Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
Vom Netzwerk:
sagen kann.«
     Sie nickte und musterte mich weiter. »Kennen Sie ihn schon lange?« Das wird ja ein Examen, dachte ich und gab Auskunft, wie lange ich Otto schon kannte. Sie schien zufrieden zu sein. Pat kam heran. Sie hatte die Strümpfe heraufgezogen. Fräulein Müllers Blick wurde milder. Pat schien mehr Gnade vor ihr zu finden als ich. »Haben Sie noch Zimmer für uns?« fragte ich.
     »Wenn Herr Köster telegrafiert, bekommen Sie immer ein Zimmer«, erklärte Fräulein Müller und sah mich etwas abfällig an. »Sie bekommen sogar mein schönstes«, sagte sie zu Pat.
     Pat lächelte. Fräulein Müller lächelte auch. »Ich werde es Ihnen zeigen«, sagte sie.
     Beide gingen nebeneinander einen schmalen Weg entlang, der durch einen kleinen Garten führte. Ich trottete hinterher und schien ziemlich überflüssig zu sein, denn Fräulein
    Müller wandte sich nur an Pat.
     Das Zimmer, das sie uns zeigte, lag im unteren Stock. Es hatte einen eigenen Eingang vom Garten her. Das gefiel mir sehr. Es war ziemlich groß, hell und freundlich. An einer Seite, in einer Art von Nische, standen zwei Betten.
     »Nun?« fragte Fräulein Müller.
     »Sehr schön«, sagte Pat. »Prachtvoll sogar«, fügte ich hinzu, um mich einzuschmeicheln. »Und wo ist das andere?«
     Fräulein Müller drehte sich langsam zu mir herum. »Das andere? Was für ein anderes? Wollen Sie denn ein anderes? Gefällt Ihnen dieses nicht?«
     »Es ist einfach herrlich«, erwiderte ich, »aber...«
     »Aber?« sagte Fräulein Müller etwas spitz – »leider habe ich kein besseres als dieses.«
     Ich wollte ihr gerade erklären, daß wir zwei Einzelzimmer brauchten, da fügte sie schon hinzu: »Ihre Frau findet es doch sehr schön.«
     Ihre Frau – ich hatte das Gefühl, als wäre ich einen Schritt zurückgetreten. Aber ich hatte mich nicht von der Stelle gerührt. Vorsichtig warf ich einen Blick auf Pat, die am Fenster lehnte und ein Lachen unterdrückte, als sie mich so dastehen sah. »Meine Frau, gewiß...«, sagte ich und starrte auf das goldene Kreuz an Fräulein Müllers Hals. Es war nichts zu machen, ich durfte sie nicht aufklären. Sie wäre mit einem Schrei in Ohnmacht gefallen. »Wir sind nur gewohnt, in zwei Zimmern zu schlafen«, sagte ich. »Jeder in einem, meine ich.«
     Mißbilligend schüttelte Fräulein Müller den Kopf, »Zwei Schlafzimmer, wenn man verheiratet ist – das sind so neue
    Moden...«
     »Gar nicht«, sagte ich, bevor sie mißtrauisch werden konnte. »Meine Frau hat nur einen sehr leisen Schlaf. Und ich schnarche leider ziemlich laut.«
     »Ach so, Sie schnarchen!« erwiderte Fräulein Müller, als hätte sie sich das längst denken können.
     Ich fürchtete, sie würde mir jetzt ein Zimmer oben im zweiten Stock geben wollen, aber die Ehe schien ihr heilig zu sein. Sie öffnete die Tür zu einem kleinen Zimmer nebenan, in dem nicht viel mehr als ein Bett stand.
     »Großartig«, sagte ich, »das genügt vollkommen. Aber störe ich auch niemanden sonst?« Ich wollte wissen, ob wir hier unten für uns allein waren.
     »Sie stören niemand«, erklärte Fräulein Müller, und die Würde fiel plötzlich von ihr ab. »Außer Ihnen wohnt niemand hier. Die anderen Zimmer sind alle leer.« Sie stand einen Augenblick, dann raffte sie sich zusammen. »Wollen Sie hier im Zimmer essen oder im Speisezimmer?«
     »Hier«, sagte ich.
     Sie nickte und ging.
     »Na, Frau Lohkamp«, sagte ich zu Pat. »Da sitzen wir drin. Aber ich habe mich nicht getraut, der alte Teufel hatte so was Kirchliches an sich. Ich schien ihm auch nicht zu gefallen. Komisch, dabei habe ich sonst bei alten Damen immer Glück.«
     »Das war keine alte Dame, Robby. Das war ein sehr nettes, altes Fräulein.«
     »Nett?« Ich hob die Achseln. »Aber immerhin, Haltung hatte sie. Kein Mensch im Hause und dieses hoheitsvolle Benehmen!«
    »So hoheitsvoll war sie gar nicht...«
    »Gegen dich nicht.«
     Pat lachte. »Mir hat sie gut gefallen. Aber jetzt wollen wir die Koffer holen und die Badesachen auspacken.«

     Ich hatte eine Stunde geschwommen und lag am Strande in der Sonne. Pat war noch im Wasser. Ihre weiße Badekappe tauchte ab und zu zwischen dem blauen Schwall der Wellen auf. Ein paar Möwen kreischten. Am Horizont zog langsam ein Dampfer mit wehender Rauchfahne vorüber.
     Die Sonne brannte. Sie zerschmolz jeden Widerstand zu schläfrig gedankenloser Hingabe. Ich schloß die Augen und streckte mich lang aus. Der heiße Sand knisterte. Das

Weitere Kostenlose Bücher