Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Massimo, vermutlich ebenfalls eingeschlafen, hockte im selben Käfig wie die Pilotin.
»Massimo! Geben Sie dem faulen Stück mal einen Schubs!«
Massimo fuhr auf, was bestätigte, dass er tatsächlich gedöst hatte. »Ja, meine Lady!«, krächzte er und streckte den Arm aus, um Rorty auf der Liege neben ihm einen Stoß gegen die Schulter zu versetzen. »Pilot, dein Typ wird verlangt.« Er wartete auf eine Reaktion und knuffte sie noch einmal.
Es gab ein drückendes Schweigen, und dann rief Sula hektisch und frustriert die Daten der Lebenserhaltungssysteme auf, die von Rortys Vakuumanzug ins System überspielt wurden. Es gab keine Daten. Es war nicht einfach so, dass Rorty keine Gehirnwellen mehr hatte, sondern von ihr lagen überhaupt keine Daten vor.
»Ich glaube, da stimmt was nicht, meine Lady«, grollte Massimo überflüssigerweise.
»Navigator! Nehmen Sie die anstehende Kursänderung selbstständig vor!«
»Ja, meine Lady.« Massimo tastete mit seinen Handschuhen herum, um Rortys Daten auf sein Pult zu übertragen.
»Meine Lady«, sagte der Kommunikationsoffizier, »ich habe hier eine Anfrage von der Kulhang . Sie wollen wissen, warum wir nicht wie geplant die Kursänderung durchgeführt haben.«
»Null-Grav-Warnung!«, rief Sula. Der Alarm ertönte. »Maschinenraum, Maschinen stopp.«
»Maschinen sind gestoppt, meine Lady.« Die Streben der Delhi stöhnten, als der Bremsschub nachließ und die fernen Vibrationen und das Grollen der Maschinen abklangen. Sulas Käfig knarrte erleichtert, als der Druck nachließ.
»Massimo, Schiff rotieren.«
»Schiff rotiert.«
»Kommunikation«, sagte Sula, »informieren Sie die Kulhang , dass unsere Beschleunigung wegen plötzlicher Erkrankung eines Offiziers reduziert wird.«
»Jawohl, meine Lady.«
Es entsprach nicht ganz der Wahrheit, eine Zweite Pilotin als Offizier zu bezeichnen, und viele Kommandanten hätten wegen einer jungen Anwärterin ohne festen Posten die Beschleunigung nicht zurückgenommen, doch die Besatzung der Delhi war so stark dezimiert, dass jeder Einzelne wertvoll war.
Außerdem wollte Sula niemanden verlieren, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
Sulas Käfig surrte herum, als das Schiff zu rotieren begann.
»Neuer Kurs«, verkündete Massimo. »Null-acht-null zu null-null-eins absolut.«
»Warnung für normale Schwerkraft«, befahl Sula. »Maschinen, Schub mit einem Grav.«
Sulas Beschleunigungskäfig knarrte, als die Triebwerke zündeten und ihre Liege in die neutrale Position fuhr. Die Streben und Stäbe stöhnten noch einmal, durch das ganze Schiff lief ein Beben. »Kommunikation«, sagte Sula. »Rufen Sie den Apotheker und Leute mit einer Trage zur Hilfsbrücke.« Dann streifte sie die Gurte ab und ging zu Rortys Käfig hinüber, um durchs Visier das Gesicht der Pilotin zu betrachten.
Die Sommersprossen der jungen Frau waren die einzigen Stellen in ihrem bleichen, toten Gesicht, die überhaupt noch eine Farbe besaßen. Obwohl sie wusste, dass es hoffnungslos war, zerrte Sula Rortys Helm herunter und legte dabei die Buchse für den Biomonitor frei, den Rorty anzuschließen vergessen hatte. Die Überwachungsgeräte hätten eigentlich den wachhabenden Offizier und den diensthabenden Arzt über alle möglichen medizinischen Notfälle sofort informieren sollen.
Sula riss sich den eigenen Helm vom Kopf, zog die Handschuhe aus und tastete nach Rortys Puls. Nichts zu machen. Rortys Hals war sogar noch warm.
»Massimo! Helfen Sie mir, sie auf den Boden zu legen!«
Auf der Hilfsbrücke gab es zwischen den Käfigen kaum Platz, ganz anders als auf der geräumigen Hauptbrücke, die zusammen mit dem Kapitän der Delhi verbrannt war. Massimo und Sula zogen Rorty von ihrer Liege herunter und ließen sie auf den schwarzen Gummibelag gleiten. Dabei prallten ihre schlaffen Arme und Beine immer wieder gegen die sich drehenden Käfige. Mit einem Ruck löste Massimo den oberen Teil von Rortys Anzug, den Sula daraufhin über den Kopf abziehen konnte, während Massimo, unbeholfen in seinem eigenen Anzug, sich rittlings über die Tote hockte.
Ohne auf einen Befehl zu warten, begann Massimo mit der Herzdruckmassage. Sula warf das Oberteil weg, legte den Kopf der Toten in den Nacken und prüfte mit den Fingern, ob der Mundraum frei war. Dann presste sie ihren Mund auf die Lippen der Pilotin.
Während sie Rorty beatmete, spürte sie ihr eigenes Herz pochen. Keuchend atmete sie ein und drückte ihre Atemluft in Rortys Lungen. Nach ein paar
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