Drei Wunder (German Edition)
sehen«, sagte Soren, öffnete die Tür und stieg aus dem Auto.
Die Treppe bestand aus Hunderten von kleinen Treppenstufen, die in den Hügel gebaut waren und hoch über die Hausdächer führten, dorthin, wo die Bäume in den Himmel stießen. Dies war definitiv mehr als nur die Treppe zu einem Privathaus.
»Ich dachte, wir könnten ja ein paar von all diesen Reistalern wieder abarbeiten«, schlug Soren vor und nahm die ersten zwei Stufen auf einmal.
Olivia folgte ihm, und bald war sie von herrlichen Hängepflanzen umgeben, die aus einladenden Hinterhöfen herauswuchsen. Es war, als hätten sie die geschäftige Stadt verlassen und seien plötzlich in ein tropisches Paradies eingetreten. Vögel zwitscherten um die Wette, als ob sie die langsam untergehende Nachmittagssonne bäten, noch ein klein wenig länger zu bleiben.
»Es gibt einen Dokumentarfilm über diese Vögel«, erzählte Soren und deutete auf einen davon, der auf einem Ast über ihnen saß und aussah wie ein Papagei. »In einem der Häuser wohnt ein Typ, der sie füttert. Er gibt ihnen Namen, wie Romeo und Julia oder Brad und Angelina und so. Anscheinend bleiben die Pärchen ihr ganzes Leben zusammen, wie die Pinguine.«
Olivia lächelte und versuchte zu antworten, doch mit jedem Schritt nach oben fiel es ihr schwerer, gleichzeitig zu sprechen. Obwohl Soren am See recht gemütlich gelaufen war, zeigte er keinerlei Ermüdungserscheinungen, als sie die endlosen Treppenstufen hinaufstiegen.
»Da wären wir«, verkündete er, als sie einen freien Platz erreicht hatten. Olivia reckte den Hals und sah, dass sie am Fuße eines riesigen Steinturms angelangt waren.
»Das ist der Coit Tower«, erklärte Soren. »Das ist ein berühmter Aussichtsturm. Im Inneren sind Wandgemälde angebracht über die Zeit der großen Depression, und man kann ganz nach oben steigen. Aber deshalb sind wir nicht hier.«
Soren fasste Olivias Handgelenk und zog sie die letzten verbleibenden Stufen hinauf. Sie versuchte, sich auf ihre Schritte zu konzentrieren und nicht auf die Tatsache, dass sie Händchen hielten (oder Handgelenke, aber trotzdem ), und folgte ihm zu einer niedrigen Mauer, die das halbkreisförmige Gelände um den Turm begrenzte.
»Deshalb«, sagte er und machte eine weite Armbewegung auf das Panorama, »sind wir hier.«
Olivia sah sich um und merkte, wir ihr das Herz aufging.
Es war der außergewöhnlichste Ausblick auf die Stadt und den Hafen, den sie je gehabt hatte. Ein dunkelrotes Licht erhellte den Nebel um die Brücke und die kleinen Inseln vor der Küste. Die Lichter der Stadt fingen gerade an zu funkeln, und die Rücklichter der Autos, die auf der sich windenden Lombard Street hinunterfuhren, sahen aus wie Lichterketten auf einem Weihnachtsbaum.
»Wow!«, stieß sie hervor, als Soren erst ein Bein, dann das andere über die kleine Mauer schwang und Olivia bedeutete, sich neben ihn zu setzen. »Das ist ja wunderschön.«
Soren nickte, als sie sich neben ihn setzte und die Wärme seines Körpers an ihrem spürte. Aus dem Augenwinkel konnte sie sein Profil sehen, die klare Linie seines Kinns und die weiche Kurve seiner Nase, das Blinzeln seiner langen, dunklen Wimpern.
Die Geräusche der Stadt unter ihnen verschmolzen, als gehörten sie zum Wetter, und sie saßen so lange still da, dass Olivia sich fragte, ob einer von ihnen jemals wieder sprechen würde.
»Hattest du Spaß auf der Gala gestern Abend?«, fragte Soren schließlich und steckte die Fäuste in die Taschen seiner braunen Pilotenjacke. Wie der Gürtel sah auch die Jacke aus, als hätte sie eine Geschichte zu erzählen, mit den abgetragenen, weichen Stellen an den Ellbogen und einem fehlenden Knopf am Ärmel.
»Ja«, sagte Olivia und atmete tief durch, um ruhig zu bleiben. Der ganze Nachmittag fühlte sich an, als spiele er sich in einem anderen Universum ab, wo nur sie beide in ihrer eigenen privaten Welt existierten. Als Olivia sich nun an die Party erinnerte, wurde sie wieder zurückkatapultiert in die Realität, wo sie lediglich das neue Mädchen in der Stadt war und Soren war … Callas Freund.
Sie blickte auf und merkte, dass er auf seine Schuhe starrte, sein Blick verloren und weit entfernt.
»Was ist mit dir?«, fragte sie leise. »Hattest du eine gute Zeit?«
Soren zuckte mit den Schultern und zog die Nase kraus. »Eigentlich nicht«, gestand er. »Ich meine, die Party selbst war wahrscheinlich ganz okay, aber …«
Er legte beide Hände flach auf die Knie und rieb sie über den
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