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Dreck

Dreck

Titel: Dreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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seine selbstverliebte Fresse geschlagen. Snyder war wirklich ein unglaublicher Anblick am frühen Morgen: leuchtend weißer Overall wie immer, eine Halskette, die auf seinem Brusthaar prangte, und dicke Hippieklunker an jedem Finger. Und weiße halbhohe Turnschuhe. Die Haare kräuselten sich um sein aufgedunsenes Gesicht und leuchteten ebenfalls in der Morgensonne. Letterman hingegen trug einen hellgrauen Anzug von David Jones. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben bedauerte er, dass sich heutzutage jedermann einen Flug leisten konnte. Auch Leute, die sich nicht einmal Mühe gaben. Die in der Welt herumflogen und dabei aussahen, als wollten sie nur mal eben rasch zum Bäcker.
    Wenigstens hielt sich Snyder an das Blickkontakt-Verbot. »Von nun an kennen wir uns nicht«, hatte Letterman ihm gestern eingebläut. Er beobachtete Snyder, wie er sich leicht schwankend seinen Weg zu den hinteren Sitzen in der Economy bahnte und dabei fortwährend mit seinem Handkoffer gegen die Schultern der Passagiere am Mittelgang schlug. Ein Koffer aus Leichtmetall. Seine Funkausrüstung, dachte Letterman.
    Das Frühstück bestand aus Dosenfrüchten, Toast und labberigem Rührei. Letterman aß den Toast und bestellte noch eine Tasse Kaffee. Danach hatte er Magenschmerzen und musste die Stewardess um eine Maloxaan bitten.
    Nach fünfzig Minuten landeten sie auf dem Flughafen von West Beach. Die Reihe der Passagiere schob sich aus dem Flugzeug und zerstreute sich dann. Ein starker Wind fegte die heißen, öligen Ausdünstungen der Flugzeuge über das Rollfeld. Wie gewöhnlich wurden sie von ein paar Uniformierten und einem Zivilbeamten neugierig beäugt, während sie durch die gläsernen Schiebetüren zu den Gepäckbändern geleitet wurden. Letterman fragte sich, ob sie ihn für einen Bullen hielten, denn er sah aus wie ein Bulle. Auch wenn es schon ein paar Jahre her war, bewegte er sich, dachte und sprach wie ein Bulle.
    Er nahm seine Tasche vom Band und bekam seine Automatik von einem Sicherheitsbeamten des Flughafens zurück. Es war eine kleine .25er, geladen mit Hohlmantelmunition. Letterman arbeitete gern von Angesicht zu Angesicht – drei oder vier Kugeln in den Kopf, die Hohlmantelpatronen brechen auf und vom Hirn bleibt nichts als Brei. Die Genehmigung, auf Flügen eine Waffe mitzunehmen, stammte noch aus den Tagen bei der Polizei. Die Fluggesellschaften stellten nie Fragen, man nahm ihm die Waffe am Abflugort ab und händigte sie ihm bei der Ankunft wieder aus.
    Er verließ das Gebäude und ging zum Taxistand. Auf Hinweistafeln wurde dafür geworben, sich ein Taxi in die Stadt zu teilen, aber Letterman musste sich die Typen mit ihren Jogginganzügen und malmenden Unterkiefern nur anschauen. Fahrt zur Hölle, dachte er, ohne mich. Dem Fahrer befahl er nur ›Busbahnhof‹, dann ließ er sich auf dem Rücksitz nieder. Snyder, so hatte er beobachtet, war zusammen mit einem aufgebretzelten jungen Mädchen und ihrer kleinen Schwester in ein Taxi gestiegen; er hatte dabei die Zähne gebleckt wie eine Sau beim Futterfassen.
    »Guten Flug gehabt?«
    Letterman sah auf. Der Taxifahrer schaute ihn im Rückspiegel an.
    »Fahren Sie los«, sagte Letterman kategorisch.
    Der Taxifahrer öffnete den Mund und schloss ihn wieder, wand sich ein bisschen im Sitz und fuhr dann los. Es war kaum Verkehr. In zwölf Minuten hatten sie den Busbahnhof erreicht. Letterman bezahlte und stieg aus. Drei weitere Taxis rollten heran, auch das von Snyder. Snyder stieg aus. Letterman sah, wie er der Blonden nachwinkte, als das Taxi wieder anfuhr. Er sah auch, wie die Blonde ihre Lippen zu einem Kuss formte und die beiden Schwestern dann ihre Köpfe zusammensteckten.
    Letterman ging in die Bahnhofshalle und reihte sich in die lange Schlange vor dem Fahrkartenschalter ein. Während er wartete, ließ er seinen Blick schweifen. Das Linoleum auf dem Fußboden war abgewetzt und schmutzig. Von den Wänden blätterte der Putz. Die Schließfächer waren beschädigt und verbeult, die Plastiksitze in der Wartezone übersät mit Brandlöchern. Es war neun Uhr morgens und der Ort war eine Müllhalde voller Hotdog fressender Menschen. Letterman hatte ein klares Bild vor sich: Sämtliche Türen verriegeln und einen Molotowcocktail in den Haufen Menschenmüll werfen.
    »Wohin?«
    »Vimy Ridge, Sitz am Mittelgang, hinten.«
    Der Schalterangestellte schien nun gekränkt. Er stach auf seiner Tastatur herum und fragte ohne aufzusehen: »Hin- und Rückfahrt?«
    »Ja.«
    Der Angestellte

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