Drei Gräber bis Atlantis
kannst es Dir aussuchen. Entweder bleibst Du hier, oder du gehst mit…«
Was war besser? Darüber dachte ich nach. Er hatte zuletzt von der Zeit gesprochen, sie mit einer Folter verglichen und sie damit sogar gleichgesetzt.
Sollte das vielleicht heißen, dass mir die Zeit zum Verhängnis wurde? Bevor Deborah Vacaro sich umdrehte, um auf das rotglühende A zuzuschreiten, winkte sie mir noch einmal zu. »Komm lieber mit uns«, sagte sie. »Es ist besser für Dich…«
Dann gingen die drei. Sie drehten mir den Rücken zu, und ich blieb auf der Stelle stehen. Ihr Ziel war das große A.
Unter dem Querbalken, der die beiden Seiten miteinander verband, konnte ein Mensch bequem hindurchgehen. Ich verfolgte sie mit meinen Blicken. Deborah und Spilker, der Totengräber, hatten ihren Herrn und Meister eingerahmt. Er schritt wie ein kleiner König zwischen ihnen. Ich wartete noch immer…
Es dauerte nicht lange, da hatten sie den großen Buchstaben erreicht. Für einen Moment wirkte es auf mich so, als würden sie vor ihm stehen bleiben und sich alles anders überlegen, danach ging ein Ruck durch ihre Gestalten, und sie legten zügig die nächsten Schritte zurück, wobei sie schon sehr bald unter dem Querbalken standen und von dessen Widerschein angeleuchtet wurden.
Auf mich wirkte es so, als wollten sie sich ein letztes Mal umdrehen und mir zuwinken.
Das war nicht der Fall. Sie gingen, vielleicht schwebten sie auch, jedenfalls waren sie plötzlich nicht mehr zu sehen. Die vierte Dimension hatte sie verschluckt. Von den Mathematikern auch Zeit genannt… Ich blieb auf dem Friedhof zurück!
Allein zwischen den aufgebrochenen Gräbern, verlassen, mutlos und auf das große A, das Tor zur Zeit, starrend. Ich hatte in den letzten Sekunden hin und her überlegt, ohne zu einem Resultat gelangt zu sein. Noch immer wusste ich nicht, was ich unternehmen sollte. Was war hier richtig, was war falsch? Würde ich durch das Tor nach Atlantis gelangen? Oder konnte es sein, dass mich eine andere Dimension vollends verschluckte?
Wie ich es drehte und wendete, eine Lösung war für mich nicht in Sicht, und ich dachte auch daran, dass der andere von meinen Freunden gesprochen hatte.
Bill und Suko mussten in der Nähe sein.
Möglicherweise hatte diese Tatsache bei mir den Ausschlag des Zögerns gegeben. Wenn sie sich in diesem Kellerraum aufhielten, konnte es ihnen vielleicht gelingen, mir zu helfen. Zuvor musste ich sie finden, und auch sie mussten mich finden.
Nur wusste ich nicht den Weg zu diesem Ziel.
Zwar befand ich mich in der Nähe meiner Freunde, aber leider nicht bei ihnen. Die räumliche Trennung musste überwunden werden. Ich befand mich als menschliches Wesen oder menschliche Figur auf einem Spielfeld. Wenn ich zum Spielfeldrand gelangte, gab es für mich vielleicht eine Chance, obwohl ich nicht so recht daran glauben wollte, weil das Spielfeld ebenfalls noch unter einem magischen Einfluss stand und es eigentlich nur diesen einen Weg gab. Den durch das Tor in die Vergangenheit.
Was mich da erwartete und ob es von dort eine Rückkehr für mich gab, war mehr als fraglich, deshalb setzte ich meinen ersten Gedanken in die Tat um und schritt nach rechts auf den Rand des Spielfeldes zu. Ich ging kurzerhand geradeaus. Irgendwann musste ich den Rand erreichen, dort konnte ich weitersehen.
Es gab überhaupt keinen Unterschied zu einem normalen Friedhof. Kleine Wege, Büsche, Bäume, Abgrenzungen, die natürlich gewachsen waren, bildeten das Muster.
Eine weiche Erde lag unter mir. Manchmal sank ich bis zu den Knöcheln ein. Wenn ich einen Blick in die Höhe warf, sah ich das schwache, aber breit gefächerte Licht der Deckenleuchte. Dennoch kam sie mir vor, als wäre sie meilenweit entfernt und würde in einer vollkommen anderen Welt liegen.
Noch ein Problem gab es. War ich tatsächlich wieder einmal verkleinert worden, wie durch Samarans Todeswasser vor nicht allzu langer Zeit, oder besaß ich noch meine normale Größe und erlebte nur alles in anderer Perspektive mit?
Das große A lag links von mir. Solange es dort über dem Friedhof schwebte, war alles in Ordnung. Da leuchtete es rot, und das Tor zur Vergangenheit stand offen. Wenn es aber verschwand, musste ich auf dem Friedhof bleiben und konnte ebenfalls zu einem Opfer der Zeit werden, die für Mason Oriol das Wichtigste überhaupt war. Ich erreichte schließlich den Rand des Spiels und merkte sofort meine Grenzen.
Eigentlich hätte ich jetzt in den Keller blicken
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