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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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einmal baden.«
     »Das werden wir sehen«, sagte ich. »In Vorsätzen ist der Mensch immer groß. Im Ausführen nicht. Darin liegt sein Scharm.«

     Mit dem Baden abends wurde es nichts. Wir machten noch einen Gang zum Dorf und eine Fahrt mit dem Citroen durch die Dämmerung – dann wurde Pat plötzlich sehr müde und verlangte nach Hause. Ich hatte das schon oft bei ihr gesehen – dieses rasche Abfallen von strahlender Lebendigkeit zu jäher Müdigkeit. Sie hatte nicht viel Kraft und gar keine Reserven – dabei wirkte sie gar nicht so. Sie verbrauchte immer alles, was sie an Lebenskraft in sich hatte, und schien dann unerschöpflich zu sein in ihrer geschmeidigen Jugend – aber auf einmal kam dann der Augenblick, wo ihr Gesicht blaß wurde und ihre Augen sich tief verschatteten –, dann war es zu Ende. Sie wurde nicht langsam müde, sie wurde es von einer Sekunde zur andern.
     »Fahren wir nach Hause, Robby«, sagte sie, und ihre dunkle Stimme war noch tiefer als sonst.
     »Nach Hause? Zu Fräulein Elfriede Müller mit dem goldenen Kreuz auf der Brust? Wer weiß, was sich der Teufel inzwischen wieder ausgedacht hat.«
     »Nach Hause, Robby«, sagte Pat und lehnte sich müde an meine Schulter. »Es ist unser Zuhause.«
     Ich nahm eine Hand vom Steuerrad und legte sie um ihre Schultern. So fuhren wir langsam durch die blaue, neblige Dämmerung, und als wir schließlich die erleuchteten Fenster des kleinen Hauses erblickten, das sich in die flache Talmulde einschmiegte wie ein dunkles Tier, war wirklich etwas wie Nachhausekommen dabei.
     Fräulein Müller erwartete uns bereits. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt statt des schwarzen Wollkleides ein schwarzes Seidenkleid von gleichem, puritanischem Schnitt. Dazu statt des Kreuzes ein Emblem von Herz, Anker und Kreuz gleichzeitig – das kirchliche Symbol für Glaube, Hoffnung und Liebe.
     Sie war bedeutend freundlicher als nachmittags und fragte, ob es recht sei, daß sie als Abendessen Eier, kaltes Fleisch und geräucherten Fisch vorbereitet habe.
     »Na ja«, sagte ich.
     »Gefällt es Ihnen nicht? Es sind ganz frisch geräucherte Flundern.« Sie schaute mich etwas ängstlich an.
    »Gewiß«, sagte ich kühl.
     »Frisch geräucherte Flundern müssen herrlich schmecken«, erklärte Pat und blickte vorwurfsvoll zu mir herüber. »Ein richtiges Nachtessen, wie man es sich nur wünschen kann am ersten Tag an der See, Fräulein Müller. Wenn es noch ordentlich heißen Tee dazu gäbe...«
     »Doch, doch! Ganz heißen Tee! Gern! Ich lasse alles gleich bringen.« Fräulein Müller raschelte erleichtert eilig in ihrem Seidenkleid davon.
     »Magst du wirklich keinen Fisch?« fragte Pat.
     »Und wie! Flundern! Davon habe ich schon seit Tagen geträumt.«
     »Und dann tust du so erhaben? Das ist aber stark!«
     »Ich mußte ihr doch den Empfang von heute nachmittag
    heimzahlen.«
     »Ach du lieber Gott!« Pat lachte. »Daß du auch ja nichts ausläßt! Ich hatte das schon längst vergessen.«
     »Ich nicht«, sagte ich. »Ich vergesse nicht so leicht.«
     »Das solltest du aber.«
     Das Dienstmädchen kam mit dem Tablett. Die Flundern hatten eine Haut wie Goldtopas und rochen wunderbar nach See und Rauch. Es waren auch noch frische Garnelen dabei.
     »Ich fange an zu vergessen«, sagte ich schwärmerisch. »Außerdem merke ich, daß ich einen Riesenhunger habe.«
     »Ich auch. Aber gib mir erst rasch etwas heißen Tee. Es ist merkwürdig, aber mich friert. Dabei ist es doch ganz warm draußen.«
     Ich sah sie an. Sie war blaß, obschon sie lächelte. »Kein Wort jetzt über zu langes Baden«, sagte ich und fragte das Dienstmädchen: »Haben Sie etwas Rum?«
     »Was?«
     »Rum. Ein Getränk in Flaschen.«
     »Rum?«
     »Ja.«
     »Nee.«
     Sie glotzte ausdruckslos mit ihrem Vollmondsgesicht aus Kuchenteig. »Nee«, sagte sie noch einmal.
     »Gut«, erwiderte ich. »Macht auch nichts. Leben Sie wohl. Gott mit Ihnen.«
     Sie verschwand. »Welch ein Glück, Pat, daß wir weitsichtige Freunde haben«, sagte ich. »Lenz hat mir da heute morgen noch rasch beim Wegfahren ein ziemlich schweres Paket in den Wagen gestopft. Wollen mal
    nachsehen, was drin ist.«
     Ich holte das Paket aus dem Wagen. Es war eine kleine Kiste mit zwei Flaschen Rum, einer Flasche Kognak und einer Flasche Portwein. Ich hob sie hoch. »St.-James-Rum sogar! Auf die Jungens kann man sich verlassen!«
     Ich korkte die Flasche auf und goß Pat einen guten Schuß in den Tee.

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