Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Ewigkeit zusammen, seit sie angefangen hat, für seine Werkstatt die Buchhaltung zu machen.«
»Wie alt ist er denn?«
»Schwer zu sagen bei Gil, er hat sich ziemlich gut gehalten. Macht auch viel Sport. Ich weiß nicht. Auf jeden Fall jünger als meine Mutter.«
May streckt den Kopf über das Geländer. »Ich habe das ernst gemeint, führ sie noch nicht herum.«
Sie stehen wartend neben der Eingangstür und wissen beide nicht, was sie sagen sollen, Tim, weil das so ein bedeutsamer Anlass ist, Tracee aus dem gleichen Grund und weil sie einen Knoten im Magen hat.
Verstohlen wirft sie einen Blick ins Wohnzimmer. »So chic und elegant, das kannst du dir kaum vorstellen«, sagt sie in ihrer Vorstellung zu Lana. »Weiße Wände, ein großes Fenster auf der Vorderseite, und es sieht aus, als wären die Blumen auf der Veranda – diese roten Hängeblumen – eigentlich drinnen.« Sie stellt sich sogar vor, wie Lana sie spöttisch ansieht, und wie sie selbst betont, sie wisse, was modisch sei, sie könne das beurteilen, bei Clarkson habe sie jede Menge Wohnzimmer gesehen. Auf dem gestreiften Teppich stehen Korbmöbel mit großen, roten, quadratischen Kissen, was erklärt, warum Tim die am liebsten mag, und es gibt Sonnenblumen. Tracee zählt drei volle Vasen. Das Zimmer ist aufgeräumt, aber jede verfügbare Oberfläche, mehrere Tischchen und ein dreiteiliges Regal an der Wand sind vollgestellt mit Dingen und Fotografien, die, wie sie noch erfahren wird, alle eine besondere Bedeutung haben.
In Clogs, Bluejeans und einem Oversize-T-Shirt, das für Gils Werkstatt wirbt, kommt May klappernd die Treppe herunter. Sie ist jetzt geschminkt, hat ihr welliges, schulter langes Haar gebürstet und hellorangen Lippenstift aufgetragen. »Meine Augenbrauen sind dran, aber meine Wimpern nicht. Ich hoffe, das stört dich nicht.«
Sie nimmt Tracee mit auf eine Tour durch die Reihe von Tim-Schnappschüssen von der frühen Kindheit – May erschöpft in einem Krankenhausbett, im Arm das flauschhaarige Neugeborene – bis zu seinem Abschluss am Community College in Raleigh. Grinsend steht Tim mit Kappe und Umhang neben Gil, dessen muskulöser Körper die Nähte eines engen schwarzen Anzugs ausdehnt, und neben seiner Mutter, sehr chic im türkisfarbenen Minikleid und mit Sonnenbrille, die Haare vom Wind nach hinten geweht. Beim Anblick eines Fotos von Tim als Kleinkind, das auf den Schultern seines Vaters sitzt, würde Tracee am liebsten heulen. Sein Vater trägt Uniform, und Tim hält sich am Kopf seines Vaters fest und zerdrückt ihm die Mütze. Es gibt auch einen Aschenbecher aus Ton, den Tim in der dritten Klasse gemacht hat, mit einem Tonklumpen in der Mitte, der, wie May erläutert, einen Baum darstellen soll, eine herzförmige rote Bonbonschachtel mit Filzdeckel und eine kleine Holzschachtel, auf der »Für meine Mom« eingebrannt ist. »Werken mit Holz – wie alt warst du da?«
»Ich weiß nicht«, erwidert Tim. »Vielleicht zehn.«
Tracee ist besonders angetan von einem Foto, das Tim als Teenager zeigt. Auch wenn sie es nicht formulieren kann, erkennt sie an diesem Foto, wie ähnlich Tim und sie sich sind. Der Anblick von Tim im Footballdress zwischen den Torstangen, die Schulterpolster wie riesige Gewichte auf seinem schmalen Körper, das Gesicht im Schatten unter dem großen Helm kaum zu erkennen, überschwemmt sie mit einer neuen Welle der Zuneigung und einem Gefühl der Zugehörigkeit.
»Ich habe die Ersatzbank warm gehalten«, sagt Tim.
»Er hat zweimal gespielt, hör nicht auf ihn.«
Tracee greift nach einem großen Farbfoto in einem Silberrahmen. Sie kann nicht glauben, was sie sieht: May Wilson, jünger als Tracee, wie sie in einem weißen Badeanzug mit einem Krönchen auf dem Kopf posiert, quer über dem Körper ein Band, auf dem »North Carolina« steht.
»Wahnsinn«, sagt Tracee.
»Lang, lang ist’s her«, sagt May.
»Sie waren wirklich Miss North Carolina?«
May zeigt das gleiche strahlende Lächeln wie auf dem Foto.
»Sie waren so umwerfend schön, Sie sind es immer noch. Darf ich Ihr Autogramm haben?«
»Du hast doch meinen Sohn, reicht das denn nicht?« May lacht. Sie hat eine helle, laute Stimme, und auch ihr Lachen ist laut, als hätte sie keine Angst davor, überall gehört zu werden.
Tracee wirft Tim einen Blick zu, um zu sehen, ob es ungehörig war, nach einem Autogramm zu fragen, aber er strahlt nur, weil seine Mutter und Tracee einander mögen. »Haben Sie sich auch als Miss Universe
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