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Dreamboys 01 - Tigerjunge

Dreamboys 01 - Tigerjunge

Titel: Dreamboys 01 - Tigerjunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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Fotos im dreisprachigen Text unterbringen würde, denn darauf legten wir Wert. Außerdem sollte dem Buch eine DVD mit Videoaufnahmen von Tarun beigelegt werden.
    Alles in allem war ich zufrieden mit den Ergebnissen. Auch Alain kam in der Sorbonne gut voran und wollte in der nächsten Woche bereits zum Weingut aufbrechen. Ich hoffte, dass er eher als geplant wieder zu uns stoßen würde, in jeder Hinsicht!
    Schon nahte der Freitag, der Hochzeitstag meiner kleinen Schwester. Es sollte ein Fest werden wie eine Fürstenhochzeit. Nach der kurzen, standesamtlichen Zeremonie im engsten Kreis war eine kirchliche Trauung im Freiburger Münster geplant und danach ein Galadiner für vierzig Personen im »Goldenen Adler«, dem besten Restaurant auf dem Münsterplatz. Pa und Ma hatten keine Kosten gescheut. Es drohte also die Ödnis einer gutbürgerlichen Hochzeitsfeier mit viel Verwandtschaft – und ohne Alain. Aber wir würden das schon überstehen!
    »Treulich geführt ziehet dahin …« Auf Wunsch von Ma musste es Wagner sein, zu dessen Hochzeitsmarsch wir im Münster in feierlichem Zug zum Altar schritten. Melusine ging im langen, weißen Kleid mit hoch erhobenem Kopf neben Pa den Mittelgang entlang. Neugierig beäugte ich den Bräutigam, den ich zum ersten Mal sah. Anscheinend hatte man Angst gehabt, ihn mir eher vorzustellen, denn er sah wirklich sehr gut aus. Oliver ging gemessenen Schrittes neben Ma her. Seine Eltern waren nicht erschienen. Sie lebten in Trennung und interessierten sich nicht für ihren Sohn, wie Jana mir erzählt hatte. Der Junge tat mir richtig leid – kein Geld, praktisch keine Eltern mehr und nun Melusine als Ehefrau …
    Oliver war etwa so groß wie ich, sehr schlank und elegant. Dabei wirkte er ruhig und zurückhaltend. Sein braunes Haar trug er recht kurz. Mit seinem kleinen, gepflegten Bärtchen sah er etwas älter aus als dreiundzwanzig.
    Hinter ihm ging ich mit Jana am Arm. Corinna hatte auf den Hochzeitszirkus verzichtet. Hinter mir wiederum befanden sich Sanjay und Tarun. Ma hatte es nicht gewollt, sie wollte überhaupt nicht, dass meine beiden Freunde an der Hochzeit teilnahmen, doch ich hatte mich durchgesetzt und gedroht, ohne sie auch nicht zu kommen. Abgesehen davon, dass die beiden sich das Spektakel ruhig einmal ansehen sollten, wollte ich sie auch nicht den ganzen Nachmittag und Abend allein lassen. Sie trugen ihre dunklen Anzüge aus Mumbai, schauten sich mit großen Augen um und benahmen sich unter den neugierigen Blicken der Verwandtschaft und der Schaulustigen vorbildlich.
    Melu und Oliver knieten vor dem Altar nieder, der Priester schwenkte Weihrauch. Wir, die Familie, setzten uns in die erste Reihe des Kirchengestühls. Direkt hinter mir saßen Tarun und Sanjay. Immer wieder drehte ich mich um und lächelte ihnen beruhigend zu. Vor meinem inneren Auge erschien Tarun aus dem Dschungel, nackt, erregt, noch sprachlos. In weniger als einem Jahr hatte er es bis ins Münster geschafft, dem absoluten Gegenteil von freier Wildnis. Ich seufzte leise. Irgendwie hatte auch ich plötzlich Sehnsucht nach unserem Camp, nach den wilden, süßen Nächten im Zelt, nach dem Ficken am Bach unter freiem Himmel.
    Aus der Höhe schwang sich der Chorgesang, vielstimmig jauchzend fiel die Gemeinde ein. Die Orgel dröhnte dazwischen. Die neunzehn Glocken des Münsters erklangen vom einhundertsechzehn Meter hohen, rosafarbenen Turm.
    »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti …«, murmelte der Priester. Im Namen des Vaters ...
    Im Namen Vishnus, des indischen Gottes des Lichts und der Wärme, Herr des Paradieses, der die Welt in drei Schritten durchmessen kann!, dachte ich. Alain, Geliebter, wo bist du? Ich wünschte, du wärst hier!
    Endlich war die Messe überstanden, die mich so melancholisch gestimmt hatte. Oliver und Melu hatten das Jawort ausgetauscht, nach katholischer Vorstellung für immer und ewig. In lockerer Formation begab sich die Hochzeitsgesellschaft in den »Goldenen Adler« gegenüber dem Münster.
    Ich hatte auch darauf bestanden, dass Tarun und Sanjay beim Essen links neben mir sitzen sollten. Außer Jana rechts von mir wollte ich keine Frau neben mir haben. Das ganze Hochzeitsgedöns ging mir mächtig auf die Nerven.
    Gewissenhaft achtete ich darauf, dass Tarun keinen einzigen Tropfen Alkohol bekam. Eine Szene wie beim Kapitänsdinner mochte ich nicht noch einmal erleben, zumindest nicht hier mit meinen Eltern. So durchstanden wir also auch das Festessen. Die Sitzordnung

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