Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
sie mit ihrem guten Aussehen immer wieder passende Männer anzog. Dann aber entdeckten die Eltern, dass sie weder Geld noch Zukunftsaussichten hatte, worauf die jungen Männer veranlasst wurden, sich anderweitig umzusehen. Seltsamerweise fanden die Väter sie durchaus attraktiv - Männer, die vor allem der Nachkommen wegen und zum Wohle der Familie eine Verbindung eingegangen waren. Mittlerweile verwitwet oder geschieden, suchten sie nun in ihrer zweiten Lebenshälfte das Vergnügen, wozu auch eine schöne Frau am Arm zählte, die von anderen Männern bewundert wurde.
Hätte sie sich für ältere Männer interessiert, dann hätte Sula jederzeit eine gute Partie machen können. In der komplizierten, schwer durchschaubaren Welt, in der diese Männer lebten, wäre sie allerdings verloren gewesen. Sie war nicht wie diese Menschen aufgewachsen und besaß nicht einmal einen Bruchteil ihrer Erfahrung. Außerdem hätte sie sich in der Rolle des verhätschelten unnützen Püppchens ohne Zweifel nicht wohlgefühlt: für halb schwachsinnig gehalten, zum Vorzeigen oder für eine heiße Nummer im Bett hervorgeholt, in eine Boutique oder zum Friseur geschickt, sobald etwas Wichtiges vor sich ging.
Trotz aller Enttäuschungen und Nachteile war die Flotte immerhin etwas, das sie verstand. Wenn sie die Chance oder vielleicht nur den Hauch einer Chance hatte, war die Flotte der Ort, an dem sie etwas aus sich machen konnte.
Nach dem Konzert beglückwünschte sie Terza. »Welches Instrument spielen Sie denn?«, fragte Terza.
»Leider überhaupt keins.«
Terza schien überrascht. »Dann haben Sie in der Schule kein Instrument gelernt?«
»Meine Schulbildung ist ein wenig … lückenhaft.«
Terzas Überraschung vergrößerte sich noch. »Wurden Sie vielleicht daheim unterrichtet, Lady Sula?«
Offenbar hatte sie niemand über Sulas Vergangenheit aufgeklärt. »Ich bin auf Spannan zur Schule gegangen«, sagte sie. »Allerdings war es keine gute Schule, und ich habe sie bald wieder verlassen.«
Terza verstand Sulas Unterton richtig und verzichtete auf weitere Nachfragen.
Sula hob ihre Kaffeetasse. »Ist dies nicht das Hartporzellan von Vigo?«
Das löste eine Diskussion über Porzellan aus, die in einer Besichtigung der Privatsammlung des Hauses unter Führung von Lord Richard ihren Höhepunkt fand.
Es konnte nicht schaden, einen freundlichen höheren Offizier zu finden, dachte Sula. Es kostete sie allerdings etwas Mühe, ihn insgeheim nicht als Idioten zu bezeichnen, wenn er Unsinn erzählte.
Wie nicht anders erwartet, wurde Akzad einstimmig zum Vorsitzenden der Konvokation gewählt. Lord Konvokat Akzad gehörte einem herausragenden, vornehmen Klan der Naxiden an, der mehrere Dutzend ausgezeichneter Zivilbediensteter und hochrangiger Flottenoffiziere hervorgebracht hatte. Den größten Teil seines Lebens hatte er der Konvokation gewidmet, und er war ein bedeutendes Regierungsmitglied unter der bisherigen Vorsitzenden gewesen.
Es gab gewisse Spekulationen, warum Akzad nicht zusammen mit seinen Zeitgenossen Selbstmord begangen hatte. Hinter vorgehaltener Hand raunten die Konvokaten, Akzad habe es schon lange auf das Amt des Obersten Lords abgesehen, und dies sei ihm wichtiger gewesen, als seine Asche zusammen mit den Großen Meistern ruhen zu lassen. Andererseits musste man auch einräumen, dass er dieses Amtes durchaus würdig war, und dass seine Regierung reibungslos und ohne große Umwälzungen funktionieren würde. Die Konvokation hielt nicht viel von großen Veränderungen, und dies erst recht nicht jetzt, da die Bürger nach dem Tod des letzten Shaa verunsichert waren und sich nichts sehnlicher wünschten als den ungestörten Fortgang ihres Lebens.
Als die Abstimmung vorüber war, erhob sich Lord Maurice Chen von seinem Stuhl und applaudierte, während Akzad seinen Sitz auf der Tribüne einnahm und feierlich mit der steifen, brokatbesetzten Robe des Vorsitzenden eingekleidet wurde. Dann gab man ihm den
überlangen Stab, der aus poliertem Kupfer bestand und mit silbernen Bändern geschmückt war. Damit konnte er die Konvokation zur Ordnung rufen, Rednern das Wort erteilen und die Audio-Pick-ups steuern, um die Worte der Sprecher an alle 631 Mitglieder der Konvokation zu übertragen.
Der Sitzungs- beziehungsweise Plenarsaal der Konvokation befand sich in einem weitläufigen fächerförmigen Gebäude, das unter einem Flügel der Großen Zuflucht eingerichtet war. Im Grunde war es ein aus dem nackten Stein gehauenes
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