Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
fanden sie die Antwort zusammen heraus.
Tracee hat die Diamanthalskette in ihrer Jeanstasche dabei. Sie streckt sich aus und wendet sich von den beiden anderen ab in der Hoffnung, dass sie ein Mittagsschläfchen halten und sie ein bisschen mit der Kette spielen kann. Stattdessen muss sie an neulich denken, als sie ein Tablett mit frischen Gläsern aus der Küche holen wollte und durchs Fenster Tim gesehen hat. Es war ein heißer Abend, die Sonne ging gerade unter, und er wusch sein Auto. Sein Oberkörper war nackt und nass, während er eimerweise Seifenwasser über dem Wagen ausgoss. Tracee hatte Tim schon früher, als sie noch gemeinsam in einem Zimmer wohnten, ohne Hemd gesehen, aber nicht ohne Hemd und nass. Sie sah zu, wie er sich unter einem violetten Himmel halb nackt langstreckte und schrubbte.
Lana setzt sich ans Ufer und liest in einem Buch, das ihr Rita aus der Bibliothek mitgebracht hat, Lit von Mary Karr. Darin steht alles darüber, was es heißt, süchtig zu sein. Rita, über die Lana nicht noch mehr staunen kann, als sie das angesichts der Beziehung zu Marcel bereits tut, geht nackt in den See. Lana blickt auf und sieht sie vorbeigehen, ihr nacktes breites Hinterteil weiß und voller Grübchen. Ohne erst einen Zeh hineinzustecken, marschiert sie einfach ins Wasser, schwimmt ein Stück hinaus und dreht sich dann auf den Rücken. Sie lässt sich treiben, mit der Sonne im Gesicht. Welche Seligkeit.
Ein lautes Platschen ertönt. Rita richtet sich im Wasser auf und reibt sich die Augen, um zu sehen, was passiert ist.
»Mary Karr wird religiös!«, ruft ihr Lana vom Ufer aus zu.
»Wie bitte?«
Tracee, die völlig in die Erinnerung vertieft war, wie Tim auf seinem Autodach saß und das Schild WILSONS FAHRSCHULE abseifte, versucht zu begreifen, was los ist. Sie sieht, wie Lana schimpfend auf und ab läuft. »Katholizismus, wie krank ist das denn! Die Bibel, die Kirche, der ganze Kram!«
Rita tritt Wasser und späht über den Weiher, bis sie das Buch nicht allzu weit entfernt dahintreiben sieht. Sie schwimmt hinüber und schiebt es ans Ufer.
»Und das hat sie dann gerettet«, sagt Lana. »Das ist so mies!«
»Könntest du mir mal die Decke geben?« Rita watet mit dem jetzt nutzlosen Stapel durchweichter Seiten an Land. »Darf ich mal, Tracee?«, fügt sie hinzu, weil Tracee auf der Decke liegt.
»Religion!« Lana schäumt.
»Ich hatte keine Ahnung!« Rita lässt sich von Tracee die Decke reichen und wickelt sich hinein wie eine Squaw. »Die Bibliothekarin hat es empfohlen.«
»Sie gehört erschossen. Ich übergebe gar nichts an Gott.«
»Was übergibst du nicht?«
»Was auch immer, verdammt.« Lana lässt sich auf den Boden fallen und starrt düster in diesen schönen Tag. Rita bemerkt, wie müde sie aussieht. Abgeschlagen. Sie macht sich selbst fertig.
»Marcel könnte helfen«, sagt Rita.
Lana schreit laut: »Marcel?«
Rita wird klar, dass das vielleicht nicht der richtige Moment ist.
Lana schlägt mit ihren Füßen aufs Wasser. »Ich bezahl es auch. Sag das der Bibliothek. Findet ihr, mein Kopf ist zu groß?«
»Hat das jetzt noch etwas mit dem Buch zu tun? Ich bin schon ganz verwirrt. Ich glaube nicht.« Rita setzt sich neben sie.
»Nein. Ich habe mich immer gefragt, wie mein Kopf so ist im Verhältnis zu meinem Körper.« So etwas hätte Lana sonst ihre Mutter gefragt, aber die war ja nicht da.
»Dein Kopf hat genau die richtige Größe. Du hast perfekte Proportionen.« Rita streckt einen Arm aus der Decke, legt ihn um Lana und zieht sie an sich. Lana seufzt. Sie lässt den Kopf auf Ritas Schulter sinken, als hätte sie ihr ganzes Leben auf diese Gelegenheit gewartet.
30
Eines Abends, als sie gerade schließen, tritt Clayton auf Rita zu und reicht ihr ein Buch. »Ich habe gehört, dass du so etwas magst«, sagt er.
»Sudoku? Ach, danke! Das stimmt.«
»Ich weiß nicht, wie gut du schon bist, darum hat es alle drei Schwierigkeitsgrade.«
Als Rita am nächsten Abend gerade aus der Damentoilette kommt, steht Clayton da und hält sie auf. Er trägt Rasierwasser, einen Duft, der so süß ist, dass sie niesen muss.
Sie weicht zur Seite hin aus. Er auch.
Er drückt sie gegen die Wand. »Ich will dich«, sagt er.
»Wie bitte?«, sagt Rita.
Sie duckt sich unter seinem Arm hindurch und entschlüpft ihm. Er folgt ihr.
»Ständig muss ich an dich denken, ich kann nicht aufhören.«
»Bitte versuch es.«
»Es geht nicht. Du bist so …« Beinahe verliert er die Nerven, aber dann
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