Drei Frauen im R4
weihte sie uns in die neuen Freundschaftsverhältnisse ein, die sie seit kurzem mit dem Kleinen Alpenparadies verbanden.
»Ich werde ab jetzt immer hier gratis Pause machen, und dafür zieh ich dem Urs mit meinem Truck die gefällten Bäume aus dem Areal. Wir haben ein paar Bier gezischt, und er hat mir erzählt, dass er früher Bogenschütze war, so richtig mit Feder und selbstgebautem Bogen.«
»Ach du liebe Güte«, stotterte Renate.
»Der Typ ist nur halb so bescheuert, wie ich dachte«, spie Erika den Gerstenkaffee aus. »Was ist das? Aufgegossener Kompost? Übrigens«, sie deutete auf Fips, »war da auch eine Greta an der Rezeption. Auweia«, sie ließ die rechte Hand ein wenig tanzen. »Ist das vielleicht ’ne Kuh. Bei der möchte ich nicht der Hund im Hause sein.«
Greta gab es also wirklich, aber unseren Fips würde sie nicht bekommen.
»Wenn da nur nicht immer die Grenzübergänge wären«, lamentierte ich und beobachtete, wie Nele verschwörerisch Erika zur Seite zog, um irgendetwas zu besprechen.
Kapitel 16
Country Roads
- John Denver -
»Unser Gig hat sich gelohnt, aber nicht in der Größenordnung, wie wir es brauchen!« Renate verkündete zwar stolz, aber auch enttäuscht die Summe von hundertsechsundfünfzig Stutz. Ein paar Euro waren auch dabei, aber leider nicht ganz so viele, wie wir brauchten.
Die Scheine wanderten in die alte Dose, was Fips völlig aus dem Häuschen brachte. Mmmh, fein, wieder dieses leckere Papier, schien er zu denken, und unauffällig robbte er ein Stück näher an uns heran.
»Mist«, kalkulierte Nele messerscharf, »das ist gerade genug für den Sprit und noch ein paar Lebensmittel für die letzten Tage.«
Wir waren zusammen zum Nacktbadestrand gegangen, um im Sonnenuntergang unseren Erfolg zu feiern. Hier, am Rande des Sees, war der richtige Platz für eine Party wie in vergangenen Tagen, mit Picknick, Wein und ein paar spontanen Gästen.
»Pffft«, ließ Erika den Bierdunst ab.
»Aber hatten wir damals nicht mehr Essen?«, erinnerte ich mich zurück.
»Ei woher«, entgegnete Renate und entkorkte eine der letzten Flaschen Wein. »Nicht mal Wein hatten wir noch, sondern nur den Kräuterschnaps. Hast du das denn ganz verdrängt?« Stimmt! In brütender Hitze hatten wir damals die eingelegten Kräuter von Renates Vater leer getrunken. Ein Schnaps, der nur heiß genießbar war, und dafür musste man ihn runterbrennen lassen. Pfaffentrunk hatte das Gebräu geheißen, das wir aus kleinen Tonbechern mit spitzen Lippen schlürften, Tonbecher, die später in der WG unsere Eierbecher wurden. Der heiße Schnaps und die heiße Sonne waren eine schreckliche Mischung für die Köpfe damals gewesen. Noch viel schrecklicher, als es mein gequetschter Nerv von heute gewesen war.
»Nicht mal mehr ins Zelt kamen wir«, holte Nele die Bilder von damals zurück, und laut erinnerte sie uns daran, wie bescheiden wir gewesen waren, und nie hätte eine von uns sich wegen irgendwas beschwert und schon gar nicht wegen Essen.
Sie öffnete eine Dose Sülze, schnitt eine hauchdünne Scheibe ab, um damit ein Stück Zwieback zu belegen. »Bitte.« Sie reichte mir das Amuse-Gueule.
Wie zu erwarten, schmeckte die Wurst auf dem Zwieback scheußlich. Nicht der Zwieback selbst, sondern die Kokosraspel darauf störten.
»Seltsame Mischung, aber nicht schlecht«, lautete Erikas Kommentar. »Ein bisschen wie Toast Hawaii, nur mit Kokos statt Ananas.«
Konzentriert kaute sie dem Zwieback nach. Ungeachtet der Vorschriften, dass man am Nacktbadestrand auch nackt zu sein hatte, hockte Erika im Overall auf unserer Matte.
»Und sonst? Wie geht es mit euch weiter?«
»Na ja, wie ich dir schon sagte«, erklärte Nele und griff damit geschickt den Faden auf, den sie auf dem Campingplatz zu spinnen begonnen hatte. »So wie es aussieht, wackelt unsere Weiterfahrt. Es sei denn, wir singen und tanzen noch einmal, oder wir lassen es und geben Italien damit auf.«
»Och nö!«, entfuhr es Erika enttäuscht, und ein paar Kokosraspel flogen ihr dabei aus dem Mund. »Aufgeben, was soll datt denn heißen? Seid ihr nun eschte Weiber oder nisch? Träume sind doch dazu da, um sie zu erleben. Und wenn ihr jetzt die letzte Etappe auslasst, dann hängt euch Italien wieder die nächsten dreißig Lebensjahre nach. Und ob ihr euch mit achtzig«, sie sah uns fest in die Augen, »noch mal auf den Weg macht, datt is, glaub isch, äine Illusion, obwohl et allet unter dem Himmel gibt, auch Achtzigjährige, die nackt baden
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