Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
du sofort Kinder willst. Sie soll ihr Implantat entfernen lassen und Hormone nehmen, damit sie einen Eisprung hat. Auf Martinez’ gereizte Frage nach dem Grund hatte sein Bruder es ihm erklärt. Wenn die Chens nach dem Krieg wieder Boden unter den Füßen haben, könnte der alte Chen auf die Idee kommen, dass seine Tochter sich scheiden lassen soll. Bis dahin musst du zwei hübsche kleine Babys gezeugt haben, und falls Chen sie enterbt, um irgendein anderes Kind zu bevorzugen, wird der Martinez-Clan ihn verklagen, bis ihm die Knochen knacken.
Martinez war nicht gerade glücklich darüber, dass Roland jetzt schon an die Scheidung dachte.
»Wollen wir in den Garten gehen?«, fragte Martinez.
»Gern.«
Der Garten im Innenhof des Shelley-Palasts war alt und verwildert. Er lag im Schatten der weitläufigen Gebäude, die im Laufe vieler Jahrhunderte in ganz unterschiedlichen Stilrichtungen immer wieder erweitert worden waren. Terza und Martinez blieben einen Moment vor einer Allegorie zum Triumph der Tugend über das Laster stehen. Die beiden zentralen Figuren waren bis zur Unkenntlichkeit verwittert und im Verfall einander sehr ähnlich geworden: ausgewaschene blinde Augen über hohlen klagenden Mündern.
»Wer ist das dort?« Terza deutete auf eine ältere Terranerin in einem leichten Sommerkleid, die zwischen wuchernden Forsythien einherschritt. »Sie ist nicht für eine Hochzeit angezogen.«
»Das weiß ich nicht genau«, antwortete Martinez. »Wir haben ja nur die vordere Hälfte des Palasts gemietet. Dort hinten leben die Verwandten, Klienten und pensionierten Diener der Shelleys. Es sind sogar recht viele, und ich war lange nicht mehr da und kenne niemanden mehr.«
»Manchmal habe ich auf unseren Besitzungen das gleiche Problem«, antwortete Terza. »Dabei müsste ich die Leute kennen, denn sie arbeiten alle für uns.«
Martinez nahm sie beim Arm und führte sie fort von den Statuen und an einer alten, unebenen Ziegelmauer entlang, wo Moos ihre Schritte dämpfte. »Es ist sicher harte Arbeit, die Erbin der Chens zu sein«, sagte er.
»Noch nicht.« Terza sah ihn an. »Mein Vater hat mir einige seiner Klienten übergeben, damit ich mich um deren Belange kümmere, und ich verwalte einige Besitzungen. Als Arbeit kann man das allerdings kaum bezeichnen. Mir bleibt viel Zeit für meine Musik und all die gesellschaftlichen Verpflichtungen.«
»Vielleicht will er, dass du deine Freiheit genießt, solange du noch jung bist.«
Terza dachte darüber nach. »Das könnte zutreffen. Ich glaube aber, er wollte wissen, wen ich heirate, ehe er meinen Kurs festlegt, damit mein Mann und ich einander in unseren Zielen unterstützen können.«
»Das ist eigenartig«, wandte Martinez ein.
»Wie meinst du das?«
»Du wirst eines Tages Lady Chen sein. Dein Mann wird nur deinetwegen Lord Chen genannt werden. Er sollte sich an deine Wünsche anpassen, nicht umgekehrt.«
Die schwere Seide raschelte. Terza lächelte leicht und betrachtete den mit Moos bedeckten Gehweg. »Das ist ein sehr freundlicher Gedanke. Würdest du denn deine Einsätze entsprechend planen, um bei mir zu sein, falls ich mich entschließe, im Bauministerium Karriere zu machen?«
Martinez’ Herzschlag beschleunigte spürbar. »Wir wollen hoffen, dass keiner von uns jemals eine solche Entscheidung treffen muss.«
Ihr Lächeln wurde etwas breiter. »Ja, das wollen wir hoffen.« Dann richtete sie die gelassenen braunen Augen wieder auf ihn. »Jetzt mal ernsthaft, hättest du wirklich nichts dagegen, wenn ich einem Beruf nachgehe?«
»Nein, überhaupt nicht. Aber ist es nicht schon ein Beruf, Lady Chen zu sein?« Sein eigener Vater hatte nie eine andere Tätigkeit ausgeübt als die des Lord Martinez auf Laredo, und das hatte ihn anscheinend völlig ausgefüllt.
»So ist es wohl«, sagte Terza. »Gewisse Erfahrungen in der Verwaltung könnten allerdings nützlich sein, wenn ich mit den Unternehmen und Klienten der Familie zu tun habe und später in der Konvokation sitze.«
Dazu würde es auf jeden Fall kommen, denn das Oberhaupt des Chen-Clans zog, genau wie die Vertreter von vierhundert anderen Familien, mehr oder weniger automatisch in das Parlament ein. Weniger privilegierte Peers wie Lord Martinez waren über diese bevorzugte Behandlung alles andere als begeistert.
»Außerdem ist Krieg«, fügte Terza hinzu. »Ich will tun, was ich kann, um … oh!«
»Halt still.« Martinez kniete nieder und löste ihr langes Kleid aus einer aufdringlichen
Weitere Kostenlose Bücher