Drei Haselnuesse für Aschenbroedel
Blick nicht abwenden. Das Licht einer Fackel fiel auf den Prinzen, und in seinem Gürtel steckte etwas Rosenfarbenes. Der Schuh, den sie verloren hatte. Der Prinz griff danach, und sein Gesicht hellte sich auf.
âIch werde sie an ihrem Schuh erkennen.â Er streckte den Schuh in die Höhe. âWem dieser Schuh passt, wird meine Frau!â
Umgehend kniete er sich vor die Mägde auf den Boden und bedeutete ihnen, ihm ihre FüÃe zu zeigen. Die Erste zögerte noch.
âDen FuÃ!â, sagte der Prinz.
Die Magd schlüpfte aus ihren Holzpantinen und streckte den bloÃen Fuà aus. Der Schuh war zu klein.
âDie Nächste.â
Auch der Nächsten passte der Schuh nicht einmal annähernd.
âDie Nächste.â
So ging es weiter und weiter. Keiner passte der Schuh. Sogar Pavel drängte sich in die Reihe der Mägde. Irgendwoher hatte er sich Frauenkleider besorgt und streckte nun nach einem vornehmen Knicks dem Prinzen einen Fuà entgegen. Wieder brachen alle auf dem Hof in Gelächter aus. Rosie allerdings gab Pavel einen Schlag auf die Mütze, dass die ihm vors Gesicht rutschte. âMach bloÃ, dass du verschwindest, du elender Hanswurst!â
Der Prinz lieà den Spaà ungerührt über sich ergehen. Er hielt den Schuh in den Händen. âHaben ihn alle probiert?â
âHier ist noch ein FüÃchen!â, rief Pavel und bückte sich, um Rosies Bein nach vorn zu zerren.
âDu gib Ruhe!â, brummte Winzek, und Rosie verpasste Pavel noch einen Schlag auf den Kopf.
âWohnt hier wirklich keine andere?â, fragte der Prinz.
Winzek kratzte sich am Kopf. âAber ja doch, Königliche Hoheit. Das Aschenbrödel.â
âAschenbrödel?â Der Prinz hielt noch immer ihren rosenfarbenen Tanzschuh in der Hand.
âJa freilich!â, sagte Rosie. âDas Aschenbrödel!â
Aschenbrödel schlug das Herz bis zum Hals. Unten auf dem Hof tönten immer mehr Stimmen aus der Menge herauf.
âWo kann sie nur sein?â â âIch hab sie den ganzen Abend nicht gesehen.â â âAschenbrödel!â â âLauft und sucht sie!â
Bevor sie noch jemand am Fenster entdeckte, schloss Aschenbrödel es sachte und trat in ihre Kammer zurück.
Die Stimmen und Schritte auf dem Hof wurden leiser. Aschenbrödel zog den Mantel eng um sich, es war eisig kalt in ihrer Kammer. Sie schloss die Augen und stand ganz still.
Ihre Mutter wüsste, was nun zu tun wäre. Ihre Mutter würde sie in den Arm nehmen und auf die breite Bank am Kachelofen in der Stube ziehen. Dort würden sie warm und gemütlich sitzen, und Aschenbrödel könnte ihr das Herz ausschütten, das sie so in Verwirrung stürzte.
Ihre Mutter wüsste Rat.
Obwohl sie immer noch ganz still dastand, war Aschenbrödel auÃer Atem, als hätte sie sich gerade erst von Nikolausâ Rücken geschwungen.
Der Prinz suchte nach ihr.
Aber suchte er wirklich nach ihr oder suchte er nach einer Prinzessin?
Ihr Rätsel hatte er nicht lösen können. Doch vielleicht â vielleicht würde er sie in ihrer wahren Kleidung wiedererkennen. Aschenbrödels Hände zitterten, als sie den Mantel abstreifte. Der Prinz suchte nach einer Prinzessin in einem Ballkleid von der Farbe von Rosen, doch wenn er ihre Kammer erreichte, würde er eine Magd vorfinden, deren Wangen mit Asche beschmutzt wären. Und dieser Magd würde der Tanzschuh passen. Vielleicht wüsste der Prinz dann die Lösung des Rätsels.
Sie begann, ihr Kleid aufzuknöpfen â da waren Schritte auf der Treppe vor ihrer Kammer. Das konnte unmöglich schon der Prinz sein. Oder doch? Aschenbrödel schlich zur Tür und presste ein Ohr gegen das dicke Holz.
Eindeutig Schritte. Und sie kamen immer näher. Die Stimmen flüsterten miteinander. Ein Kichern. Ein âLeiseâ.
Aschenbrödel schrak von der Tür zurück. Sie kannte dieses Kichern: Dora. Und auch wenn sie die Stiefmutter noch nie flüstern gehört hatte, musste ihr die andere Stimme dort drauÃen auf der Treppe gehören.
Die Schritte kamen immer näher, lieÃen Aschenbrödel keine Wahl. Sie rannte zum Fenster und riss es weit auf. Der Boden schien unendlich fern.
Es würde schon gut gehen. So tief war es gar nicht.
Aschenbrödel setzte sich auf das Fensterbrett und zog die Beine hoch. Sie schloss die Augen.
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