Drei Tage voller Leidenschaft
Kragen.
Mit untypisch romantischen Gefühlen hatte er sich nicht nur gezügelt, die schöne, warme, schlafende Frau zu berühren, die in ihrer hilflosen Verletzlichkeit so verführerisch wirkte, sondern, was noch bemerkenswerter war, in den vergangenen drei Tagen keine andere Frau angefaßt – weder Zigeunerinnen noch Gräfinnen oder Ballettänzerinnen. Aus einer seltsamen Laune heraus zog der Prinz es vor, auf die schlafende Schönheit zu warten. Er war sich solch edler Instinkte noch nie bewußt gewesen, aber es waren keine streng moralischen Prinzipien, denn er hatte mehrere kalte Bäder genommen und sich selbst bestraft, weil er sich so lächerlich benahm.
Nikki war im reinen mit der Welt und an diesem Morgen in geradezu überschwenglicher Laune, daß selbst eine dringende Note seiner Geliebten, Gräfin Amalienborg, die ihn beim Frühstück begrüßt hatte, ihm nicht die Stimmung verdarb.
Sophie hatte offensichtlich von seinem Hausgast gehört, denn Gerüchte pflanzten sich unter der Dienerschaft in Windeseile fort, und bat um seine Gesellschaft bei einem kleinen Kartenspiel am Abend. Er kritzelte ein paar kurze Zeilen der Zustimmung unter die parfümierte Karte und schickte einen Diener damit los.
Das war auch recht, überlegte er. Gräfin Amalienborg war seit fast zwei Jahren seine geduldige Geliebte, die auch nichts gegen Nikkis gelegentliche Ausschweifungen mit Schauspielerinnen und Zigeunerinnen hatte. Er war aber Sophies leicht besitzergreifendem Verhalten in der Öffentlichkeit in der letzten Zeit ein wenig überdrüssig geworden. Daher war heute abend die perfekte Gelegenheit, die lange Freundschaft zu beenden. Als geschickte Geliebte hatte Sophie in der Vergangenheit immer gut seine Langeweile übertünchen können, wenn ihm nach ungewöhnlicher Akrobatik im Bett zumute war. Sie hatte stets erfolgreich sein Blut in Wallung bringen können, obwohl er sie insgeheim dafür verachtete, denn sie würde alles tun, um was er sie bat. Aber manchmal war es ihm völlig gleichgültig, ob er lebte oder starb, und dann hatte er selbst Sophies Gewagtheiten im Bett übertroffen.
In der letzten Zeit aber wurden selbst ihre geübten Fertigkeiten langweilig. Einen Scheck oder ein Schmuckstück – was hätte sie wohl lieber als Abschiedsgeschenk? Er entschied sich aus Trägheit und Gleichgültigkeit für Geld und rief Iwan, der dafür sorgte, daß der Scheck noch vor dem Abendessen auf seinem Schreibtisch im Schlafzimmer zur Unterschrift bereitliegen würde.
»Danke, Iwan, zuverlässig wie immer.«
Iwan verbeugte sich ehrerbietig und fragte dann seinen Herrn, der seit dem Morgen so offensichtlich in bester Laune war: »Haben Sie die Kunstkataloge zufriedengestellt, die ich Ihnen geschickt habe?«
»Ungeheuer, Iwan, ganz ungeheuer! Du weißt gar nicht, welche Freude du mir damit gemacht hast«, grinste Nikki.
Verwundert, aber erfreut über das neu erwachte Interesse seines Herrn an der Kunst verbeugte sich Iwan und entfernte sich aus dem Frühstückszimmer.
Wen würde der Grund für die ausgeprägt gute Laune von Prinz Kuzan verwundern? Er hatte sich immerhin durchgesetzt. Das Ziel seines amourösen Interesses war zwar kurzfristig seinem Griff entschwunden, lag nun aber in einem prachtvoll vergoldeten Bett wenige Meter von der Tür zu seiner Suite entfernt und war überdies unendlich dankbar für seine Bemühungen um sie. Wie bequem!
Nikki erledigte an diesem schönen Frühlingsmorgen rasch und mühelos die bürokratischen Kleinigkeiten seines Regimentspostens. Nach einer Stunde hatte er die Papiere durchgesehen und war wieder zu Hause, um festzustellen, daß Alisa wieder eingenickt war. Er war den Umständen entsprechend kein ungeduldiger Mann, denn er hatte nun alle Zeit der Welt zur Verfügung und ließ Alisa daher fast den ganzen Tag ungestört weiterschlafen.
Am Spätnachmittag schickte er ihr eine Nachricht mit der Frage nach irgendwelchen Wünschen zum Abendessen und teilte ihr mit, daß er sie um sieben Uhr im Salon erwarte.
Nikki saß im Abendanzug und einer weißen Satinweste entspannt vor dem offenen Fenster auf einem Gobelinsofa, einen Fuß in einem schwarzen Lackschuh auf der Fensterbank, und nippte an einem feinen Madeirawein. Wenn man ihn dort sitzen sah, ganz elegante alte Schule, verlor man die Kraft unter den seidenen Gewändern leicht aus den Augen, bemerkte man kaum die breiten Schultern, die kräftigen Handgelenke, es sei denn, man sah, wie sich das leichte Spiel der Muskeln im Bein auf
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