Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
förderten.
Prinzessinnen waren in Decumania jedenfalls von der Thronfolge ausgeschlossen. Starb der Kyrios, dann wurde der Hierophant, meist war es der Hochpriester Dhasors vom großen Tempel in Villavortas, für ein Jahr Reichsverweser. In dieser Zeit zogen die Prinzen in die Welt, um Heldentaten zu bestehen und Wunderdinge zu sammeln.
Genau nach einem Jahr mussten sie zurückkehren und die Schätze in Dhasors Tempel stellen. Die Priesterschaft prüfte die Kostbarkeiten und rief dann den neuen Herrscher aus. In einer Weihmacht im Tempel Dhasors wurde er zum Gott. Auf welche Weise das vor sich ging - darüber schwieg die Priesterschaft.
Die andren Prinzen blieben meist im Heer von Decumania und machten je nach ihren Fähigkeiten Karriere. Ihre Tätowierung, die sie als Prinzen auswies, hatte jedoch für ihre Stellung bei der Truppe niemals eine Auswirkung. Hier zählte nur das Geschick mit der Waffe und persönliche Tapferkeit vor dem Feind.
Mycanos Gordios, der jetzt regierende Kyrios, war hochgewachsen und seine männliche Erscheinung mit den wohl proportionierten Muskeln war wie für den Brustpanzer geschaffen, den der Kyrios zu allen offiziellen Anlässen trug. Das schwarze Haar war kurz geschnitten und das Gesicht stets sorgfältig rasiert. Vom Auftreten her entsprach der Kyrios genau dem Wunschbild der Soldaten, die er im Krieg anführte und mit denen er im Frieden gelegentlich trank.
Der andre Teil des "Gott-Kaisers" war der Hierophant. Der oberste Priester war zugleich auch der oberste Richter. Wie man im Tempel Dhasors der Hierophant wählte und kürte, darüber schwieg sich die Priesterschaft aus. War der alte Hierophant gestorben, schloss man die obersten Priester alles Tempel von Villafortas ins Heiligtum des Welten-Vaters ein und gab ihnen Getränke und Lebensmittel für drei Tage.
Aber meist brauchte es nicht diese Zeit, bis einer der Priester hoch auf dem Minarett eine Fackel schwang und mit lauter Stimme der Stadt verkündete: "Große Freude euch allen! Wir haben einen Hierophanten!" Dann strömte das Volk zum Tempel Dhasors um hoch auf dem Balkon über dem Eingang den neuen Statthalter aller Götter in der Welt Chrysalitas zu sehen und den ersten Segen des neuen Hierophanten zu empfangen.
Volubius Cardo, der oberste Priester von Decumania war ein wohlbeleibter Mann, der die vierzig Sommer längst überschritten hatte. Nach alter Tradition des Reiches hielt er Gericht, während er gemächlich auf seinem Ruhebett lag. Da heute der Kyrios bei den Verhandlungen nicht anwesend war, lagen auf dem ihm zukommenden Sessel das Schwert und der Schild als Zeichen, dass die Entscheidungen des Hierophanten hier und jetzt auch in seinem Namen gefällt wurden.
Dunkelhäutige Sklaven standen in der Nähe, um die durch den obersten der Priester gefällten Urteile sofort auf Wachstafeln zu schreiben. Mehr als tausend Boten warteten darauf, die nieder geschriebenen Worte und Entscheidungen von Volubis Cardo sofort an alle Richter des Reiches Decumania zu übersenden. Den diese Entscheidungen seines Gerichtes kamen in Decumania neuen Gesetzen gleich.
Neben dem Herrscher standen fünf Büttel, die in der Linken eine Rute und eine Geißel hielten, in der Rechten jedoch ein scharfgeschliffenes Richtbeil. Ein Todesurteil des Hierophant wurde sofort am Fuß der Treppe vor den Augen des ganzen Volkes vollstreckt. Mit Verbrechern, die Gewalt gegen Leib und Leben der Bürger und Bauern verübt hatten, machte man zu Decumania nicht viel Federlesens.
Der Hierophant hatte einen klaren, messerscharfen Verstand; aber auch genug Witz und Einfühlungsvermögen, um sein Land zu regieren. Seine Urteile an den Gerichtstagen mochten zwar nicht immer dem Rechtsempfinden jedes Advokaten entsprechen - aber das Volk verstand die meisten Entscheidungen und bejubelte sie - auch wenn sie so ungewöhnlich waren wie der Freispruch eines Mannes, den man wegen Totschlags an seiner Frau vor den Thron des Herrschers gestellt hatte.
»Warum hast du deine Frau erschlagen?« fragte Volubius Cardo den Angeklagten.
»Ich traf sie im Bett eines Liebhabers!« gab der Angeklagte zurück.
»Und warum hast du dann nicht ihren Buhlen erschlagen?« wollte der Herrscher wissen.
»Ich dachte, es wäre besser, einmal die Frau zu erschlagen - als ungefähr jeden zweiten Tag einen Liebhaber!« war die Antwort.
Zeugen wurden gehört, die das ungetreue Leben der Ehefrau bestätigten. Und so fällte der Hierophant
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