Drei Unzen Agonie
normal sein .«
Er nickte ernst. »Das sage ich
Ihnen ja dauernd, Mr. Boyd. Sie braucht psychiatrische Behandlung. Stahl könnte
Ihnen das ebensogut sagen wie ich, nur ist er jetzt
in ihre Machenschaften verwickelt. Fragen Sie Leute, die täglich mit ihr zu tun
haben, die werden Ihnen alle das gleiche sagen. Warum reden Sie nicht einmal
mit ihrer Sekretärin? Ursula kennt die entsetzlichen Szenen, die sich in ihrem
Büro abgespielt haben, die Versprechungen, die sie gemacht und nicht gehalten
hat, die völlig ungerechtfertigten Angriffe gegen ihre treuesten Mitarbeiter.
Sie hat eine beinahe sadistische Art, die Schwächen anderer auszunützen .«
»Sozusagen als eine Art
psychologischer Folter ?« fragte ich.
»Ganz recht, Mr. Boyd .« Wieder fuhr er sich mit den Händen durchs Haar. »Ich sage
Ihnen ganz offen, daß ich fürchte, es wird zum Schlimmsten kommen, wenn man dem
kein Ende macht. Als Sie gestern morgen zum erstenmal
hier waren, hatten Sie doch den Eindruck, ich wäre erschrocken und verängstigt,
nicht wahr? Nun, ich glaubte wirklich, sie hätte sich jemanden engagiert, um
mich mit brutaler Gewalt zu terrorisieren. Deshalb sagte ich all diese
verrückten Dinge, daß ich mich revanchieren würde und so fort. Ich hatte offen
gestanden Angst. Ich dachte, sie hätte völlig durchgedreht. Und ich kann Ihnen
versichern, wenn es erst soweit kommt, wird sie vor nichts zurückschrecken. Es
kann passieren, daß Sie in einen Mord verwickelt werden, Mr. Boyd. Das muß
verhindert werden. Vielleicht können Sie es .«
»Heute morgen versuchte
tatsächlich jemand, mich mit brutaler Gewalt zu terrorisieren, doch
glücklicherweise konnte ich entkommen, ohne Schaden zu nehmen«, bemerkte ich
kühl. »Sie erinnern sich an die drei Männer, die ich erwähnte? Sie sitzen jetzt
hinter einer verschlossenen Stahltür. Den Schlüssel dazu habe ich.
Wahrscheinlich weiß außer mir niemand, daß sie sich dort befinden. Die drei
können da drin verhungern, ohne daß ein Hahn nach ihnen kräht .«
Er lachte leise. »Sie und Ihre
Scherze, Mr. Boyd. Doch lassen wir das. Es ist mir Ernst mit dem, was ich über
Maxine sagte. Wenn man sie nicht schnellstens zur Vernunft bringt, wird sie
überschnappen. Und dann kann Schreckliches geschehen .«
»Sicher, sicher«, meinte ich.
»Wie verkauft sich Ihr neues Parfüm ?«
»Sehr gut.« Er rieb sich die
Hände. »Wir bekommen bereits Nachbestellungen. Meine Freude wird nur dadurch
getrübt, daß dieser Erfolg Maxines unerhörte Anschuldigung zu intensivieren
scheint .«
Ich stand auf. »Ich muß jetzt
gehen. Wollen Sie mir nicht doch eine Tracht Prügel androhen, ehe ich gehe ?« fragte ich grinsend.
»Das wäre wohl ziemlich
sinnlos, meinen Sie nicht, Mr. Boyd ?« versetzte er
lachend. »Die drei Desperados, von denen Sie mir berichtet haben, sitzen ja
sicher hinter Schloß und Riegel .« Er lachte lauter,
als wäre das der beste Witz, den er seit langem gehört hatte.
Ich ging zur Tür. Sein
dröhnendes Lachen folgte mir bis in den Ausstellungsraum. Die Blondine mit den
porzellanblauen Augen blickte mich resigniert an.
»Sagen Sie nichts !« Sie hob abwehrend die Hand. »Er hat mir gekündigt .«
»Mein Besuch hat ihn so
amüsiert, daß er Ihnen eine Gratifikation geben wird«, versicherte ich.
»Mr. Fremont — amüsiert ?« wiederholte sie skeptisch. »Ich hab’ ihn, seit ich hier
bin, ein einziges Mal lachen sehen. Und damals war jemand in den leeren
Aufzugschacht gefallen und hatte sich das Genick gebrochen .«
»Ich dachte mir schon, daß er
Sinn für Humor hat .«
»Er macht einem das Leben zur
Hölle«, erklärte sie bitter. »Morgens stellt er heimlich die Uhr fünf Minuten
vor, und abends läßt er einen dann eine halbe Stunde länger arbeiten, weil man
ja morgens zu spät dran war. Ich kann Ihnen sagen, wenn er stirbt, werde ich
mir einen Tag freinehmen, um auf seinem Grab zu tanzen .«
»Und ich dachte, im
Parfümgeschäft wäre alles eitel Sonnenschein«, sagte ich mit Unschuldsmiene.
»Nicht bei der Firma Fremont.«
Sie preßte die Lippen zusammen. »Tun Sie mir den Gefallen und verschwinden Sie,
sonst meint er noch, Sie wären mein neuer Freund. Sie haben mir sowieso schon
Kummer genug gemacht .«
»Es wird also nichts mit
unserem Wochenende in Florida«, meinte ich mit einem abgrundtiefen Seufzer.
Dann verließ ich schleunigst
den Ausstellungsraum. Ich hatte Angst, ihr Temperament würde doch noch mit ihr
durchgehen. Es war fast vier Uhr, und ich fand es an
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