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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Helena es je erfuhr. Ich wusste immer noch nicht, wie sie reagieren würde, wenn sie hörte, dass ihr vermisster Onkel Publius tot in dem Lagerhaus liegen blieb, bis er regelrecht gärte, und dann in die Kloake geschubst worden war, und das von mir … Inzwischen dachte ich, ich sei sicher. Ich hatte mir eingeredet, sie nie mit der Wahrheit konfrontieren zu müssen.
     
    Trotzdem hatte ich meine Gedanken wohl zu lange schweifen lassen. Hier, in Glaucus’ Gymnasium, befand ich mich auf vertrautem Gelände. Als Ermittler lernt man, sich gerade in solchen Situationen nie zu entspannen. Orte, an denen man bekannt ist, sind solche, zu denen üble Charaktere kommen, um einen zu finden. Und als ich die Gruppe bemerkte, die dort draußen heute auf mich wartete, war ich bereits an ihr vorbeigegangen und hatte den Kerlen Zeit gegeben, aus dem Gebäckladen zu kommen, so dass sie über mir auf den Stufen standen.
     
     
    Ich hörte das Klappern von Stiefelsohlen.
     
    Ich blieb nicht stehen. Statt mich umzudrehen, damit ich sehen konnte, wer hinter mir war, machte ich drei schnelle Schritte und sprang mit einem gewaltigen Satz hinunter auf die Straße. Dann drehte ich mich um.
     
    Es waren ziemlich viele. Ich zählte sie nicht. Etwa vier oder fünf, die aus dem Gebäckladen kamen, gefolgt von weiteren, die aus der Bibliothek strömten. Ich hätte um Hilfe geschrien, bemerkte aber aus dem Augenwinkel, dass der Ladenbesitzer bereits ins Gymnasium huschte.
     
    »Bleibt stehen, wo ihr seid!« Es war einen Versuch wert. Sie hielten kurz inne.
     
    »Bist du Falco?«
     
    »Gewiss nicht!«
     
    »Er lügt.«
     
    »Beleidigen Sie mich nicht. Ich bin Gambaronius Philodendronicus, ein bekannter Mullbindenfalter hier aus der Gegend.«
     
    »Das ist Falco!« Sie hatten es erfasst.
     
    Es handelte sich eindeutig nicht um einen fröhlichen Ausflug von Philosophiestudenten. Das hier waren raue Burschen. Widerborstig. Unbekannte Gesichter mit Kämpferaugen, von denen die Bedrohung herabrieselte wie Haarschuppen. Ich saß fest. Ich konnte wegrennen, aber sie würden mich einholen. Ich konnte ihnen die Stirn bieten, was noch viel dümmer war. Waffen waren nicht zu sehen, doch sie hatten sie wahrscheinlich unter ihrer dunklen Kleidung verborgen. Sie waren wie Männer gebaut, die auch ohne zusätzliche Ausrüstung eine Menge Schaden anrichten konnten.
     
    »Was wollt ihr?«
     
    »Dich, wenn du Falco bist.«
     
    »Wer hat euch geschickt?«
     
    »Florius.« Sie lächelten. Es war kein hübsches Lächeln und auch kein freundliches.
     
    »Dann habt ihr den Falschen erwischt; ihr wollt Petronius Longus.« Seinen Namen zu nennen war meine einzige Chance. Er war größer als ich, und es gab die schwache Hoffnung, dass ich ihn irgendwie warnen konnte.
     
    »Bei Petronius waren wir schon«, wieherten sie. Ich erstarrte. Nach seiner Wache letzte Nacht beim Circus hatte er wahrscheinlich allein im Büro geschlafen. Wenn Petronius todmüde war, schlief er wie ein Stein. In der Armee hatten wir darüber gewitzelt, dass ihn wilde Bären von den Füßen aufwärts verspeisen konnten und er es erst merken würde, wenn sie ihn hinter den Ohren kitzelten.
     
    Ich wusste, was das hier für eine Strafkompanie war. Ich hatte schon mal einen Mann gesehen, der auf Befehl von Milvias Mutter zusammengeschlagen worden war. Er war tot, als man ihn fand, und er musste darum gebetet haben, lange bevor er ohnmächtig wurde. Diese Schläger arbeiteten für die Familie; ich hatte keinen Grund zu glauben, dass Milvias Mann mehr Skrupel hatte als ihre Mutter. Verzweifelt versuchte ich die Vorstellung zu verdrängen, wie Petro einen solchen Angriff überstanden haben mochte.
     
    »Habt ihr ihn umgebracht?«
     
    »Das heben wir uns fürs nächste Mal auf.« Die Terrortaktik. Das Opfer so zusammenzuschlagen, dass es wehtut, und ihm dann Tage oder Wochen Zeit zu lassen, an seinen kommenden Tod zu denken.
     
    Sie waren aufeinander eingespielt. Die Meute hatte sich verteilt. Jetzt kamen sie von zwei Seiten angeschlichen, um mich einzukreisen. Ich zog mich langsam zurück. Die Freitreppe vor dem Gymnasium war steil; ich wollte sie von dort forthaben. Rasch warf ich einen Blick hinter mich und war zum Kampf bereit.
     
    Als sie auf mich zustürmten, sah ich den einen an, sprang aber auf einen anderen zu. Ich stürzte mich in die Meute, hielt mich tief und packte den Kerl um die Knie. Das brachte ihn zu Fall. Ich rollte mich über ihn und warf mich ein paar Stufen hinauf.

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