Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Autoren: Delia Ephron
Vom Netzwerk:
fest auf die Bremse. Vor der Bibliothek fährt sie trotz Tims Warnung krachend gegen den Randstein.
    Die Bibliothekarin ist hilfsbereit und zeigt Rita einen Computer mit Internetzugang. Wer ist diese unscheinbare Frau, die aussieht wie eine alte Jungfer in einem historischen Roman?, fragt sich die Bibliothekarin. Was sucht sie bloß in der Ortsbücherei von Fairville?
    Verstohlen wirft sie einen Blick über Ritas Schulter, um zu sehen, wonach sie bei Google sucht. Auf dem Bildschirm sieht man einen Löwen, der durch einen Reifen springt. Die Bildunterschrift lautet: »Probieren Sie nichts aus, wenn der Löwe hungrig ist.«
    Während die Bibliothekarin weggeht, weil das Telefon klingelt, scrollt Rita nach unten und liest weiter.

Der Lion und der Löwe
    Als Clayton den Lion vor zwanzig Jahren baute, hatte die Möbelindustrie von North Carolina ihre Blütezeit, und der Tabakanbau lohnte sich noch. Die Gestaltung des Gebäudes war eine Idee seiner Frau Helen, sie nannte es: »Eine wilde Mischung.«
    »Du brauchst nicht viel Geld auszugeben – kauf alles, was es auf dem Schrottplatz so gibt, und bau es irgendwie zusammen. Eine so verrückte Konstruktion wird Aufmerksamkeit erregen«, sagte sie. Und sie behielt recht.
    Er kann sich noch an den Abend erinnern, als ihnen die Idee dazu kam. Alle ihre Freunde hatten längst Kinder, aber Helen war kein mütterlicher Typ. Dennoch wünschten sie sich etwas Gemeinsames, ein Projekt. Sie gingen ins Outback Steakhouse – es war ihr zweiter Hochzeitstag – und aßen dort in einer Ecknische ihre Steaks. Alle ihre Bekannten tranken Bier, aber Helen bestellte immer »Weißwein, einfach den, den Sie haben«. Während des gesamten Essens rauchte sie, legte die Zigaretten zwischendurch brennend in den Aschenbecher und nahm ab und zu einen tiefen Zug. »Wir sind Nachtlichter«, stellte sie fest, und so hatten sie schließlich den Einfall, eine Bar zu eröffnen, eine große mit einer Jukebox und einer Tanzfläche.
    Obwohl es ein kalter Dezemberabend war, fuhren sie hinterher noch mit dem Chevy durch den Ort, das Verdeck nach unten geklappt. Helen nahm ihren Schal ab und ließ sich den Wind durch die sorgfältig gelegte und auftoupierte Lockenfrisur wehen. Für ihre Haare benutzte sie immer Heizwickler, so dick wie kleine Getränkedosen. Sie fuhren die Straßen entlang und hielten Ausschau nach »Zu Verkaufen«-Schildern, und als sie sahen, dass an der Winstead Road ein größeres Grundstück angeboten wurde, waren sie hocherfreut. Die Lage so nah an der Landstraße war ausgezeichnet.
    Helen war knochig, ihre Hüftknochen standen vor. Sie hatte dünne Arme mit kantigen Ellbogen, schmale, feste Schultern und spitze Brüste. Wenn man diese Frau umarmte, musste man aufpassen, dass man sich nicht stach, schon das hätte ihm eine Warnung sein sollen. Sie trug Blümchenkleider aus glattem Nylonstoff, die nicht besonders attraktiv waren, weil sie an ihrem Körper klebten. Die Röcke blähten sich und endeten über den Knien. Sie hatte schöne Beine. Und sie konnte gut mit Menschen umgehen. Die Gäste freuten sich, wenn sie von Tisch zu Tisch ging. »Clayton’s Place« – so hieß der Lion damals – war beliebt. Eines Abends kam ein ehemaliger Liebhaber von Helen auf einem röhrenden Motorrad angefahren. In Fairville hielt er an und erkundigte sich, ob jemand wisse, wo sie sei. Alle wussten genau, wo sie sich jeden Abend aufhielt. Ein paar Tage später erklärte sie Clayton, sie sei noch immer in den anderen verliebt.
    »Sie ist fort«, mehr sagte er nicht, wenn er gefragt wurde. Doch den Leuten war bald klar, was geschehen war, weil einige gesehen hatten, wie Helens Augen strahlten, als der Mann das Lokal betrat, und weil ihnen aufgefallen war, dass sie an diesem Abend nicht von Tisch zu Tisch wanderte.
    Clayton gestand niemandem, auch sich selbst nicht, ein, wie verletzt er war. War ihm doch egal, dass Helen ihn verließ mit der Erklärung, sie habe immer nur den anderen geliebt. War ihm doch egal, dass sich ihre gemeinsamen Jahre plötzlich als eine einzige Täuschung entpuppten.
    Dann starb Rocky.
    Rocky war ein schwarzer Mischlingshund, größtenteils Labrador, mit glattem Fell und graziös. Er folgte Clayton überallhin und liebte den Chevy Bel Air. Nachdem Helen fort war, saß er stolz auf dem Vordersitz (zuvor auf der Rückbank) und sah so gut aus, dass er ausgezeichnet zum Auto passte. Er starb an Krebs – ein schneller Tod –, und nachdem Clayton sich verboten hatte, um eine Frau
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher