Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Barkeeper.
David bezahlte und leerte sein Glas mit zwei großen Schlucken. Danach nahm er sein Handy und googelte nach dem Veranstaltungsprogramm des Lido .
In der Konzerthalle war am vergangenen Dienstag Destroyer aufgetreten, eine Band des Kanadiers Dan Bejar, der zugleich auch Mitglied der New Pornographers war. Kein Wunder, dass die beiden Mädchen ihren Trip nach Kreuzberg vor ihren strengen Eltern hatten geheim halten wollen.
David hatte keineswegs gelogen, als er Maria am Telefon erklärt hatte, ihr Ausflug trage keinerlei Schuld an der Entführung ihrer Freundin. Was allerdings nicht bedeutete, dass er keine Rolle für das Kidnapping gespielt hatte. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte der Entführer die jungen Frauen den ganzen Abend im Auge behalten, um den bestmöglichen Zeitpunkt für seine Tat abzupassen. Also war er ihnen vermutlich auch nach Berlin gefolgt.
Aus den Kneipenlautsprechern wummerte jetzt »Move in the right direction«. Gossip war deutlich entspannter anzuhören.
»Noch eine Cola«, verlangte David.
»Zweif fuffzich.«
»Stimmt so.« Er gab dem Barkeeper vier Euro. Bevor dieser sich abwendete, fragte er: »Du hast doch am Dienstag auch hier gearbeitet, oder?«
»Yep.«
David hatte nichts anderes erwartet. Die Schlesische Straße war eine bei Studenten, Künstlern und Touristen beliebte Meile, weswegen die Kneipenpächter auf zuverlässiges Stammpersonal setzten.
Er zog Shirins Foto aus der Hemdtasche. »Hast du dieses Mädchen am Dienstag gesehen?«
»Wieso?«
»Hast du oder hast du nicht?«
Der Barkeeper tauschte einen Blick mit einem der anderen Typen an der Theke, dann beugten sich beide dichter über das Bild.
»Klar, die war da«, sagte der Kerl auf dem Barhocker. »Am Tisch hinten in der Ecke.«
David sah den Barkeeper fragend an, der unschlüssig die Schultern hob. David drehte sich zu dem Typen am Tresen um, ein dürrer Student mit Kinnbart und Brille. »Bist du dir sicher?«
»Klar, weil …« Er grinste schief unter einer Strähne hervor. »Sah verdammt gut aus, die Kleine. Hat mir einen Rüffel meiner Freundin eingebracht, als ich ihr einen Blick zu viel geschenkt habe.«
»Ist dir etwas aufgefallen, das …?«
»Klar, ihr Psychofreund.«
»Ihr Freund?«
»Sag ich doch.«
»Bist du dir sicher?«
»Klar, der hing an ihrer Hand, als sie reinkamen.« Der Student schnaubte. »Aber dann hat der Penner voll rumgezofft.« Er hielt dem Barkeeper seine leere Bierflasche entgegen, die dieser augenblicklich gegen eine volle tauschte.
Währenddessen klang die Musik aus. Für einen Moment waberten nur noch Zigarettenqualm und wildes Stimmengebrodel durch die Kneipe. Durch das gleich darauf ein Gitarrenriff peitschte, Synthesizer, wehmütiger Gesang. »Nothing’s Impossible«. Depeche Mode.
»Was meinst du mit rumgezofft ?«, fragte David.
Der Student nahm einen Schluck Bier, fegte sich die Strähne aus der Stirn und rückte die Brille zurecht. »Erst wurde er ziemlich laut, hat sie richtig angeschrien. Und dann hat er seiner Freundin sogar eine geballert. Als er ein zweites Mal ausgeholt hat, wollte ich schon dazwischen gehen, aber … dann hat ihre Freundin das geklärt.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Der Typ ist verduftet. Stocksauer.«
»Und die beiden Mädchen?«
»Weiß nicht.« Er leerte seine Bierflasche und stieß auf. »Irgendwann sind sie wohl gegangen. Aber das hab ich nicht mehr mitgekriegt.«
*
Toni erkannte Leylas pinkfarbenes Handy in dem Beweismittelbeutel.
»Ich werde die Anrufliste checken lassen«, sagte Blundermann und klickte auf der Telefontastatur herum. »Wird allerdings ein Weilchen dauern.«
Toni beglückwünschte sich zu seiner Vorsicht. Gespräche mit Leyla hatte er ausschließlich über sein zweites Handy geführt, dessen Prepaidkarte längst auf Nimmerwiedersehen in den Berliner Abwässerkanälen verschwunden war.
»Aber ich habe einen WhatsApp-Dialog gefunden, der mir wichtig erscheint«, fuhr der Kriminalobermeister fort und glättete das Plastik über dem Display, um besser lesen zu können. »Die Nachrichten wurden kurz nach zehn ausgetauscht.«
»Kurz bevor Marlene Nedel umgebracht wurde«, konstatierte Theis.
Toni las bereits die ersten Zeilen.
»Einen Anhaltspunkt, wer dieses Arschloch ist?«, fragte Toni.
Blundermann knurrte. »Nein, aber zweifellos irre, wenn ich daran denke, wie er seine Freundin zugerichtet hat.«
»Und wenn er es nicht war?«, gab Toni zu bedenken.
Sein Kollege hielt Leylas Handy hoch,
Weitere Kostenlose Bücher