Drei Tage voller Leidenschaft
statt weiterhin das Objekt von Madame Vevays spekulativer Betrachtung zu sein.
Auf der Rückfahrt in der Kutsche sorgte sich Alisa um die Demütigung bei Madame Vevay und deren aufmerksame Blicke. »Sie weiß es. Hast du bemerkt, wie sie mich angesehen hat?«
Nikki ergriff ihre Hand. »Was soll es, ob sie es nun weiß oder nicht?« fragte er mit einem nachlässigen Achselzucken und preßte beruhigend ihre Finger. »Denk einfach nicht an sie, meine Liebe. Ich beschütze dich vor allen wissenden Blicken, wenn dir das mißfällt. Die Mutterschaft ist absolut natürlich, und man sollte sich eines solchen Zustands niemals schämen. Wenn es dich jedoch ärgert, werde ich alle in Zukunft entschieden in die Schranken weisen, die dich stören. Ich gestehe allerdings …«, fügte er mit einem verschmitzten Funkeln hinzu, »daß ich in dieser Hinsicht einen ganz üblen Ruf habe. Sollen wir heute abend zwei Stunden früher essen, damit Katelina dabeisein kann? Hättest du das gern?« fragte er dann mit unüblicher Fürsorglichkeit. Er hoffte, Alisa von ihrem verletzten Stolz und den reuevollen Gedanken abzulenken.
»Bin ich vielleicht albern?« fragte sie mit einem leisen Seufzer.
Auch er seufzte nun und fragte sich, was er darauf antworten konnte. »Willst du es ganz genau wissen?« fragte er.
»Natürlich«, erwiderte sie.
Wieder fiel ihm ihre Naivität auf. Seine Welt war so anders. »Also, ganz ehrlich, Liebling, man sollte sich keinen Deut um das scheren, was die anderen Leute sagen.«
»Dann muß ich das lernen.«
»Wenn du mit mir lebst«, meinte er grinsend, »dann wäre das sehr klug.«
Sie dachte einen Moment lang nach und lächelte dann. »Ab und zu mußt du mich daran erinnern.«
»In Ordnung. Essen wir nun früh oder nicht?« Er zog es vor, aktiv etwas zu planen, denn emotionale Themen machten ihn immer unsicher. »Können wir Katelina aus der Kinderstube dazubitten?«
»Oh, Nikki, das wäre so schön«, strahlte Alisa.
»Wir sagen Pierre Bescheid, wenn wir wieder zu Hause sind. Er könnte passende Gerichte zusammenstellen, die Katelina auch mag.«
»Was für eine wunderbare Idee. Sie liebt Milchreis und …«
»Erdbeeren und Kuchen«, unterbrach sie Nikki grienend. »Und petit fours …«
Den Rest der Fahrt verbrachten sie damit, sich an den Händen zu halten und sich gegenseitig zu erzählen, was sie als Kinder am liebsten aßen.
Und es gefiel ihm, ihr zu gefallen.
Am folgenden Morgen saß Alisa mit ihrer Tochter im Studierzimmer und bereitete Katelinas Lektionen vor, die sie wegen der vielen Besichtigungen etwas vernachlässigt hatten.
Da trat ein hochgewachsener, grauhaariger Mann unvermutet in den sonnenüberfluteten Raum und sah sie stirnrunzelnd an. Sein Blick wurde aber gleich freundlicher, als er die modische Eleganz von Alisas butterblumengelbem Morgenkleid bemerkte, das ihre schlanke Gestalt und die rötlichen Haare gut zur Geltung brachte. Mit geübtem Blick erkannte er, warum es nichts Überraschendes an sich hatte, daß Nikki sich so seltsam verhielt. Als er die atemberaubend schöne, wohlerzogene junge Frau erblickt hatte, begriff Prinz Michail sofort, warum Nikki die Indiskretion begangen hatte, seine Geliebte in seinem eigenen Palast unterzubringen. Gott sei Dank ist sie von Stand, bemerkte er bei sich, und warf einen raschen Blick auf das kleine Mädchen neben der Frau.
»Sie müssen Alisa sein«, sagte Prinz Michail unverblümt.
Alisa erhob sich verwirrt, erkannte aber sofort die unverkennbare Ähnlichkeit mit Nikki: die gleiche Gestik eines Mannes, der es von Geburt an gewöhnt ist, zu befehlen. Sie errötete und verbeugte sich tief, den Blick scheu gesenkt. Katelina erhob sich auf einen kurzen Blick ihrer Mutter hin ebenfalls und knickste.
»Ja, Monsieur, das bin ich. Das ist meine Tochter Katelina.«
»Nikkis neueste Flamme, eh? Ganz untypisch für ihn, Sie verstehen, sich auf eine einzige zu beschränken. Mußte selbst nachsehen und mir ein Bild von Ihnen machen«, bemerkte Nikkis Vater nun mit perfekter Liebenswürdigkeit.
In Alisa jagte ein Gedanke den anderen. Die erste panikerfüllte Schlußfolgerung war, Katelina aus dem Zimmer zu schicken. Hastig flüsterte sie ihrer Tochter zu: »Lauf los, Schatz, und suche Rakeli. Sie soll mit dir im Garten spazierengehen.«
Als Katelina nach einem neugierigen Blick auf den beeindruckenden alten Mann aus dem Zimmer gehüpft war, richtete sich Alisa so gerade und hoch auf, wie es ihre zierliche Gestalt nur zuließ, blickte dem
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