Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Wunden beizubringen.
Also schwiegen sie. Er nahm ihre Hand, küsste sie auf die Wange und zog sie im hellen Nachmittagslicht tiefer in den Garten hinein.
»Findest du nicht auch, dass Walpurga sehr hübsch ausgesehen hat?«, meinte Terza.
Ironie, dachte Martinez, schmeckte wie alter Kaffeesatz.
Vor den Kameras kniete Martinez nieder, nahm Terzas Füße auf den Schoß und setzte für die Nachwelt ein Lächeln auf. Die Trauung hatte Richter Ngeni vom Obersten Gericht schon einige Stunden vorher im Standesamt vorgenommen. Danach hatten sich einige beliebte Rituale angeschlossen, unter denen die symbolische Verbindung, die sie gerade vollzogen, das letzte war.
Über ihm saß Terza im Himmelbett, das in einem Salon des Chen-Palasts aufgestellt worden war. Sie trug ein mit Goldbrokat völlig überladenes Kleid, das bei jeder Bewegung raschelte. Martinez hatte seine Galauniform mit den silbernen Tressen und den Kampfstiefeln angezogen, und für die Fahrt zum Standesamt und zurück hatte er sich einen hohen Ledertschako aufgesetzt und einen langen Mantel, der bis zu den Hacken reichte, über die Schulter geworfen. Den Stab mit der Goldenen Kugel hielt er in der Hand, was dazu führte, dass Richter Ngeni zu Beginn der Zeremonie zunächst Haltung annehmen und die Kehle darbieten musste, damit Martinez ihm mit dem sichelförmigen Opfermesser, das er am Gürtel trug, nach Belieben den Hals aufschlitzen konnte …
Martinez löste die roten Bänder von Terzas Brokatpantoffeln. Die automatischen Kameras surrten herbei und machten Nahaufnahmen. Zunächst öffnete er beide Schuhe, dann zog er sie nacheinander ab. Das Publikum applaudierte. Terzas Füße waren klein und zierlich und lagen warm in seiner Hand.
Als das letzte Ritual überstanden war, überreichte eine von Terzas Freundinnen Martinez ein modernes Paar hochhackiger Schuhe aus rotem Leder, die er ihr anzog. Dann stand er auf und stützte Terza, die mit ihrem Brokat und den Pumps etwas unsicher stand, als sie sich ebenfalls erhob. Sie küssten sich, und wieder surrten die Kameras.
»Du bist schön«, murmelte er.
»Danke.« Sie lächelte und küsste ihn aufs Ohr. Er spürte die Wärme ihrer Wange.
Er hatte nichts als die Wahrheit gesagt. In ihrem kostbaren Kleid und mit offenem Haar, das ihr über die Schultern fiel, bot sie einen reizenden Anblick. Den ganzen Tag über hatte sie sich mit vollkommener Anmut und Würde bewegt. Die Hochzeitsfeier, die sie ganz und gar allein organisiert hatte, war reibungslos verlaufen, was sehr für ihre organisatorischen Fähigkeiten sprach.
Auf dieser perfekten Feier in Terzas Gesellschaft keimte eine neue Hoffnung in Martinez. Das war viel besser als der schwarze Selbsthass, den er am vergangenen Abend empfunden hatte.
Die Tatsache, dass er die letzte Nacht mit Amanda Taen verbracht hatte, war möglicherweise die Folge einer übertriebenen Rührseligkeit gewesen, die sich auf Leutnant Vonderheydtes Hochzeitsfeier entwickelt hatte. Lady Daphne, die Braut, hatte sich als junger, rundlicher und gutmütiger Rotschopf entpuppt, der überhaupt nicht zu der von Dalkieth skizzierten Gespielin hatte passen wollen, mit der Vonderheydte sich über große Entfernungen hinweg mittels Videoübertragungen vergnügt hatte.
Dann war Martinez eingefallen, dass Vonderheydtes Videogeliebte eine gewisse Lady Mary gewesen war.
Oh, hatte er gedacht.
Im Kreise seiner ehemaligen Schiffsgefährten hatte er sich rasch entspannt. Vonderheydte hatte auf Zanshaa keine Verwandten, deshalb hatte er die Flotte um Unterstützung gebeten. Alle Offiziere und Kadetten, die Vonderheydte jemals kennengelernt hatte, waren eingeladen. Sämtliche Offiziere der Corona waren gekommen. Die einzige Ausnahme bildete Shankaracharya, der sich vermutlich versteckt hielt.
Martinez hatte nicht mehr das Kommando und konnte sich locker geben. Die jungen Offiziere waren bester Laune und tummelten sich fröhlich im Ballsaal. Der heiße Punsch schmeckte unschuldig, enthielt jedoch einen erheblichen Anteil Branntwein. Irgendwann am Nachmittag wurde Martinez bewusst, dass er die Begeisterung der mindestens zwei Rangstufen unter ihm stehenden jungen Leute möglicherweise empfindlich dämpfte. Er selbst fühlte sich in ihrer Gesellschaft wohl, doch das beruhte nicht ganz auf Gegenseitigkeit. Jeden Moment war zu befürchten, dass einer ihn als »der Alte« bezeichnete. Traurig hob er sein Punschglas und brachte einen letzten Trinkspruch auf die Braut und den Bräutigam aus. Dann
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