Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Augen, wie sie den Mund verzog, wie immer, wenn etwas ihren Unmut erregte. Was in den letzten Monaten viel zu häufig vorgekommen war.
»Du hast mir mal von deinen Eltern erzählt«, sagte Caro. »Als deine Mutter …«
»Darüber möchte ich nicht reden.«
»Ich weiß, aber dein Vater …«
»Caro, bitte!«
»Meine Güte, warum kapierst du einfach nicht, dass …?«
»Caro, ich hab zu tun.«
»Du hast immer zu tun«, fauchte sie.
David senkte beschwichtigend seine Stimme. »Das ist … Caro?«
Sie hatte aufgelegt.
*
Toni schleuderte die Beretta auf den Beifahrersitz und deckte sie mit seiner Jacke zu.
Seine Hände zitterten, während er die Marlboro-Schachtel aus der Hemdtasche klaubte. Er brauchte drei Anläufe, bis er mit der Zigarettenspitze endlich den glühenden Anzünder traf. Innerhalb weniger Sekunden war der Wagen vernebelt.
Als Toni das Fenster runterkurbelte, strömte die Hitze von draußen in den Polo, der Qualm indes blieb drinnen.
Er startete den Motor, legte den Gang ein, und sein Blick glitt noch einmal hoch zum Hermano ,in dem sich jede Nacht all die wichtigen Leute trafen. Leute wie Dossantos, die den Anschein der Anständigkeit wahren wollten.
Ehrenbürger vom Kiez, so nannten ihn die Boulevardblätter, weil er diversen Vereinen und Verbänden angehörte, regelmäßig Geld für wohltätige Zwecke spendete, Kultureinrichtungen im Kiez förderte und Veranstaltungen für benachteiligte Jugendliche sponserte. Vor Jahren hatte er mit großem Pomp und 500 000 Euro den Aufbau einer Sozialeinrichtung für Straßenkinder in Neukölln unterstützt.
Er gefiel sich in seiner gesellschaftlichen Gutmenschenrolle. So sehr, dass er auf seine alten Tage sogar die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen und seinen Namen in Michael ändern lassen wollte.
Das änderte allerdings nichts an seiner wahren Natur.
Als wenn du besser bist!
Er wusste nicht, ob er Dossantos trauen konnte, aber zumindest in einem Punkt hatte der Portugiese die Wahrheit gesprochen: Toni wusste nichts über Leyla. Gar nichts.
Ausgerechnet der Ehrenbürger vom Kiez hatte ihm den Spiegel vorgehalten. Toni erkannte in diesem Spiegel ein selbstgerechtes Arschloch, das skrupellos die Gefühle eines jungen Mädchens ausgenutzt hatte.
Was hat deine Leyla getrieben, wenn sie nicht mit dir zusammen war?
Toni wollte dem Portugiesen glauben. Denn das würde bedeuten, dass Leyla nicht seinetwegen hatte sterben müssen.
Überhaupt, die groteske Brutalität des Mordes … Toni war sich sicherer denn je, dass das nicht die impulsive Tat eines durchgeknallten Freiers sein konnte. Sah das nicht vielmehr nach Folter aus? Nach einer gezielten Strafe?
Und dann noch dieser Einbruch. Je länger Toni darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, was ihn letzte Nacht in Leylas Wohnung die ganze Zeit über irritiert hatte.
Wenn man ihm den Mord an Leyla hatte anhängen wollen, wieso richtete man dann ein solches Chaos in ihrer Wohnung an? Auch ohne den Einbruch hätten Tonis Kollegen Spuren über Spuren gefunden, die alle auf ihn hindeuteten. Es schien eher, als hätte der Einbrecher verzweifelt nach etwas gesucht.
Ja, der Mord und der Einbruch standen miteinander in Verbindung, Toni war einfach nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort … und mit der falschen Frau zusammen gewesen.
Manchmal nimmt das Leben einen seltsamen Verlauf.
Was hatte Leyla sich zuschulden kommen lassen, dass sie derart grausam sterben musste? Was hatte man in ihrer Wohnung gesucht?
Hatte man es gefunden?
*
Hannah wurde erneut schlecht, während das Messer sich unter ihr Nachthemd schob.
»Kein Wort«, sagte der Fremde.
Sie presste die Lippen aufeinander, bezwang ihre Übelkeit und die Panik, als die Klinge hinabsauste. Wie einen Vorhang zerteilte sie das Seidenleibchen, bis Hannah entblößt war bis auf ihren besudelten, stinkenden Slip. Alles war so schäbig und so … demütigend. Ein Schluchzen löste sich aus ihrer Kehle.
Sei still ,ermahnte sie sich, denk an Millie und …
Das Messer zischte über ihre nackte Haut.
Hannahs Augen weiteten sich erschrocken. Ihr Atem setzte aus. Der Scheißkerl hatte sie aufgeschlitzt. Oh Gott! Jetzt war alles zu Ende.
Der Schmerz durchfuhr ihre Brust, die auch fünf Monate nach Millies Entbindung immer noch empfindlich war. Es war der Gedanke an ihre Tochter, der sie ihren Schrei unterdrücken ließ.
Widerstrebend sah sie an sich hinab. Ein langer Schnitt klaffte in der weichen Wölbung. Ein grinsendes Maul,
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