Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
Denn er ist für mich gestorben."
»Als mir damals Diebe meine beiden kostbaren Ohrringe raubten, da war mir klar, dass ich trotz meiner Leibwache nicht sicher war!« erklärte der Saran seinem interessiert lauschenden Sohn. »Und auch, als meine Ohrringe plötzlich aus dem Nichts wieder auftauchten, erkannte ich, dass mich die Kraft der Magier überall erreichen würde.
Damals begann ich um mein Leben zu bangen! Ich fürchtete den Dolch im Dunkel und die Skorpione im Bett. Aber dann schleppte man mir zufällig diesen Amahl vor den Thron. Er war in den Provinzstädten aufgetaucht und hatte sich überall als inkognito reisender Saran ausgegeben, der die Loyalität der örtlichen Behörden und die Gastfreundschaft des Volkes erproben wollte.
Offiziell verbannte ich ihn in die Bleimienen von Berias!« schmunzelte Maipos bei der Erinnerung. »Doch er wurde niemals dorthin gebracht. Denn ich ließ ihn zwischen diesem Schicksal - und jenem, das ihn gerade ereilte, wählen. Er wusste genau, was er tat, als er sich entschloss, in der Nacht meine Rolle zu spielen und der Hohe Saran zu sein.
Bei den Arbeitssitzungen des Diwans oder den Audienzen - da war ich es selbst. Doch bei den Hofbällen, wo im Reigen des Tanzes ein geschickter Dolch sein Ziel findet oder eine Schlange durch die Polster kriechen mag - da war es Amahl, der es sich wohl sein ließ.
Er lebte so, wie er es sich immer gewünscht hatte. Wie der Hohe Saran von Mohairedsch. Doch alles hat seinen Preis - und er hat ihn gezahlt!«
»Und wo warst du in der Zeit, während dieser Amahl an deiner Stelle den Saran gespielt hat?« fragte Ferrol.
Eine Zeitlang herrschte Schweigen. Maipos sah seinem Sohn prüfend in die Augen. Dann nickte er.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dass du das größte Geheimnis des Serails kennenlernst!« sagte er dann. »Von den Vätern und Vorvätern wurde es stets nur auf dem Sterbebett an den Nachfolger weitergegeben. Und auch du wirst das Geheimnis nutzen können, wenn du dereinst den Pfauenthron besteigst. Folge mir also!«
»Willst du mir nicht erklären ...?« fragte Ferrol.
»Komm und sieh«, sagte der Saran. »Nur etwas gibt es noch zu tun!« Er nahm den Krummsäbel und stieß ihn in die Wunden der Toten, die Ferrols Rapier geschlagen hatte.
»Der Hohe Saran ist tot!« sagte Haran Esh Chandor dann. »Er hat sich tapfer gewehrt, und seine Mörder voran ins Totenreich geschickt!«
Ferrol blickte den Vater erstaunt an.
»Nutzen wir die Situation, den Sinn der Worte, die ich aus dem Mund der Attentäter gehört habe, zu überprüfen«, sagte Haran Esh Chandor. »Wenn der Oberherr von Salassar mir wirklich gedungene Mörder sandte, dann bedeutet das Revolution. Ob nur auf dieses unbeugsame und widerborstige Salassar beschränkt oder schon ein allgemeiner Aufstand des Adels von Mohairedsch gegen die Dynastie der Sarane, dass eben müssen wir feststellen.
Ich will wissen, wer von meinen Edlen treu zur Krone steht - und wer Willens ist, mich im Tode zu verraten. Ich werde sorgsam beobachten und erwägen. Und dann - wehe den Verruchten, die es wagten, ihrem Herrscher den Todesstahl zu senden!«
»Was hast du vor, Vater?« wollte Ferrol wissen.
»Wir gehen in die Gemächer Marucs!« bestimmte Haran Esh Chandor.
»Maruc!« rief Ferrol erfreut. »Lebt er denn noch - dein treuer, alter Großwesir?«
»Die Jahre haben sein Haar grau werden lassen und sein Gesicht weist Runzeln auf wie die zerklüfteten Felsen des Gebirges!« sagte Haran Esh Chandor. »Aber sein Rat ist stets weise. Und er ist der einzige Mensch, dem ich voll vertraue. Der einzige Mensch - außer dir, mein Sohn!
Maruc nimmt nicht mehr am Diwan teil und hat sich auch von den Staatsgeschäften zurückgezogen. Doch heimlich holte ich in den Nächten, wenn Amahl für mich im Bett schlief, seinen weisen Rat ein. Maruc ist der geachtete Großwesir, auf den alles in dem Augenblick sieht, wenn die Totengongs für den ermordeten Saran durch Ugraphur dröhnen.
Maruc wird die Staatsgeschäfte in die Hand nehmen. Er wird eine Gesandtschaft nach Salassar senden, die dich offiziell zurückruft. Das wird einige Zeit dauern. In diesen Tagen kannst du dich an geheimer Stelle von deinen Wunden erholen. Und dann musst du sehen, wie du den Thron behauptest!«
»Aber Vater ...!« preßte der Prinz hervor. Am liebsten wäre er zurück nach Salassar gekehrt, um zusammen mit Nadoris die dunklen Pläne des Oberherrn zu vereiteln.
»Kein Aber!«
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