Drei Tage voller Leidenschaft
Sprache, die in diesem Teil des Großherzogtums sonst gesprochen wurde.
Alisa zuckte zusammen, sprang auf und verstreute dabei in hohem Bogen Papier, Farben und Pinsel.
»Guten Tag, M’sieur«, stammelte sie in derselben Sprache, von dem unerwartet aufgetauchten, gutaussehenden Fremden, der nun auf sie herabblickte, völlig aus der Fassung gebracht. Unter seinem forschenden Blick errötete sie nun.
Nikki zog fragend eine Braue hoch, lächelte leicht und wartete gelassen darauf, daß auch sie sich bekannt machte. Das Schweigen dehnte sich aus.
Nikki gab ihr das Stichwort.
»Ich glaube, ich habe Sie gelegentlich schon einmal in Viipuri gesehen, aber leider immer nur aus der Ferne«, sagte er schmeichelnd. »Ich fürchte, ich kenne Ihren …«
»Ach, natürlich«, platzte Alisa verlegen über ihre schlechten Manieren heraus, aber die hellgoldenen Augen, die sie so eindringlich betrachteten, hatten sie völlig verstört. »Es tut mir leid, verzeihen Sie, Monsieur. Madame Waldemar Forseus, zu Ihren Diensten«, erwiderte sie nun hastig und verbeugte sich mit einem leichten Knicks.
Das hoffe ich auch, dachte Nikki. Sein Blick fuhr rasch über ihre Gestalt. Wie anmutig sie knickste.
Was Nikki zuvor von Madame Forseus erblickt hatte, war ihr nicht gerecht geworden. Sie war keine einfache, schlichte Landfrau, bloß hübsch und lebhaft – sie war vielmehr atemberaubend schön. Ihr Haar schien aus der Ferne kupfern zu glänzen, aber in Wirklichkeit schimmerte es in einem üppigen Goldrot. Ihre Augen waren groß und dunkelviolett und hatten verführerisch dichte Wimpern. Ihre Lippen wirkten einladend – und waren immer noch vor Überraschung leicht geöffnet. Ihr sahneweißer Teint war makellos, die Figur vollbusig und schlank in den Hüften. Sie bildete einen wunderschönen Anblick, und Nikki betrachtete sie nun lächelnd und voll ästhetischem Wohlwollen. Doch es war keine rein ästhetische Bewunderung, denn sie strahlte eine üppige, reife Sinnlichkeit aus, die in Nikkis freizügiger Seele eine Welle der reinsten Lust auslöste.
Sie hob die langen, schweren Wimpern und begegnete Nikkis Blick mit Erstaunen, als sie seine hungrigen Augen bemerkte. Ihre milchweißen Wangen wurden sofort von einem tiefen rosigen Hauch überzogen.
Für einen Mann von seiner Erfahrung und verwöhntem Appetit fühlte Nikki sich nun lächerlich – wie ein verrückter Junge –, als er das zu ihm hochgewandte schöne Gesicht betrachtete. Es erregte die Sehnsucht in ihm, die ihn beim Anblick und Duft eines perfekten Meisterwerks weiblicher Schönheit immer überkam. Diese kleine Verführung würde sich als wahre Lust erweisen, dachte er erfreut bei sich.
»Sie müssen ein Verwandter von Prinz Kuzan sein, dem das Jagdschlößchen gehört«, bemerkte Alisa nun ein wenig unsicher in dem Gefühl, sie müsse etwas sagen, um den Bann dieser magnetischen, verunsichernden Augen zu brechen.
»Ich bin genau der, Madame«, erwiderte er mit seiner tiefen heiseren Stimme bescheiden. »Erlauben Sie mir, Ihre Malsachen aufzuheben, die Sie meinetwegen fallen ließen«, fuhr er freundlich fort, ließ sich auf ein Knie fallen und begann, die Utensilien einzusammeln.
»Oh, nein, Monsieur, das ist aber nicht nötig«, erwiderte Alisa verlegen. »Das kann ich selbst tun.« Auch sie kniete sich nun nieder und begann hastig, die Stifte, Pinsel und Maltuben aufzusammeln.
Prinz Kuzan hier! Das war furchtbar! Sie verlor fast die Fassung. Die Gerüchte und der Klatsch über seine Eminenz und seine Eskapaden waren selbst in ihre enge, eingeschränkte Welt gedrungen. Sie würde vor Verlegenheit sterben, wenn sie noch ein einziges Wort stotterte; sie wirkte wohl wie die linkischste, ungebildetste Landfrau, der er je begegnet war.
Einmal berührten sich ihre Hände kurz, als sie beide nach demselben Gegenstand griffen. Nikki sah belustigt, daß sie schüchtern den Blick senkte und die Hand zurückzog, als hätte sie sich verbrannt. Wie unschuldig sie war! Unmöglich! Sie war doch mit dem alten Menschenfeind Forseus verheiratet.
Ohne Zweifel kokettierte sie bloß und konnte auf Kommando erröten. Egal wie, dachte er weiter, ob sie nun wirklich unschuldig ist oder eine gute Schauspielerin, er würde die Antwort in den nächsten drei Tagen herausfinden.
Als alle Malutensilien wieder säuberlich in Alisas Korb verstaut waren, lehnte sich Nikki bequem im Gras zurück und bemerkte höflich mit einem Blick auf ihre Skizze: »Sie sind eine begabte Künstlerin, Madame
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