Drei Hände Im Brunnen
Flaccida ausgehen wird.«
Milvias Mutter. Was die Sache für Petro trotzdem nicht besser machte, weil Cornelia Flaccida bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn lebte. Sie war gezwungen worden, bei ihnen einzuziehen, als Petronius ihren Verbrecher-Ehemann überführte und dessen Besitz konfisziert wurde. Ein Grund mehr, nicht mit dem reizenden Häschen anzubandeln, wenn Petro seine Sinne beisammen gehabt hätte. Milvias Vater war ein Schweinehund gewesen, aber ihre Mutter war noch gefährlicher.
»Wann«, wollte Fusculus in seiner fröhlichen Art wissen, »können wir also damit rechnen, dass du dir Balbina Milvia vorknöpfst, dieses zarte Pflänzchen aus der Unterwelt, und sie überredest, unseren verehrten Chef in Ruhe zu lassen?«
Ich stöhnte. »Warum muss ich immer die Drecksarbeit machen?«
»Warum bist du Privatschnüffler geworden, Falco?«
»Petronius ist mein ältester Freund. Ich kann das nicht hinter seinem Rücken tun.«
»Natürlich nicht.« Fusculus grinste.
Eine Stunde später betätigte ich den großen bronzenen Antilopentürklopfer, der den Pförtner an die Tür des verschwenderischen Heims von Milvia und Florius rief.
XX
Sollte ich jemals eigene Sklaven erwerben, wird darunter keinesfalls ein Pförtner sein. Wer will schon einen faulen, stoppelbärtigen, rattenärschigen, überheblichen Kerl in seinem Flur rumstehen haben, der höfliche Besucher beleidigt – vorausgesetzt, er kann sich überwinden, sie überhaupt einzulassen? Auf der Suche nach Verdächtigen verbringt ein Ermittler mehr Zeit als andere Leute damit, sich mit dieser verabscheuungswürdigen Rasse herumzuschlagen, und ich war es gewöhnt, in Rage zu geraten, bevor ich in eines der besseren Häuser eingelassen wurde.
Milvias war sogar schlimmer als die meisten. Sie hielt sich nicht nur den üblichen unverschämten Rotzlöffel, der schnellstens zurück zu seinem Soldatenspiel gegen den Unterkoch wollte, sondern einen zwergenhaften Exgangster namens Klein Ikarus, den ich zuletzt gesehen hatte, als er von den Vigiles bei einem gewaltigen Kampf in einem berüchtigten Bordell zu Brei geschlagen wurde. Bei diesem Kampf hatte sich auch sein Kumpel, der Müller, von einem wild gewordenen Magistratsliktor, dem es wurscht war, was er mit seiner zeremoniellen Axt anstellte, beide Füße an den Knöcheln abhauen lassen. Klein Ikarus und der Müller waren mörderische Schläger. Wenn Milvia und Florius vorgaben, eine nette Mittelschichtsfamilie zu sein, dann hätten sie sich andere Angestellte suchen sollen. Offenbar hatten sie es nicht mehr mit dem Vorgeben.
Klein Ikarus war schon grob zu mir, bevor er sich daran erinnerte, wer ich war. Danach sah er wütend aus, als hätte er vor, mir seinen Kopf in meine Manneszier zu rammen (weiter hoch kam er nicht). Als er als Milvias Janus eingesetzt worden war, hatte ihm jemand die Waffen abgenommen; vielleicht betrachtete ihre Mutter das als die richtige Methode, ihn handzahm zu machen. Die Tatsache, dass der Schläger eines Gangsters hier Türstopper war, sagte genug darüber aus, was für ein Haushalt dies war. Es sah alles recht prächtig aus. Rechts und links neben der Eingangstür standen die üblichen Topfrosenbüsche, und das Atrium im Inneren war voll mit guten Kopien griechischer Statuen. Aber jedes Mal, wenn ich hierher kam, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ich wünschte, ich hätte jemandem – egal, wem – von meinem Besuch hier erzählt. Jetzt war es zu spät; ich hatte mir bereits meinen Weg nach drinnen erkämpft.
Milvia schien ganz begeistert zu sein, mich zu sehen, was nicht an meinem Charme lag.
Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, was Petro dazu bewegte, sich mit diesem Miniaturpüppchen einzulassen – große vertrauensvolle Augen und kleine Piepsstimme, und unter der aufgesetzten Unschuld bestimmt ebenso falsch und hinterlistig wie die dreisten großen Mädchen, in die ich mich früher verknallt hatte. Balbina Milvia war ein unschätzbares Exemplar. Sie hatte dunkle Ringellocken, zusammengehalten von protzigen Goldkränzen, einen fest geschnürten Busen, der unter Lagen kostbaren Musselins hervorlugte, winzige Füße in glitzernden Sandalen – und natürlich auch ein Fußkettchen. Schlangenreifen mit echten Rubinen als Augen wanden sich um die bleiche Haut ihrer zarten Arme. Ganze Reihen von Filigranringen hingen schwer an ihren winzigen Fingern. Alles an ihr war so klein und glitzernd, dass ich mir wie ein
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