Drei Tage voller Leidenschaft
zu zaubern. Dann stand er in dem Gefühl auf, es sei nun am besten, sie in der wiedergefundenen guten Laune zu verlassen, und bemerkte hoch über ihr aufragend leichthin: »Wenn Sie morgen hier wieder zeichnen … könnte ich ja meine Kataloge herbringen, und sie Ihnen zeigen.«
»Ich weiß nicht … ich kann nicht … ich meine … ich glaube nicht«, stammelte sie mit ersterbender Stimme.
»Es ist nicht wichtig, falls Sie etwas anderes Vorhaben«, versicherte er. »Ich bin momentan recht unbeschäftigt, und wenn Sie nicht hier sind, wird der Spaziergang immerhin sehr angenehm meine Zeit vertreiben.« Er lächelte flüchtig. »Es war bezaubernd, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madame Forseus. Guten Tag.«
»Guten Tag, Monsieur«, antwortete sie leise.
Damit verbeugte er sich höflich und schritt langsam von dannen.
Alisa blieb mit einer Unzahl widersprüchlicher Gefühle zurück, in der süße Verwirrung die Oberhand behielt. Er sah so gut aus, wirkte leicht fremdländisch und exotisch. Alisa konnte die Gedanken nicht von der fesselnden Männlichkeit fortreißen, die er ausstrahlte. Prinz Kuzan war ein zauberhafter Gesellschafter (natürlich, da Nikki darauf aus war, sich bei ihr einzuschmeicheln), so freundlich und interessant! Er kannte sich in allen neuen Malereibewegungen aus, ein Thema, das für eine Frau unglaublich erfreulich war, die nur mittels der seltenen Magazine damit Schritt halten konnte, welche ihren Weg zufällig nach Viipurna fanden. Alisa erlaubte es sich aber nicht, weiter über diesen gutaussehenden Mann nachzudenken. In den sechs Jahren, seit sie zur Ehe mit dem einundsechzigjährigen Forseus gezwungen worden war, hatte kein Mann sie jemals höflich behandelt. Die Begegnung dieses Nachmittags war erstaunlich, und sie war so ungebührlich erregt darüber, daß sie sich nicht mehr auf ihre Zeichnungen konzentrieren konnte. Alle Gedanken an Form und Farben entzogen sich ihr. Sie wußte, daß sie Prinz Kuzan morgen wiedersehen wollte. Aber konnte sie es wagen, ihren warmen, freudigen Gefühlen zu folgen, die er an diesem Nachmittag in ihr geweckt hatte? Wenn ihr Mann zu Hause gewesen wäre, hätte sie keine Wahl gehabt, aber er war abwesend, und diese paar Tage Freiheit von seiner Tyrannei hatten einen Prinzen in ihr Leben gebracht.
Alisa sammelte ihre Sachen zusammen und ging langsam nach Hause, in stürmische Gedanken verloren, die alle eine bezaubernde, kostbare Erinnerung an den Prinzen bildeten. Als sie zu Hause ankam, spielte sie mit ihrer fünfjährigen Tochter Katelina, die gerade von ihrem Mittagsschlaf aufgewacht war. Beim Spiel mit dem Kind gelang es ihr schließlich, die ablenkenden, verstörenden Gedanken an Prinz Kuzan beiseite zu schieben.
Als Nikki ins Schlößchen zurückkehrte, wurde er von ungeduldigen, anzüglichen und neckenden Fragen des neugierigen und leicht angetrunkenen Tschernow und von Iljitsch belagert.
»Na, wie steht es zwischen dem Stier von Petersburg und Forseus’ Eiserner Jungfrau?« brüllte Iljitsch lachend und erfreuter als je zuvor über seine Wahl. Er war sich seines Sieges äußerst sicher.
Tschernow fügte verschlagen hinzu: »Ich muß bemerken, daß deine Kleider so makellos und knitterfrei wie immer sind. Hast du sie heute nachmittag noch nicht gekriegt, Nikki? Wohl nicht mehr ganz in Form, eh?«
Nikki akzeptierte gutmütig die groben Späße, vermischt mit hilfreichen, extrem anschaulichen Ratschlägen. Er war mit diesem Soldatenhumor sehr vertraut, aber auch völlig zufrieden mit dem Verlauf seiner Bemühungen an diesem Nachmittag. Er freute sich auf eine ausgiebige, langsame Verführung. Der Sieg würde um so süßer sein.
»Meine Freunde«, erklärte Nikki nun geduldig. »Madame Forseus ist keine gemeine Hure. Sie ist überraschenderweise trotz ihrer Ehe mit diesem Bauernhändler von adliger Herkunft und Bildung. Sie ist außerdem ein wunderhübsches und lebhaftes junges Fohlen, das noch nicht an den Zügel gewöhnt ist. Daher muß ich sie erst brechen, ehe sie zum Reiten zahm genug ist. Heute war ich dabei nicht gänzlich erfolgreich, aber ich würde noch nicht hundertprozentig mit einem Sieg rechnen, Iljitsch.«
Nikki war nicht darauf vorbereitet gewesen, daß Alisa von adliger Abstammung war. Ihr Französisch war fließend und akzentfrei. Sie war keine Bauersfrau, obwohl Nikki weder Skrupel noch Klassenvorurteile hatte, wenn es um seine Amouren ging. Sein sexuelles Verlangen war international, klassenlos, ohne religiöse oder
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