Drei Hände Im Brunnen
nicht funktionieren würde. Früher oder später würden wir uns zusammenraufen und den Zweiflern beweisen, dass sie sich irrten.
Außerdem waren Petro und ich schon seit unserem achtzehnten Lebensjahr Freunde. Um uns zu entzweien, war mehr als ein dussliges junges Gör nötig.
»Du klingst wie seine Frau«, spottete Helena.
»Nein, tu ich nicht. Seine Frau hat ihm gerade gesagt, er soll sich nach Mesopotamien verpissen und dann mit einem Sack über den Kopf in den Euphrat springen.«
»Ja, ich hörte, dass sie diese Woche wieder eine liebenswürdige kleine Plauderei hatten.«
»Silvia hat ihm ein Scheidungsbegehren gebracht.«
»Maia erzählte mir, Petro habe es ihr an den Kopf geworfen.«
»Es ist nicht notwendig, dass sie es ihm überbringt.« Die gegnerische Partei zu informieren war eine reine Höflichkeitsgeste. Verbitterte Frauen konnten die Sache immer zu einem Drama ausweiten. Besonders Frauen, die eine ansehnliche Mitgift zurückzufordern hatten. »Sie hat ihn rausgeschmissen und sich geweigert, ihn wieder ins Haus zu lassen. Das reicht als Beweis für ihre Absicht, sich von ihm zu trennen. Wenn sie noch länger getrennt leben, wird die Mitteilung überflüssig.«
Petronius und Silvia hatten einander schon früher verlassen. Das dauerte normalerweise ein oder zwei Tage, bis derjenige, der wütend aus dem Haus gestürmt war, zurückkehrte, um die Katze zu füttern. Diesmal hatte der Bruch vor Monaten begonnen. Inzwischen hatten sie sich tief eingegraben. Sie hatten Palisaden errichtet und ihre Stellung mit dreifachen Gräben voller Eisenspitzen gesichert. Einen Waffenstillstand zu erreichen würde schwierig sein.
Statt mich von dem Misserfolg entmutigen zu lassen, zwang ich mich, Arria Silvia aufzusuchen. Auch sie hatte gehört, dass ich bei Milvia gewesen war. Sie jagte mich gleich wieder weg.
So war auch dies ein weiteres vergebliches Bemühen, das die Sache nur noch schlimmer machte. Da Petro sich weigerte, mit mir zu sprechen, brauchte ich mir wenigstens nicht anzuhören, was er von meiner Friedensmission zu seiner Frau hielt.
Inzwischen war es September. Petro und ich hatten unseren Krach am ersten Tag des Monats, den Kalenden, gehabt, die, wie Helena mich sarkastisch hinwies, das Fest des Donnergottes Jupiter waren. Offenbar hatten Passanten in der Brunnenpromenade, die den Meinungsaustausch zwischen Petro und mir mitbekommen hatten, geglaubt, der Gott habe sich permanent auf dem Aventin niedergelassen.
Drei Tage später begannen, ebenfalls zu Ehren von Jupiter Tonans, die Römischen Spiele.
Die beiden jungen Camilli-Brüder benutzten ihren aristokratischen Einfluss – was hieß, sie kratzten eine Menge Sesterzen zusammen –, um gute Karten für den ersten Tag zu besorgen. Es gab immer Leute mit Schulden, die ihre reservierten Plätze an Schwarzhändler verhökerten, oder Nachfahren militärischer Helden, die ihre ererbten Plätze verkauften. Nachfahren von Helden pflegen Söldner zu sein – im Gegensatz zu den Helden selbstverständlich. Also besorgten Helenas Brüder Plätze und nahmen uns freundlicherweise mit. Für mich war es eine äußerst angenehme Abwechslung, einen Sitzplatz mit guter Sicht zu haben, statt mich auf die unreservierten Ränge quetschen zu müssen.
Die junge Claudia Rufina sollte formell in den Circus von Rom eingeführt werden. Zuzuschauen, wie sich Horden von Gladiatoren aufschlitzten, während der Kaiser leise in seiner vergoldeten Loge schnarchte und die besten Taschendiebe der Welt die Menge beklauten, würde ihr zeigen, in was für eine zivilisierte Stadt ihre geplante Vermählung sie gebracht hatte. Da sie ein liebenswürdiges Mädchen war, gab sie sich Mühe, überwältigt auszusehen.
Es gelang uns, Kissen und große Taschentücher mit reinzuschmuggeln, die wir als Kopfbedeckung verwenden konnten (was einst verboten war, aber jetzt hingenommen wurde, wenn man sie diskret benutzte). Wir sahen uns die Parade und die Wagenrennen an, verkrümelten uns fürs Mittagessen, während die minderwertigen Gladiatoren ausgebuht wurden, und blieben dann bis zur Dunkelheit. Helena verbrachte den Nachmittag mit Julia zu Hause, schloss sich uns aber für die letzten ein oder zwei Stunden wieder an. Nett zu sein wurde zu anstrengend für Aelianus, und er verließ uns am frühen Abend, doch seine Verlobte hielt mit Helena, Justinus und mir bis zum Schluss durch. Wir schlüpften während des letzten Kampfes
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