Dreck: Roman (German Edition)
Sicherheit. Schnell ging er durch die Küche zur Treppe und in sein Zimmer, wo er sich den noch gepackten Seesack schnappte und über die Schulter warf.
Seine Mutter war auf der Treppe. Ich werde als Zeugin auftreten, sagte sie. Und ich habe die Zudecke mitgenommen, die Decke, auf der ihr beide drauf seid. Ich habe sie als Beweisstück mitgenommen.
Du hast Beweise gesammelt?
So ist es. Also, selbst wenn ihr beide leugnen solltet, habe ich den Beweis. Und du hast noch nicht geduscht, also bist du auch ein Beweis. Und sie hat auch nicht geduscht.
Du bist wahnsinnig.
Du sollst wissen, dass ich dich dein ganzes Leben lang geliebt habe, aber jetzt muss ich dich aufhalten. Ich muss das Richtige tun. Und du sollst außerdem wissen, dass ich dich im Gefängnis nicht besuchen kann. Da kann ich nicht hin. Das kann nicht Teil meines Lebens werden.
Du hast das alles durchdacht.
Ja.
Du hast darüber nachgedacht, dass ich im Gefängnis bin und du mich nicht besuchst.
Ja. Beinahe hätte ich uns alle zur Polizei gefahren, nachdem wir Grandma abgesetzt hatten. Aber dann habe ich beschlossen, es dir zu erklären. Ich möchte, dass du es verstehst. Das ist mein Geschenk für dich.
Das Haus kam Galen vor wie eine Höhle. Kein Licht, Jalousien unten. Große Mulden in der Zimmerdecke. Sein Leben, nicht irgendjemandes Leben. Sein Leben hinter Gittern. Dafür, dass er nichts getan hatte.
Bitte, sagte er. Ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, wie das passiert ist. Er musste behutsam mit ihr reden. Sie war tatsächlich verrückt. Ich will nicht ins Gefängnis, sagte er. Du bist meine Mutter.
Ja, ich bin deine Mutter. Genau deshalb muss ich es tun. Das ist meine Verantwortung.
Bitte. Bitte überleg es dir noch mal. Du redest hier von Gefängnis.
Ja.
Du redest davon, deinen eigenen Sohn ins Gefängnis zu bringen.
Ja.
Sie hatte eine merkwürdige Konzentration, etwas, das er zunächst nicht einordnen konnte, aber dann wurde es ihm klar. Sie war erregt, freudig erregt. Du bist aufgeregt, du freust dich richtig, sagte er.
Ja. Das stimmt wohl. Es geht schon so lange. Ich habe schon so lange Angst vor dir. Aber jetzt muss ich dich nie wieder sehen. Ich bekomme mein Leben zurück.
Du kannst Menschen nicht einfach wegwerfen.
Du hast dich selber weggeworfen.
Bitte. Ich bin dein Sohn.
Da wandte sie sich ab und ging die Treppe hinunter in Richtung Küche.
Wo gehst du hin?
Sie antwortete nicht, aber in der Küche gab es ein Telefon. Er ließ den Seesack fallen und lief schnell hinter ihr her. Das Licht in der Küche war an, und sie griff bereits zum Hörer.
Nein!, rief er.
Ihre Hand zuckte zurück, als sie ihn hinter sich herkommen sah. Schreiend rannte sie zur Tür hinaus.
Er folgte ihr auf den Rasen, aber sie war bereits auf der anderen Seite und lief zum Schuppen.
Was soll dieser Scheiß, Mom?, brüllte er. Ich bin dein Sohn, nicht irgendein Monster.
Sie verschwand um die Ecke, und er blieb einfach auf dem Rasen stehen. Gefängnis. Er konnte das alles nicht fassen. Das konnte alles nicht wirklich sein. Aber es fühlte sich wirklich an. Wirklicher als alles andere je zuvor. Die Welt wirkte nicht wie eine Illusion. Seine Mutter wollte die Polizei rufen. Das hatte eine ungeheure, erschreckende Wirklichkeit.
Galen, eingekesselt von seinem Leben. Der Schuppen, das alte Haus, die Bäume über ihm, die Walnussplantage, alles kam näher. Das Ende einer Zukunft. Gar keine Zukunft mehr.
Ich bin doch kein Müll, brüllte er. Mich kann man nicht einfach so wegwerfen.
Die Luft so heiß und stickig. Er ging hindurch bis zur Ecke des Schuppens, in die Plantage und herum zum großen Tor. Es war geschlossen. Er stand davor in der heißen Sonne und flehte. Bitte, sagte er. Bitte. Ich gehe auch weg. Du musst mich nicht mehr sehen. Aber ich will nicht ins Gefängnis. Ich weiß nicht mal, was Gefängnis bedeutet.
Er kniete sich auf die Erde, in die aufgebrochenen Furchen. Bitte, flehte er. Bitte.
Er spürte die Hitze, die vom alten Holz und vom Boden abstrahlte. Sein Körper glitschig. Er kroch näher heran und griff nach dem Türknauf. Ich komme nur rein, um zu reden, sagte er. Ich will nur reden. Aber sie hatte die Tür irgendwie verriegelt. Sie ließ sich nicht schieben.
Er stand auf und zog fester, aber sie bewegte sich nicht. Der alte rostige Knauf, das alte Vorhängeschloss. Innen gab es kein Schloss. Sie musste ein Stück Holz oder Ähnliches reingeklemmt haben.
Bitte, sagte er. Lass mich rein. Wir müssen reden.
Ich gebe
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