Drei Wunder zum Glück (German Edition)
sie das Ding in der Toilette zusammengeknüllt und in ihre Tasche gesteckt hatte. Doch jetzt fühlte es sich gar nicht verknittert an.
Auch nicht leer.
Hazel zog das Paket aus ihrer Tasche und legte es über ihren Schoß. Sie zog den Reißverschluss der Hülle auf, dabei fiel etwas heraus: Ein zusammengefalteter Zettel, der an die Rückseite einer Visitenkarte gesteckt war. Sie glich derjenigen, die Hazel an dem Kleid vom Schulbasar entdeckt hatte. MARIPOSA OF THE MISSION. Hazel machte ihn von der Karte ab und faltete ihn auseinander. Es war eine handschriftliche Mitteilung:
Liebe Hazel,
wie du wahrscheinlich inzwischen gemerkt hast, ist das Kleid, das ich dir gegeben habe, nicht jenes, das du mir gebracht hast. Es ist ein Kleid, das ich ganz speziell für dich gemacht habe, und es hat die Macht, dir einen Wunsch zu erfüllen.
Wenn du dies liest, hast du dir bereits etwas gewünscht!
In dieser Tüte findest du zwei andere Kleider, jedes mit der gleichen Macht, dir einen Wunsch zu erfüllen.
Hier sind die Regeln:
Nicht über die Wünsche sprechen. (Das ist zu deinem Besten. Ein Mädchen, das denkt, sie trägt Zauberkleider, wird leicht für verrückt gehalten.)
Ein Kleid, ein Wunsch. (Und sobald du in einem Kleid bereits einmal gewünscht hast, ist es einfach nur ein Kleid.)
Kein mehrmaliges Wünschen des Gleichen. (Laaaangweilig.)
Kein Wünschen von universellen Dingen. (Ich möchte natürlich auch gern allen Hungrigen zu essen geben, aber so funktioniert diese Magie nun mal nicht.)
Kein Wünschen von zusätzlichen Wünschen. Klar.
Tja, diese Wünsche wurden dir gewährt, weil du sie verdienst. Also wünsche mit Bedacht und achte darauf, dass sie von Herzen kommen. Das sind die einzigen Wünsche, die zählen.
Mit den besten Wünschen!
(Entschuldige, aber das musste einfach sein.)
Posey
Hazel blickte auf den Zettel, ihre Hände zitterten. Einen Wunsch? Welchen Wunsch?
Der Zettel fiel auf die Stufe unter ihr, und als sie sich nach ihm bückte, bemerkte sie einen kleinen goldenen Aufdruck auf der Rückseite.
Es war der gleiche Schmetterling, den sie letzte Nacht gesehen hatte, als er sich aus ihrem Kleid löste und in den Nachthimmel flog. Der Schmetterling, den sie für ein Hirngespinst gehalten hatte.
Hazel schloss wieder die Augen, lehnte den Kopf zurück gegen die Wand und konzentrierte sich auf jenen Moment des vorigen Abends. Sie hatte an Rosanna gedacht. Sie hatte geweint und laut gejammert. Aber was genau hatte sie …
Plötzlich sprang Hazel auf und wäre fast gestolpert.
Ich wünschte, ich hätte sie vorher kennengelernt.
Ihre Mutter. Sie hatte sich gewünscht, sie hätte Rosanna kennenlernen können. Konnte das etwas damit zu tun haben, dass sie auf einer unbekannten Fähre aufgewacht war, dreitausend Meilen von zu Hause entfernt?
Es machte keinen Sinn. Rosanna war tot. Wie sollte es ihr die Mutter zurückbringen, wenn sie nach Martha’s Vineyard geschickt wurde?
Laute, mechanische Geräusche kamen von unten, und Hazel musste sich schnell festhalten, als die Fähre mit einem Ruck anlegte. Am Fuß der Treppe öffnete sich die schwere Metalltür knarrend, und ein Viereck heller Morgensonne fiel herein. Ein bärtiger Mann stand an einer Seite und leitete die ungeduldige Menge hinaus auf die Holzplanken. Die Schlange setzte sich in Bewegung, und Hazel ging vorsichtig die Treppe hinunter. Gerade als sie das untere Deck erreicht hatte, faltete der Mann in den Gummistiefeln seine Zeitung und warf sie zur Seite. Sie landete auf einem kleinen Tisch vor einer mit Kunstleder überzogenen Sitzecke.
Hazel nahm die Zeitung von dem Tischchen. Sie kniff die Augen zusammen, um die verschnörkelte Schrift besser lesen zu können, bis plötzlich alles andere in den Hintergrund trat:
Montag, 29. Juni.
Und das Jahr … nicht dieses Jahr …
Sondern neunzehn Jahre zurück in der Vergangenheit!
Hazel merkte, wie ihr die Zeitung aus den Fingern glitt, als ihre Knie nachgaben und sie sich an den harten Kanten der Sitzecke festhalten musste.
Posey hatte erklärt, dass das Kleid einen Wunsch erfüllen würde. Aber sie hatte nicht erwähnt, dass Hazel dazu eine Zeitreise machen musste.
Und nicht in irgendeine Zeit … sondern zurück in das Jahr ihrer Geburt.
6
Wie erstarrt stand Hazel am Ende des Kais. Sie war von der quirligen Menge mitgetragen worden, als alle das Schiff verließen und eine Metallrampe hinuntergingen. Ein überdachter Holzpier führte sie hinaus zur Straße, wo ein ungeduldiger
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