Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
ihre Knospe öffnet, um die Pracht ihrer vollen Blüte zu zeigen. Und deshalb hatte er den Kontakt mit den Wassergeistern gesucht. Eine einfache Beschwörung, die notfalls auch ein Karcist des ersten Grades ausführen konnte. Und die Geisterwesen, die im Wasser leben, hatten ihn noch niemals belogen wie beispielsweise die Feuer-Argen in den hüpfenden, gelbroten Flammen.
"Und so bitte ich dich, oh Geist dieses Wassers, zeige mir die Blume, die mein Verstand vergeblich zu formen versucht." flüsterten die Lippen in der vergessenen Sprache und der Blick seiner dunklen Augen schien mit dem Wasser zu verschmelzen. "Zeige sie mir, auf dass ich sehe, ob mich meine Gefühle nicht betrogen haben. Ich will nicht nur erahnen, was ich gelesen habe. Ich will es schauen . . . will es schauen. . . !" setzte der Schwarzmagier tonlos hinzu.
„Öffne deine Augen, sieh hin und erblicke, was du begehst." wisperte eine Geisterstimme von irgendwoher.
Im selben Augenblick begann sich das vorher kristallklare Wasser leicht zu verfärben. In seine glatte, einem Spiegel gleichende Oberfläche kam unmerkliche Bewegung und wie aus einer Art Rauch aus vom Grund der Schale stiegen aus der Tiefe Formen und Konturen herauf, die sich mit den Farben verbanden. Doch dieses Spiel der Farben und verschlungenen Konturen dauerte nur einige Herzschläge. Dann formte sich ein Bild aus dem Chaos ineinander fließender Formen und Farben. Fasziniert beobachtete Soodur, wie sich sich eine Landschaft aus dem bunten Nebelspiel heraus kristallisierte. Und der Magier wusste sofort, welchen Teil von Chrysalitas er hier erblickte.
"Der Wunderwald! Es ist der Wunderwald!" flüsterte Soodur tonlos. "Dies muss er sein, der Wald von Delyssiolina."
Und dann stieß er einen leisen Schrei aus, als er den mächtigen Drache majestätisch über die Baumwipfel dahingleiten sah. Und er erkannte das hochgetürmte Schloss, auf das die gewaltige Kreatur zuflog.
Aber es blieb nicht bei diesem einen Drachen. Aus allen Richtungen des Himmels schweben die geflügelten Wesen heran. Mit gewaltigen Schlägeln ihrer ledrigen Schwingen umkreisten die Drachen ein mächtiges Schloss auf den Zacken eines Berges, dessen Gemäuer und Türme bis hinein in die Wolken ragten...
"Coriella! Das muss Coriella sein!" flüsterten die rissigen Lippen des Zauberers. „Coriella, das Drachenschloss am äußersten Ende der Welt. Dort also ist sie, die geheimnisvolle Blume, die das Ende meiner Leiden bewirken kann. Aber das würde ja bedeuten....!"
Soodurs Stimme brach ab. Denn in diesem Augenblick sah er im Wasserspiegel einen Drachen, dessen Leib nicht mit grünen, grauen oder schwarzen Schuppen bedeckt war wie die anderen seines Volkes. Der gewaltige Körper dieses Ungeheuers glänzte in allen Farben des Regenbogens. Und die ledrige Haut der Flügel schimmerte wie fein gesponnene, silbrige Seide.
"Meine Ahnungen! Meine Träume!" stieß Soodur hervor. "Die Zeit ist erfüllt. Der Erste der Drachen kehrt zurück. Der Vater der Drachen, vor dem sich sein ganzes Geschlecht neigt und um den ihm seit undenklichen Tagen geheimnisvolle Legenden ranken, nun fliegt er wieder nach Coriella.
Also sprechen die alten Bücher die Wahrheit und die Zeit ist erfüllt. Aus Urzeiten erwacht sie in kurzer Zeit zu neuem Leben . . .
Shemalia, die Drachenblume!„
***
Aus meergrünen Augen beobachtete das ungefähr zwanzigjährige Mädchen von der Höhe des grobgezimmerten Leiterwagens herab die brodelnde Menschenmenge, die den Henkerskarren umringte. In den Augen, die zu ihm herauf blickten, las es Neugier, Schadenfreude und gelegentlich auch Mitleid.
Keiner ahnte, dass das hochgewachsene, schlanke Mädchen mit dem schmalen Gesicht und dem hüftlangen dunklen, in der Mitte gescheiteltem Haar. gerade eine Meisterleistung der Schauspielerei bot, die auch von den gefeiertsten Mimen an den Theatern der Tragödiendichter nicht überboten werden konnte Mit keinem Zucken der Wimper zeigte es die Angst, die in seinem Inneren wühlte.
Sina spielte auf dem Henkerskarren die Heldenrolle, die man hier von ihr erwartete. Und bis jetzt war es ihr leidlich gelungen, diese Rolle auch zu spielen. Doch nun näherte sich die Fahrt durch Salassar ihrem Endpunkt.
Die Richtstätte kam in Sicht. Der Ort, wo Sina, mit dem Hals in einer Schlinge zappelnd, ihr Leben aushauchen sollte, um in die Arme des "Schwarzen" zu sinken. Eines Gottes, dessen
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