Drei Worte, die das Glueck bedeuten
beschleunigte sich.
„Möchtest du eine Kurzfassung der letzten fünfzehn Jahre?“ fragte Deke, und es klang ein wenig ironisch. Als sie daraufhin nickte, überlegte er einige Sekunden, dann begann er: „Kurz nachdem du abgereist bist, bin ich auch von hier verschwunden. Ich hatte mich ziemlich heftig mit meinem Dad gestritten, und du warst nicht mehr da, um mich wieder zu beruhigen. Paris konnte ich mir allerdings nicht leisten, also bin ich einfach gen Westen gezogen.“ Nachdenklich drehte er das Weinglas in seiner Hand, dann blickte er ins Kaminfeuer und fuhr fort: „Zunächst habe ich auf einer Ranch nach der anderen gearbeitet und dabei genug verdient, um Filme für meine Kamera zu kaufen und sie entwickeln zu lassen. Wenn ich mir das Porto leisten konnte, Fotos an Zeitschriften zu schicken, dann habe ich das getan. Ein paar habe ich auch verkauft, gerade genug, um die Kosten für meinen Lieferwagen zu decken. In dem habe ich nämlich in der ersten Zeit gewohnt.“
Als Erin ihn daraufhin erschrocken ansah, sagte Deke schnell: „Ach, das war nicht so schlimm, wie es sich vielleicht anhört. Ich hatte zwar kaum Geld, aber ich bin mir dabei nicht arm vorgekommen. Ich bin etwa ein Jahr lang im Westen herumgefahren, ohne großartig etwas zu erreichen, bis ich irgendwann beschloss, mein Glück beim Rodeo zu suchen, mit Wildpferden.“
„Du?“ Das erstaunte Erin. Deke war nie besonders Rodeoverrückt gewesen.
„Ja, ich. Aber das entpuppte sich als eine schlechte Idee. Ich war erst zwei Wochen dabei, da brach ich mir in Kalifornien den Arm, und damit war meine Rodeokarriere auch schon beendet. Aber noch schlimmer war, dass ich etwa sechs Wochen lang keine Kamera halten konnte. Zu meinem Glück hatte ich vorher ein paar Dias an Enrique Castillo geschickt…“
„Du meinst… den Enrique Castillo?“ Enrique Castillo war ein Macher in der Kunstund Medienbranche und so bekannt, dass Erin selbst in Paris von ihm gehört hatte.
Deke nickte. „Ich konnte den Arm immer noch nicht bewegen, als er bei mir vorbeikam. Er hat mich kurz angesehen, wie ich dastand mit meinem eingegipsten Arm, und gesagt: Du bist doch ein Spinner. Mach lieber das, was du wirklich kannst. Komm nach Santa Fe.“
„Einfach so?“
Deke musste über die Erinnerung daran lächeln. „Einfach so. Da hab ich ihm gesagt, dass ich mir das nicht leisten könne. Und er meinte: ,Das stimmt nicht, du kannst es dir nicht leisten, nicht zu kommen. Wenn du selbst deine Arbeit schon nicht ernst nimmst, wer soll es dann tun?’ Und danach ist er gegangen. Ich hatte eine Menge Zeit, mir Gedanken über seine Worte zu machen, und schließlich fand ich, dass er Recht hatte. Also bin ich tatsächlich nach Santa Fe gezogen. Das hat zwar zwei Monate gedauert, aber schließlich bin ich doch dort angekommen. Enrique hat für mich eine Unterkunft gefunden, mir einen Job in seiner Kunstgalerie angeboten und mir dann jede Menge Geschäftswissen vermittelt. Ich habe für ihn Bilder verkauft und Böden geschrubbt und Buch geführt.“ Deke verzog das Gesicht. „Ich kam mir anfangs vor, als müsste ich den ganzen Mist, den ich schon aus dem Laden meines Vaters kannte, noch mal von vorn durchmachen. Aber gleichzeitig hat mir Enrique gezeigt, wie ich meine Arbeiten präsentieren sollte. Ich habe Fotos mit Passepartouts versehen und eingerahmt und mit jedem Fotografen gesprochen, der bei uns reinschaute. Auf diese Weise habe ich dort eine richtig gute Ausbildung bekommen. Es war einfach unglaublich, was ich alles gelernt habe.“
Erin lehnte sich zurück und lächelte. „Das ist ja fantastisch, wirklich! Und ich fühle mich bestätigt. Ich hab dir doch immer gesagt, dass du Talent hast.“
„Hm, na ja, du warst damals die Einzige, die das so gesehen hat.“
„Du selbst wusstest das doch auch.“
„Auf mein eigenes Urteil wollte ich mich aber nicht verlassen.“
„Vertrauen wir jemals unseren Instinkten?“ Erin fielen gleich mehrere Situationen ein, in denen sie von ganzem Herzen etwas gehofft hatte, aber ihre Hoffnung sich nicht immer erfüllt hatte. Dass aus ihr und Deke einmal ein Paar werden würde zum Beispiel.
„Wohl nicht.“ Deke seufzte, rutschte auf dem Sofa nach vorn und streckte die langen Beine aus. Erin bemerkte, dass er in einer Socke über dem großen Zeh ein Loch hatte. Langsam ließ sie den Blick an seinem Jeansbein hochgleiten, bis ihr plötzlich bewusst wurde, was sie da tat. Schnell wandte sie sich ab und starrte stattdessen in das
Weitere Kostenlose Bücher