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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Mütze mit dem Federbusch. Alkoholatem schlägt ihr entgegen.
    Der Kerl fährt ihr mit der freien Hand unter den Rock, versucht gleichzeitig, seinen Mund auf ihren Hals zu drücken.
    Endlich weicht die Lähmung von ihr. Sie beginnt, sich zu wehren, windet sich stumm.
    »Schrei doch, Schätzchen! Ich hab’s so gern, wenn eine zu Anfang schreit!«
    Anton, wo bleibt Anton?
    Sie schlägt mit den Fäusten auf den Mann ein, und schließlich gelingt es ihr, ihm das Knie zwischen die Beine zu rammen. Er lässt los, brüllt auf und krümmt sich zusammen.
    Leonie rennt auf die Schwedenbrücke zu, überquert sie. Ihre Füße gehorchen ihr kaum.
    »Wart, das sollst du mir büßen! Dich krieg ich, du Miststück!« Er hat sich erholt, ist schon wieder dicht hinter ihr. Wie soll sie ihm ein zweites Mal entkommen? Sie schnappt nach Luft, gerät ins Stolpern. Gleich wird er erneut nach ihr greifen ...
    Endlich. Das Rattern von Rädern. Anton steht auf dem Trittbrett des Fiakers. »Scheißkerl, verschwind!« Er springt ab, reißt sie in den Wagen. Das Gefährt wendet.
    Ihr Retter schreit dem Kutscher die Adresse zu und der gibt den Pferden die Peitsche.
    Der Kerl bleibt zurück. Sie fahren. Endlich fahren sie. Rofrano legt den Arm um sie. »Hör auf zu zittern«, sagt er leise. »Ist ja vorbei.«
    Ihre Zähne schlagen aufeinander. »Anton, was waren das für Leute?«
    »Die Heimwehr halt. Rabiate Typen. Radaubrüder, was wos denn i. Die schicken so Rollkommandos dahin, wo’s ihnen nicht genehm ist. Darum sollt man sich lieber fernhalten von so Orten. Als ich die in der Tram gesehen hab, die an uns vorbeig’fahren ist – da ist mir mulmig geworden. Ich hab a G’spür dafür, wenn’s krass kommt. Kannst mir glauben. Hab mich oft genug wegducken müssen im Leben.«
    Es klingt wie ein Vorwurf. Sie hat jetzt keine Kraft zu streiten. Und keine Kraft, ihn nach seinen »Geschichten« zu fragen ...
    Sie lehnt sich an ihn und lässt es zu, dass er ihr Hals und Schulter streichelt.
    Der Wagen rollt durch die nächtliche Stadt. Alles ringsum scheint so friedlich. Als wäre nichts geschehen.
    Wie in Berlin, so in Wien. Es hat sie eingeholt. Endgültig. Isabelle, du brauchst deinen Buchstaben!
    Sie schweigen. Als sie schon in ihre Straße einbiegen, sagt er irgendetwas. Erst beim zweiten Mal versteht sie, dass er etwas fragt. »Verrätst mir was?«
    »Was denn?«
    »Warum sind wir dahin?«
    »War ein Zufall.«
    »Glaub ich net ganz.«
    (War’s natürlich nicht. Ich wollte an einen Ort gehen, von dem ich wusste, dass er Felice ganz und gar missfallen würde. Unter anderem.)
    Pause.
    Dann: »Und warum ist sie so bös auf dich, die Felice, dass sie dir eins mit’m Spadi versetzt?« (Natürlich hat er’s gespürt, dass es auch gegen sie gerichtet war. Dass ich in dies Judenviertel wollte.)
    Sie versucht ein Lachen. »Ich brauche was von ihr, das will sie mir nicht geben.«
    »Ach«, sagt er. »Geht’s wieder um den Halsschmuck? Um den Buchstaben?«
    »Woher weißt du ... «
    »Sie hat’s mir erzählt. Irgendeine Judengeschichte hängt dran, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Warum bist denn so scharf auf das Krawatschl? Nur weil du’s der Alten da in Frankreich versprochen hast?«
    »Nein«, antwortet sie. (Soll sie ihm jetzt von Isabelles und ihren Visionen erzählen? Lieber Himmel, nein.) »Es könnte vielleicht – vielleicht helfen, dass solche Dinge wie eben ... nicht geschehen...«
    »Das versteh ich nicht«, sagt er. »Bin halt kein Jud.«
    Er hilft ihr aus dem Wagen.
    »Mir geht’s nur wider den Strich, dass ihr euch so zofft über dem Ding. Ich lieb kein Streit zwischen Weib erleut, die ich beide... mag. Jede auf andere Weise.«
    Er bringt sie bis zur Tür der Dependance.
    »Servus, Leonie. Träum was und vergiss das alles.« Er berührt leicht mit den Lippen ihre Wange, bevor er mit raschen Schritten zum Palais geht.
    Sie sieht ihm nach.

26
    Sie fühlt sich den ganzen nächsten Tag wie zerschlagen, bleibt bis Mittag im Bett. Versucht wegzudrängen, was sie erlebt hat. Am späten Abend aber, als Felice nach der Vorstellung heimkommt, geht sie, ohne sich groß mit Klingeln aufzuhalten, ins Palais hinüber, durchquert die Flucht der schwach erleuchteten Zimmer, Empfangszimmer, großer Salon, Frühstückszimmer, Speisezimmer, Rauchsalon, Wintergarten, Bildergalerie, und legt ohne Zögern die Hand auf die Klinke jener weißgoldenen doppelflügeligen Schleiflacktür, die sie schon einmal durchschritten hat.
    Der winzige Flur dahinter, den

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