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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Autoren: Delia Ephron
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beworben?«, fragt Tracee.
    »Miss America«, sagt Tim.
    »Ich bin schon in der ersten Runde rausgeflogen. Singen musste ich gar nicht mehr. Was war ich froh darüber, ich hatte panische Angst davor.«
    »Konnten Sie das besonders gut?«
    »Ich wollte ›Moon River‹ singen, das ist so ein schönes Lied. Ich sang es so zwitschernd, einsam und traurig. Stundenlang habe ich geübt. Kennen Sie den Song?«
    Tracee schüttelt den Kopf.
    »Kommt, wir essen Pfannkuchen.« May scheucht sie in die Küche. »Tim, deck den Tisch. Tracee, Sie setzen sich ganz entspannt hin. Die Sponsoren, Betreuer, ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll – sie schubsen die Teilnehmerinnen nach Belieben herum –, fanden, ich sollte ›Moon River‹ singen, weil es ein ungewöhnliches Lied ist und eine Geschichte erzählt. Mein Vater hat es mir beigebracht, als ich noch ganz klein war. Sie sagten, es sei besser als ›Stand By Your Man‹. Wer weiß, ich hab ja dann keins von beiden gesungen.«
    »Wenn ich das Lana erzähle!«, sagt Tracee. Bestimmt nennt Lana Tim nicht mehr Landei, wenn sie von seiner Mutter erfährt.
    »Wer ist Lana?«
    »Meine beste Freundin.«
    »Tim, Liebling, hol mal die Pfanne raus.« May löffelt Mehl aus einem Gefäß und macht sich geschickt daran, den Teig zusammenzurühren. »Diese neue Pfanne habe ich über Kartenpunkte bekommen. Ich habe darauf gewartet, dass du heimkommst, um sie auszuprobieren.« Mit einem Messer knackt sie die Eier auf und verrührt sie mit der Gabel. »Ist noch Buttermilch da? – Gott sei Dank, da ist welche. Und nimm die Butter vom Feuer, ehe sie verbrennt. Tim hat mir erzählt, wie beliebt Sie sind.«
    »Ich?«
    »Sie ist der Liebling aller«, sagt Tim.
    »O nein, das ist Rita!«
    »Hey, du bist die Beliebteste im Lion, das weiß doch jeder!«, sagt Tim.
    Könnte das wirklich sein?, überlegt Tracee.
    »Ich bin jedenfalls froh, dass das Geschäft gut läuft«, sagt May. »Endlich hat Clayton mal ein bisschen Glück.«
    Sie lässt den Teig vom Löffel tropfen, scheint der Meinung zu sein, dass er fertig ist, und schaltet die Herdplatte unter der Pfanne an. »Jetzt warten wir«, sagt sie. »Nichts ist schlimmer als ein Pfannkuchen aus einer Pfanne, die nicht richtig heiß war.« Sie stellt einen hohen Krug mit kaltem Tee auf den Tisch und bietet auch Bier an. Tim nimmt eines. »Pfannkuchen und Bier, warum nicht?«, sagt May. Tracee ist froh, dass Tims Mutter das Gespräch am Laufen hält, denn sie hat Angst, etwas Falsches zu tun oder zu sagen, auch wenn sie nicht weiß, was in so einer freundlichen Umgebung falsch sein könnte.
    »Ich habe immer Glücksrad geschaut«, erzählt May, »und hab mir so sehr gewünscht, wie Vanna White zu werden, die Moderatorin. Sie hat eine so atemberaubende Karriere gemacht, und womit? Bloß mit gutem Aussehen. Ich dachte, die Schönheitswettbewerbe könnten ein Weg dorthin sein. Ich würde Geld gewinnen, berühmt werden und die Welt sehen. Nach Ägypten wollte ich und den Nil hinunterfah ren. Und auf Safari gehen. Dann wurde ich Miss North Carolina und verbrachte ein Jahr damit, Vorträge zu halten, Teenager zu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen, und auf Paraden vom Wagen zu winken. Tims Vater habe ich auf einem Erntedankfest in Raleigh kennengelernt. Und ehe ich mich’s versah, hatte ich eine Familie. Tim, du wolltest immer Bärenpfannkuchen haben, und jetzt bringst du Tracee nach Hause. Wo ist bloß die Zeit geblieben?«
    »Was ist ein Bärenpfannkuchen?«, will Tracee wissen.
    »Ein großer Pfannkuchen und zwei kleine für die Ohren«, sagt May. »Ich mach Ihnen einen.«
    Als sie später in Tims Zimmer in seinem engen Einzelbett unter einem Star-Wars-Poster liegen, sagt Tracee staunend: »Davon hast du mir nie erzählt. Natürlich nicht, du bist ja so bescheiden. Also das ist deine Mom. Wenn ich eine Miss wäre, dann würde ich durchdrehen.«
    Sie schlafen ganz leise miteinander, um nicht gehört oder gestört zu werden. Ihre Körper bewegen sich nur sehr behutsam, sanft wie sich kräuselndes Wasser, und das Bemühen, in ihrer Leidenschaft nicht lebhafter zu werden, erhöht die Erregung. Der Höhepunkt ist ein Schauder, der nicht mehr aufzuhören scheint.
    Danach liegen sie beieinander, schweißverklebt und selig.
    Tracee stupst ihn an. »Tim, schlaf nicht ein. Du darfst hier nicht schlafen. Deine Mom hat dir das Sofa zurechtgemacht.«
    Tim stöhnt und zieht sie an sich.
    Sie würde ihm gern von ihrer tiefsten Angst erzählen, von ihren Eltern,
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