Drei Eichen (German Edition)
sogar Edelstahl.« Der Polizist war erstaunt und prüfte den Pfeil genauer. »Ein Karbonpfeil mit einer sündhaft teuren Jagdspitze. Aber nach zwanzig Zentimetern ist der Pfeil mit Gewalt abgebrochen worden. Hier sieht man noch die ausgefransten Kohlefasern, aber mehr kann ich dazu erst mal nicht sagen.« Mit einem Schulterzucken gab er Ruckdeschl den abgebrochenen Pfeilrest zurück, der ihn seinerseits direkt an Haderlein weiterreichte.
Der Kriminalhauptkommissar hatte seinen kleinen Schnitt schon wieder vergessen. Die neue Erkenntnis beschäftigte ihn mehr als alles andere. Ein Pfeil? Dieser Mensch war also mit einem Pfeil erschossen worden? Das war ja kaum zu fassen. Genau wie Josef Simon auf dem Staffelberg. Normalerweise glaubte Haderlein nicht an Zufälle, aber das hier musste einer sein. Wo sollte da auch ein zeitlicher oder anderweitiger Zusammenhang bestehen? Oder vielleicht doch? Sein Verstand raste, seine Synapsen glühten. Zeit, genau das war es.
»Heribert, wie lange liegen diese Leichen schon in der Erde, was meinst du?«, fragte er plötzlich, während er noch immer konzentriert die Pfeilspitze in seinen Händen anstarrte.
Ruckdeschl ließ laut und vernehmlich Luft aus seinen Lungen entweichen. »Mensch, Franz, du kannst Fragen stellen. Das soll ich dir jetzt auf die Schnelle in der Dunkelheit beantworten, oder wie?« Verzweifelt blickte er zu Haderlein, der nun seinen Blick gehoben hatte und Ruckdeschl in die Augen sah. Kalt und entschlossen. Ruckdeschl wusste, was das bedeutete. Der Kriminalhauptkommissar wollte jetzt eine Hausnummer von ihm, egal, wie genau die auch sein mochte. »Tja, was soll ich sagen, Franz«, stöhnte er, »aber für dich will ich es mal so ausdrücken: Aufgrund der völligen Zersetzung der Leiche, des Zustands der Knochen und vor allem der Kleidungsreste würde ich vermuten, dass diese armen Schweine hier schon ein paar Jahre liegen. Fünf bestimmt, vielleicht auch schon zehn. Genauer kann ich das so auf die Schnelle nicht beurteilen.« Er überlegte noch einmal. »Aber fünf Jahre Minimum. Die Toten sind nicht erst gestern oder im letzten Sommer hier verscharrt worden.«
Haderlein nickte, doch seine logischen Fähigkeiten stießen langsam, aber sicher an ihre natürlichen Grenzen. Mindestens fünf Jahre also, eher noch länger. Damit war ein direkter Zusammenhang mit dem Staffelberg-Fall nicht wirklich zwingend. Andererseits hatte man schon Pferde kotzen sehen – und zwar mehrfach. So oft kam das seiner Erfahrung nach nicht vor, dass Leute mit Pfeil und Bogen traktiert wurden. In seiner langen Laufbahn bisher noch nie. Und doch hatte er jetzt gleich zwei Fälle mit diesem Tötungsmuster. Gab es da doch vielleicht einen Zusammenhang? Aber der Sinn wollte sich ihm einfach nicht erschließen.
»Was ist hier los, Franz?« Huppendorfer war inzwischen eingetroffen und schaute ziemlich erstaunt auf die reichlich vorhandenen Polizisten und das technische Equipment. Etwas weiter entfernt parkte gerade auch schon der Dienstwagen Leonhard Sachses, der hier so einiges zu tun bekommen würde.
»Hier muss etwas Grauenhaftes passiert sein, Cesar, aber frag mich bitte nicht, wie und warum. Dafür ist das alles noch zu wirr. Die wirkliche Sensation aber ist dieses Artefakt hier. Das habe ich gerade in dem Skelett da gefunden.« Mit diesen Worten reichte er Huppendorfer den Pfeilrest zur Begutachtung. »Aber Vorsicht, die Klingen sind immer noch recht scharf«, fügte er sicherheitshalber hinzu.
»Ich werd verrückt. Schon wieder ein Pfeil!«, rief Huppendorfer nun ebenfalls und schaute seinen Vorgesetzten fragend an.
Der lächelte grimmig, bedeutete, ihm zu folgen, und schritt entschlossen auf die Stelle zu, wo Fiederling und Riemenschneider mit respektvollem Abstand dem Treiben zugesehen hatten. Haderlein bückte sich, um die Riemenschneiderin schnell zu streicheln, der die Loberei runterging wie Öl. Als sich der Kriminalhauptkommissar wieder aufrichtete, hatte er einen Beschluss gefasst. Schließlich mussten sie hier ja mal weiterkommen, und das ging nur, wenn sie eine Ordnung in die Geschehnisse des Tages brachten.
»Du bringst jetzt Herrn Fiederling nach Hause, Cesar, und anschließend treffen wir uns in der Dienststelle, verstanden? Vorher lieferst du aber noch Riemenschneider bei mir ab, die Gute hat genug geleistet für einen Tag. Und sag Manuela, sie soll unserer Heldin einen Apfel schälen. Einen sehr großen«, fügte er lächelnd hinzu.
Huppendorfer nickte und nahm
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