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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Ephron
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ein Widerling. Na ja, eher ein Tyrann.« Lana schüttet ein Häufchen Salz auf ihren Teller, drückt ihren Finger darauf, leckt ihn ab und überlegt, was das Gedicht wohl aussagen soll.
    Rita schlüpft wieder auf die Bank. »Es könnte der Kartoffelsalat gewesen sein.«
    »Was?«, sagt Tracee.
    »Was das Ganze ausgelöst hat. Dass sie ihn zum hunderttausendsten Mal zubereiten musste.«
    »Wer?«
    »Die Ehefrau. Kartoffelsalat, jeden Sonntag nach dem Gottesdienst. Das sind, bei zweiundfünfzig Wochen im Jahr, und wenn sie, sagen wir mal, dreißig Jahre verheiratet war …«
    »Wie alt war sie?«
    »Ich weiß nicht. Na gut, dann sagen wir zwanzig Jahre. Zweiundfünfzig mal zwanzig … Was ergibt das? Ich kann nicht rechnen. Harry wüsste es«, sagt sie bitter.
    »Hätte sie nicht stattdessen mal was anderes kochen können?«, überlegt Tracee.
    »Ist Harry ein Pastor?«, fragt Lana im selben Moment.
    »Ja«, sagt Rita.
    »Und er ist dein Ehemann?«
    Rita rutscht unruhig hin und her, faltet die Ecken der Serviette nach innen.
    »Hat er dich geschlagen? Bist du deshalb weggegangen?«
    Rita antwortet immer noch nicht.
    »Hast du ihn erschossen?«, fragt Tracee.
    »Du meine Güte, nein! Ich würde nie jemanden erschießen. Macht zu viel Dreck.« Rita greift nach der Rechnung und betrachtet sie eingehend. Lana isst noch mehr Salz. Es reizt ihre Zunge, aber sie kann nicht aufhören. Rita klatscht die Rechnung auf den Tisch. »Ich sage euch, was ich glaube. Warum sie ausgerastet ist. Stellt euch vor, ihr seid die Ehefrau eines Pastors und unglücklich. Wem könnt ihr das erzählen? ›Wage bloß nicht, irgendjemandem etwas über deine Probleme zu sagen, das wirft ein schlechtes Licht auf mich! ‹ Ich gehe jede Wette mit euch ein, dass er genau das gesagt hat. Ich wette, die Stadt war so klein, dass sie sich nur umzudrehen brauchte, und schon stieß sie mit sich selbst zusammen. Es ist schon erstaunlich, dass sie überhaupt wusste, wie sie sich fühlte, wenn sie nie darüber reden durfte. Alles blieb im Verborgenen. Das ständige Heucheln. Dass ihr Ehemann liebevoll ist, dass er freundlich ist. Jeder hält dich für die Güte in Person, aber das bist überhaupt nicht du, das ist nur eine Idee von dir. Die Frau des Pastors. Die Erwartungen. Die Isolation. Die Einsamkeit. Das Gefühl, unsichtbar zu sein. Ich denke überhaupt nicht an sie.«
    »An wen dann?«, fragt Lana.
    »An mich. Damals.«
    Lana, die spürt, dass Rita das Café jetzt sofort verlassen muss, wirft einen Blick auf die Rechnung und legt das Geld auf den Tisch. Dann bemerkt sie Tracees entsetzten Blick, der unverwandt auf das Fenster gerichtet ist.
    Auf dem Bürgersteig gegenüber spaziert Tucker vorbei, den Kopf gesenkt. Auf Lana wirkt es, als schämte er sich, gesehen zu werden, aber es könnte auch eine neue, besonders coole Gangart sein. Ja, das ist es, beschließt sie. Manchmal entscheiden sich Menschen eben, sich beim Gehen anders zu bewegen.
    Tracee rutscht unruhig hin und her. Sie würde gerne davonlaufen, aber Lana sitzt ihr im Weg, und Lana starrt wie gebannt auf Tucker, der genau zwischen zwei Kreuzungen über die Straße geht und geradewegs auf sie zukommt.
    »Was ist los?«, fragt Rita.
    »Tucker«, sagt Lana.
    »Dieser Polizist?«
    »Er ist keiner mehr«, ruft Lana Tracee ins Gedächtnis.
    Tucker hat inzwischen den Bürgersteig auf der Straßen seite des Cafés erreicht und scheint zu spüren, dass er Inter esse erweckt. Er blickt auf. Wäre die Glasscheibe nicht zwischen ihnen, könnten ihn die Frauen beinahe berühren.
    Lanas Hand legt sich über die von Tracee.
    Tucker wirft sich in Pose, tritt näher heran und deutet mit dem Finger auf sie.
    Keine von ihnen rührt sich.
    Er betritt das Café.
    Wie sie richtig vermutet haben, bleibt er sofort stehen und sieht sie einschüchternd an, auch wenn sie sich nicht umdrehen, um seinem Blick zu begegnen. Ihnen ist auch klar, dass er sich ganz in der Nähe niederlässt, an der Bar, denn seine Stimme klingt sehr nah, als er Cindy begrüßt. »Hallo!«
    »Wie geht’s dir, Süßer?«
    Cindy nennt jeden »Süßer« oder »Süße«. Tatsächlich haben Lana, Tracee und Rita festgestellt, dass hier jeder jeden so nennt, aber in diesem Fall scheint Cindy ernsthaft interessiert an Tuckers Wohlergehen. Lana vermutet, dass sie über seine Lebensumstände und die Suspendierung Bescheid weiß. Kennt sie auch die Rolle, die Lana dabei gespielt hat?
    »Man hat mich reingelegt«, sagt Tucker. »Aber was soll’s, das

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