Drei Maenner fuers Leben
Branson bei ihrem ersten Mal gewesen war.
»Das ist doch völliger Blödsinn.«
»Nein.« Gwen, die jetzt mit Naomi mitfühlen konnte, hob eine Hand. »Er will dich nicht drängen, nicht ein Mann wie Ian. Er hat Angst, etwas falsch zu machen, dich zu erschrecken oder dir wehzutun. Und wenn er sich so angezogen von dir fühlt, wie ich glaube, dürften ihm diese brüderlichen Gesten nicht leichtfallen. Er wartet darauf, dass du den ersten Schritt machst. Er möchte, dass du dir wirklich sicher bist. Dass es das ist, was du willst. Und genau so sollte es auch sein.«
Für zehn atemberaubende Sekunden starrte Naomi in drei grinsende Gesichter. »Ich dachte, er wäre in dieser Hinsicht einfach nicht mehr an mir interessiert, seitdem er weiß, dass ich keine Erfahrung habe.«
»Er würde eine Frau nie drängen, Naomi.« Laura nahm Naomis Hand und drückte sie. »Und je mehr er sich aus einer Frau macht, desto vorsichtiger wird er sein.«
»Glaubt ihr wirklich …« Naomi brach ab und lächelte verträumt vor sich hin.
»Oh, oh, Dr. Maguire, ich glaube, wir haben noch einen Fall von gaga.« Julia grinste und blinzelte ihren Cousinen zu. »Hoffentlich breitet sich da keine Epidemie aus.«
Es dämmerte bereits, als Naomi ihr Auto vor Ians Haus parkte. In allen Zimmern brannten Lampen und warfen ihren warmen Schein durch die Fenster. War er immer noch in seiner Bibliothek und räumte Bücher ein? Wartete er darauf, dass sie ihn anrief?
Oder wartete er darauf, dass sie kam?
Oder irrte sich seine Familie? War sie vielleicht für ihn doch nicht mehr als eine Freundin?
Vielleicht war er ja gar nicht allein.
Als sich dieser Gedanke in ihren Kopf stahl, umklammerte sie das Lenkrad fester. Er war so attraktiv, so charmant, so … Sie seufzte. Er verkörperte einfach alle guten Eigenschaften. Bestimmt gab es weit mehr als ein Dutzend Frauen, die er haben konnte. Er brauchte nur mit dem Finger zu schnippen. Schöne, erfahrene, weltgewandte Frauen.
Warum sollte er ausgerechnet auf sie warten?
»Hör auf, hör auf, hör auf.« Wütend über sich selbst schlug sie mit der Faust dreimal aufs Lenkrad. »So hast du vorhergedacht. Du hast dich verändert.«
Sie hatte aus sich eine andere gemacht. Vielleicht war der Verwandlungsprozess noch nicht ganz abgeschlossen, aber sie hatte schon gute Fortschritte erzielt. Sie war durchaus attraktiv, wenn sie sich die Zeit nahm und daran arbeitete. Sie wusste, wie man Konversation machte. Sie führte ein eigenes Geschäft, um Gottes willen. Sie hatte Angestellte, und niemand von ihnen hielt sie für unfähig.
Drei unglaublich reizende und intelligente Frauen betrachteten sie jetzt als ihre Freundin. Oh, du wirst deine neuen Freundinnen hüten wie einen Schatz, dachte Naomi und schloss die Augen. Sie würde sich ihr ganzes Leben lang an diesen wundervollen ungezwungenen, ja fast albernen Nachmittag erinnern.
Und diese drei Frauen kannten und liebten Ian, oder etwa nicht? Warum sollte sie ihre Meinung infrage stellen?
»Okay. In Ordnung. Ich gehe«, sagte sie zu sich selbst und stieg aus.
Auf dem Weg zur Tür atmete sie zehnmal tief durch. Aber dieses Mal schien die beruhigende Wirkung auszubleiben. Zu viel Koffein, entschied sie und wappnete sich innerlich, als sie auf die Klingel drückte.
Er kam barfuß, in ausgewaschener Jeans und einem ausgeleierten Harvard-Law-Sweatshirt an die Tür. Und sein schnell aufblitzendes Lächeln erwärmte ihr banges Herz.
»Hi. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich dich heute noch sehe.«
»Ich hätte anrufen sollen. Aber ich war gerade drüben bei Julia, und da dachte ich …«
»Mädchentreff, ich weiß.« Er ergriff ihre Hände und zog sie aus der Dämmerung ins Haus. »Das machen sie alle zwei Monate. Was, zum Teufel, treibt ihr denn da so?«
»Nägel lackieren, sehr, sehr viel Schokolade essen. Über Männer tratschen.«
»Ach ja? Und was habt ihr über mich getratscht?«
»Äh, könnte ich vielleicht etwas zu trinken haben?«
»Aber ja, entschuldige. Komm mit nach oben. Ich habe in der Bibliothek eine Flasche Wein deponiert, und ich muss dir unbedingt zeigen, was ich heute alles geleistet habe.«
Sie sah zum Anbeißen aus. Ihre Wangen waren rosig, die Augen geheimnisvoll dunkel, und der übergroße rote Pullover bewirkte, dass es ihn in den Fingern kribbelte nachzuschauen, was sich darunter verbarg. Deshalb steckte er vorsichtshalber die Hände in die Hosentaschen, als er neben ihr die Treppe hochging.
»Ich habe den ganzen Tag
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