Drei Frauen und ein Braeutigam
ungläubig, dass sie sich mehr für das Catering begeistern konnte als für die neuesten Filmschönlinge.
Was ist aus Grace, der Partylöwin, geworden, Grace, der Männerheldin, Grace, der Unersättlichen? Fast kommt es uns vor, als trüge sie seit neuestem Scheuklappen gegen Männer. Vorbei sind die Zeiten, als ihr Blick einem kecken Po in engen Jeans folgte, einem frechen Grinsen oder einem schelmischen Blick aus lachenden Augen.
Aus purer Verzweiflung hat Tanya schließlich nicht so sehr einen Geistesblitz als vielmehr einen geistigen Aussetzer. »Ich hab‘s«, verkündet sie während einer unserer Sitzungen zum Thema »Rettet Grace«. »Ich kaufe ihr einfach einen Mann.«
»Na ja, die gibt‘s wohl kaum bei Harvey Nichols: Die dortige Herrenabteilung verkauft Kleidung für Kerle, nicht die Kerle an sich.«
Tanya überhört den Einwurf, greift sich stattdessen die gelben Seiten und blättert zum Buchstaben »B«. Als sie die gesuchte Seite aufgeschlagen hat, dreht sie das Buch zu mir um.
»Begleitservice!«, platze ich heraus.
»Genau.«
»Das kannst du nicht bringen.«
»Nenn mir einen Grund, warum nicht.«
»Ich kann dir mehr als einen nennen! Grace rastet aus.«
»Warum denn, vielleicht gefällt‘s ihr ja. Einfach jemand, der sie ausführt, gepflegt mit ihr isst, sie geistreich unterhält und ihr vor Augen führt, was ein richtiger Mann ist.«
»Was denn - arrogant, ignorant und egoistisch?«
»Jetzt komm schon, einen Versuch ist es doch wert, oder?«
Ich schüttele den Kopf. »Ich weiß, das Wasser steht uns bis zum Hals, aber...«
Tanya lässt die Schultern hängen, legt aber trotzdem die Gelben Seiten weg. »Du hast ja Recht. Aber was jetzt?«
»Kennst du zufällig einen Zeitungshändler, dessen Austräger wie Jean Claude van Damme aussieht?« Ich lächle sie zaghaft an.
»Was? Ein Brüsseler Muskelberg, der auf einem Chopper durch Islington kurvt? Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Mein Zeitungsausträger ist mindestens.... oooh, also mindestens... zwölf.«
»Na ja, früher hatte sie doch mal eine Phase, in der sie auf jüngere Männer stand...«
Claude hat sich krank gemeldet, weil er angeblich nach einem Wochenende in Amsterdam eine leichte Lebensmittelvergiftung hat. Allgemein besteht jedoch Einigkeit darüber, dass es sich eher um einen ernsten Fall von Alkoholvergiftung handelt. Was auch immer der Grund sein mag, er darf sich nicht in der Nähe meiner Küche blicken lassen, bis er wieder hergestellt ist. Deshalb fungiere ich seit einer Woche als Chefkoch.
Ich mag Essen. Streichen Sie das - ich liebe Essen. Ich besitze ein Restaurant, weshalb das sozusagen Hand in Hand geht. Doch obwohl ich wirklich gern koche, habe ich dabei eher so was wie private Dinnerpartys mit Freunden im Sinn, und keine Drei-Gänge-Menüs für fünfzig Personen.
Heute hätte ich eigentlich meinen freien Abend haben sollen. Von Rechts wegen hätte ich aufgedonnert irgendwo in einem Club mit Tanya einen drauf machen sollen.
Die Realität sieht anders aus. Gerade befinde ich mich in einem Ringkampf mit einem frisch gekochten Hummer. Ich war diejenige, die ihn kochen musste, weshalb der Abend nicht besonders gut angefangen hat. Ich hatte mir überlegt, ihn humaner zu behandeln und ihn vorher zu töten, bis das verdammte Ding beschloss, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Es ist Louis‘ Aufgabe sicherzustellen, dass der Erste-Hilfe-Kasten immer gut bestückt ist. Jetzt trage ich ein Snoopy-Pflaster um den linken Daumen und ein unleidliches Stirnrunzeln im Gesicht.
Wenn wir das Restaurant zu viert schmeißen, kommen wir gerade so hin. Mel übernimmt den größten Teil des Servierens, Louis kümmert sich um die Bar und einige der kleineren Tische, Claude macht die Küche und ich packe überall mit an, sei es beim Kochen, wenn es um exotische Gerichte oder das Anrichten geht, beim Bierzapfen, Bestellungen entgegennehmen oder Abwaschen. Und es gibt noch zwei studentische Aushilfen, die bei freien Tagen oder Urlauben einspringen oder wenn es zu chaotisch läuft, um allein mit allem fertig zu werden. Doch es ist zu spät, um eine von ihnen anzurufen. Sie haben sich wahrscheinlich längst in ihre schicksten Klamotten geworfen und machen die Stadt unsicher.
Was eigentlich auch ich vorhatte!
Das Leben ist hart.
»Knackiger Kerl in Sicht!«
Der Abend ist halb herum. Melanie bahnt sich - Hintern voran - einen Weg in die Küche. Sie jongliert mit Geschirr und Gläsern, die sie eilig in den Ausguss
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