Drei Kameraden
wollen Sie ihn selbst fahren oder mit Chauffeur?«
»Je nachdem.«
Je nachdem. Antworten gab der Mann wie ein Papagei. Er schien einem Orden schweigender Brüder anzugehören.
Um ihn aufzumuntern, versuchte ich, ihn irgend etwas probieren zu lassen. Gewöhnlich wurden Kunden zugänglicher dadurch. Ich fürchtete, daß er mir sonst einschlief.
»Das Verdeck geht für ein so großes Kabriolett besonders leicht«, sagte ich. »Versuchen Sie selbst einmal, es zu schließen. Sie können es mit einer Hand.«
Aber Blumenthal meinte, es wäre nicht nötig. Er sähe es schon. Ich warf die Türen krachend ins Schloß und rüttelte an den Griffen.
»Nichts ausgeleiert. Fest wie das Steuer. Probieren Sie.«
Blumenthal probierte nicht. Er fand es selbstverständlich. Eine verflucht harte Nuß.
Ich führte ihm die Fenster vor. »Spielend leicht zu kurbeln. Stehen auf jeder Höhe fest.«
Er rührte sich nicht.
»Dazu unzerbrechliches Glas«, fuhr ich, schon leicht verzweifelt, fort.
»Ein unschätzbarer Vorteil! In der Werkstatt drüben steht ein Ford...« Ich erzählte die Sache von der Frau des Bäckermeisters und schmückte sie noch etwas aus, indem ich ein Kind mit verunglücken ließ.
Aber Blumenthal hatte ein Innenleben wie ein Kassenschrank.
»Unzerbrechliches Glas haben alle Wagen«, unterbrach er mich, »das ist doch nichts Besonderes.«
»Unzerbrechliches Glas gehört bei keinem Wagen zur Serienausrüstung«, erwiderte ich mit sanfter Schärfe. »Höchstens bei einigen Typen die Vorderscheibe. Auf keinen Fall aber die großen Seitenfenster.«
Ich ließ die Hupen ertönen und ging zur Beschreibung des inneren Komforts über – der Koffer, der Sitze, der Taschen, des Schaltbretts –, ich ging bis in jede Kleinigkeit, ich reichte Blumenthal sogar den Zigarettenanzünder hin und benutzte die Gelegenheit, ihm eine Zigarette anzubieten, um ihn vielleicht damit etwas umzustimmen – aber er lehnte ab.
»Ich rauche nicht, danke«, sagte er und sah mich so gelangweilt an, daß mir plötzlich ein fürchterlicher Verdacht kam: vielleicht wollte er gar nicht zu uns, vielleicht hatte er sich nur geirrt und wollte etwas ganz anderes kaufen, eine Maschine, um Knopflöcher zu nähen, oder einen Radioapparat, und er stand hier nur ein bißchen unschlüssig herum, ehe er weiterging.
»Machen wir eine Probefahrt, Herr Blumenthal«, schlug ich schließlich, schon stark abgekämpft, vor.
»Probefahrt?« erwiderte er, als hätte ich Bahnhof gesagt.
»Ja, Probefahrt. Sie müssen doch sehen, was der Wagen leistet. Er liegt wie ein Brett auf der Straße. Wie auf Schienen. Und die Maschine zieht an, als wäre das schwere Kabriolett eine Flaumfeder...«
»Ach, Probefahrten...«, er machte eine wegwerfende Handbewegung, »Probefahrten zeigen nichts. Was am Wagen fehlt, merkt man immer erst hinterher.«
Natürlich, du gußeiserner Satan, dachte ich ärgerlich, oder meinst du, ich stoße dich mit der Nase drauf? »Na schön, dann nicht«, sagte ich und ließ alle Hoffnung fahren. Der Mann wollte nicht, das war klar.
Aber da wandte er sich plötzlich um, sah mir voll in die Augen und sagte leise und scharf und sehr rasch: »Was kostet der Wagen?«
»Siebentausend Mark«, erwiderte ich, ohne mit der Wimper zu zucken, wie aus der Pistole geschossen. Dieser Mann durfte nicht merken, daß ich auch nur einen Moment überlegte, das wußte ich. Jede Sekunde Zögern hätte tausend Mark gekostet, die er abgehandelt hätte. »Siebentausend Mark netto«, wiederholte ich fest und dachte: Wenn du jetzt
fünf bietest, hast du ihn weg.
Aber Blumenthal bot gar nichts. Er stieß nur ein kurzes Schnaufen aus. »Viel zu teuer!«
»Natürlich!« sagte ich und gab den Fall endgültig auf.
»Wieso natürlich?« fragte Blumenthal auf einmal ziemlich menschlich.
»Herr Blumenthal«, erwiderte ich, »haben Sie heutzutage schon mal jemanden getroffen, der auf einen Preis was anderes antwortet?«
Er sah mich aufmerksam an. Dann zog so etwas wie der Schimmer eines Lächelns über sein Gesicht. »Stimmt. Aber der Wagen ist wirklich zu teuer.«
Ich traute meinen Ohren nicht. Da war er ja endlich, der richtige Ton! Der Ton des Interessenten! Oder war das wieder ein neuer verfluchter Dreh?
In diesem Augenblick kam ein eleganter Stutzer durch das Hoftor. Er zog eine Zeitung aus der Tasche, verglich die Hausnummer noch einmal und schritt auf mich zu. »Ist hier der Cadillac zu
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