausnahmsweise einmal recht gut liefen.
Nun musste er nur noch aus dem Ausschuss für Ozeanografie und Forstwirtschaft herauskommen und eine sinnvolle Position finden.
Mit erhobenem Glas grüßte Sula den frisch ernannten Unterleutnant Lord Jeremy Foote und stieß auf sein Glück an. Foote hatte darauf bestanden, trotz ihrer Proteste das Glas mit Champagner zu füllen. Sie befeuchtete die Lippen mit dem Schaumwein und stellte das Glas weg.
»Danke«, sagte Foote. »Ich weiß es zu schätzen, dass ihr alle zu meinem Abschiedsessen gekommen seid.« Er setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Allerdings frage ich mich, wie viele gekommen wären, wenn ich nicht alles bezahlen würde.«
Sula lächelte, während die übrigen Gäste wie erwartet laut auflachten.
Es wäre unhöflich gewesen, Footes Einladung auszuschlagen. Die Flotte hatte für sie noch keine neue Aufgabe gefunden, und einstweilen war sie damit beschäftigt, in der Kommandantur Nachrichten auszuliefern,
was dazu führte, dass sie Tag für Tag im Aufenthaltsraum der Kadetten antreten musste. Nach ein paar Versuchen, sie ins Bett zu bekommen, und einigen ebenso erfolglosen Versuchen, ihr seine Arbeit zuzuschanzen, schien Foote die Tatsache akzeptiert zu haben, dass sie an seinen Spielchen nicht interessiert war, und behandelte sie mit einer geradezu brüderlichen Vertrautheit, die eigens angelegt schien, ihr auf die Nerven zu gehen. Doch sie hatten die Zeit in der Kadettenunterkunft überlebt, ohne einander gegenseitig ein Messer in die Rippen zu rammen, und Sula fand, dass dies immerhin ein oder zwei Trinksprüche wert war, besonders da sie ihm anschließend nie wieder würde zuprosten müssen.
Sie musste zugeben, dass Foote in seiner neuen weißen Uniform mit dem dunkelgrünen Kragen, den Manschetten und dem schmalen hellen Streifen auf den Schulterklappen, die ihn als Unterleutnant auswiesen, blendend aussah. Natürlich hatte er sich nicht dazu herabgelassen, die Prüfungen für das Leutnantspatent wirklich abzulegen. Sein Onkel, der erfahrene Kapitän der Bombardierung von Delhi , durfte jedes Jahr zwei Kadetten in den Leutnantsrang erheben, sofern er auf seinem eigenen Schiff freie Posten hatte. Foote war schon lange für einen dieser Posten vorgesehen. Morgen würde er seinen Dienst als Navigator auf der Delhi antreten, wo ihn zweifellos gut
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