Drei Hände Im Brunnen
mit dem Tunichtgut in der Campania gewesen. Die Weinlese mit Petronius auf den Höfen verschiedener Verwandter hatte mich gelehrt, wie er sich seine Rekonvaleszenz dachte: Petros Vorstellung eines netten Landurlaubs bestand darin, mit einem Steinkrug voller Latiumwein unter einem Feigenbaum zu liegen und die Arme um ein dralles Bauernmädchen zu schlingen.
Als Letztes mussten wir hinüber zur Porta Capena, um uns von Helenas Familie zu verabschieden. Ihr Vater war ausgegangen und hatte seinen ältesten Sohn zum Stimmenfang bei ein paar anderen Senatoren mitgenommen. Ihre Mutter zeigte dem Baby gegenüber ein ungewöhnliches Maß an Zärtlichkeit, was darauf hindeutete, dass sie mit anderen Mitgliedern ihrer Familie nicht zufrieden war. Claudia Rufina wirkte sehr ruhig. Und Justinus tauchte nur kurz mit ernstem Gesicht auf und verschwand dann wieder. Julia Justa teilte Helena mit, dass er sich nicht mit der Idee anfreunden wollte, dem Senat beizutreten, obwohl sein Vater sich schwer verschuldet hatte, um die Wahlgelder zur Verfügung zu stellen. Der Sohn war jetzt dazu verdonnert worden, eine Bildungsreise ins Ausland zu machen.
»Wohin denn, Mama?«
»Ganz egal«, erwiderte die noble Julia mit fast zu viel Nachdruck. Wir hatten das Gefühl, dass uns nur die halbe Geschichte erzählt wurde, aber alle wurden an so kurzem Zügel gehalten, dass es keine Gelegenheit für einen Privatschwatz gab.
»Na ja, er wird wohl nicht vor Aulus’ und Claudias Hochzeit abreisen«, tröstete sich Helena. Justinus war ihr Liebling, und sie würde ihn vermissen, wenn er aus Rom exiliert wurde.
»Claudias Großeltern sollen in zwei Wochen hier eintreffen«, meinte ihre Mutter. »Man tut sein Bestes.« Julia Justa klang niedergeschlagener und erschöpfter als gewöhnlich. Ich hatte sie immer für eine gescheite Frau gehalten. Sie war eine Seltenheit unter den Patriziern, eine gute Ehefrau und Mutter. Sie und ich hatten unsere Differenzen, aber nur, weil sie nach hohen moralischen Maßstäben lebte. Falls sie mit einem ihrer Söhne Schwierigkeiten hatte, besaß sie mein Mitgefühl. Sie würde nicht wollen, dass ich ihr meine Hilfe anbot.
In der Hoffnung, herauszufinden, was los war, versuchte ich den Senator in Glaucus’ Gymnasium aufzuspüren, aber Camillus Verus war nicht da.
Einen Tag später hatten wir uns alle in Tibur einquartiert. Frontinus war bei Patrizierfreunden in einer luxuriös ausgestatteten Villa mit herrlicher Aussicht untergekommen. Helena und ich hatten einen kleinen Bauernhof draußen auf der Ebene gemietet, nur ein paar Außengebäude, angeschlossen an ein rustikales Wohnhaus. Wir brachten Petro in der Junggesellenbude über der Scheune unter, wo die Traubenpresse aufgestellt worden wäre, wenn es eine gegeben hätte, während seine Tante ein Zimmer auf demselben Flur hatte wie wir. Sedina hatte darauf bestanden, mitzukommen, um ihren Liebling Petronius weiter zu pflegen. Petronius war stinkwütend, aber es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Das war’s dann wohl mit seinen romantischen Vorhaben. Er wurde verwöhnt, betuttelt – und überwacht.
»Das ist die reinste Bruchbude hier, Falco.«
»Du wolltest ja mitkommen. Aber du hast Recht. Wir könnten das Ding vermutlich für wenig mehr als die Miete kaufen, die wir bezahlen.«
Gefährliche Worte.
»Das ist eine gute Idee«, sagte Helena, die unerwartet um die Ecke kam. »Damit können wir den Erwerb italienischen Landbesitzes beginnen, um bereit zu sein, wenn du dich entschließt, dich für einen höheren Rang zu qualifizieren. Dann können wir mit ›unserer Sommerresidenz in Tibur‹ angeben.«
Ich war alarmiert. »Ist es das, was du willst?«
»Oh, ich will nur das, was du willst, Marcus Didius.« Helena lächelte verschmitzt. Sie hatte meine Frage nicht beantwortet, wie sie durchaus wusste.
Sie sah bereits ausgeglichener und weniger erschöpft aus als in Rom, und so antwortete ich ihr nicht ganz so mürrisch, wie ich vorgehabt hatte. »Selbst um meine Schwester Junia mit ihren hochgestochenen Ambitionen zu ärgern, würde ich mein gutes Geld nicht in irgendwas so Mitleiderregendes wie das hier investieren.«
»Es ist gutes Land, mein Junge«, meinte Petros Tante, die mit einem Bündel schlaffen Grünzeugs in ihrer Stola angewatschelt kam. »Da hinten wachsen wunderbare Nesseln, aus denen ich einen köstlichen Topf Suppe für uns kochen werde.« Wie alle Stadtbewohnerinnen kam
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