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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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trockener, fester Kuss mit geschlossenen Lippen; so, denkt Leonie, würde mich vielleicht ein Bruder küssen, wenn ich einen hätte.
    »Darf ich mir was wünschen?«, fragt sie. Er wischt kurz über seine Augen, die ohne die dicken Gläser schön und mandelförmig und glänzend sind, dann versteckt er sich wieder hinter der Brille und sagt: »Alles, was du willst.« Sein Stimme klingt belegt.
    Sie schlägt entschlossen mit der Hand auf den Tisch. »Ich will Riesenrad fahren!«, verkündet sie.
    »Riesenrad?«
    »Ja, Riesenrad. Ich will Wien von oben sehen. Als ich das Ding zum ersten Mal sah, (man sieht es ja von allen Ecken der Stadt), da dachte ich: Was muss das für ein Monstrum sein! Ein Monstrum bleibt es auch. Aber die Aussicht – die will ich genießen.«
    »Also, auf zum Prater! Zum Wurstelprater, zum ewigen Volksfest! Aber vorher gehen wir noch spazieren.« Er lacht. –
    Es zeigt sich, dass die Kabinen dieses Riesenrads so etwas wie komfortable Waggons sind, mit Sitzen und Tischen, und dass eine Befürchtung Goldsteins (»Ich habe Höhenangst!«), er könne in so einem Ding in Panik geraten, unbegründet ist. Man fühlt sich wie im Dachgeschoss eines hohen Gebäudes, nur dass es sich eben langsam bewegt.
    Sie haben die beste Zeit erwischt. In der Stadt zu ihren Füßen gehen gerade die Gaslaternen an, Straßenzug für Straßenzug, eine lebendige Landkarte breitet sich zu ihren Füßen aus; Fluss und Donaukanal widerspiegeln zitternde Reflexe und im Norden blickt man bis auf die dunkelnden Höhen des Kahlenbergs und auf dämmrige Wälder.
    Wie’s aussieht, wird das nun wohl meine Heimat sein – jedenfalls für eine gewisse Zeit. Ich werde hier leben und arbeiten, mir eine kleine Wohnung suchen, denkt sie. Im Augenblick kommt esihr so vor, als gäbe es nichts, was sie nicht erreichen könnte, und noch weniger etwas, wovor sie sich fürchten müsste. Alles wird gut und finstere Geschichten sind bloß finstere Geschichten.
    Langsam gleitet die Kabine wieder abwärts. »Es ist gut, dass das wirkliche Engagement erst in der neuen Spielzeit anfängt«, sagt Leonie. »Ich hab hier nämlich noch etwas zu erledigen und weiß bis jetzt nicht, wie ich es anstellen soll.« Sie fährt sich mit der Hand ins Haar, tastet unwillkürlich nach der Narbe.
    Goldstein mustert sie aufmerksam. »Irgendetwas, wobei man helfen kann?«
    Sie seufzt, schüttelt den Kopf. »Ich muss bei jemandem einen Panzer sprengen und das kann nur ich allein. Es ist meine Aufgabe.«
    »Hört sich geheimnisvoll an!«, bemerkt er.
    »Das auch. Aber vor allem schwierig.«
    Sie sind wieder auf ebener Erde, steigen aus. Um sie herum das lebhafte Treiben eines ständigen Volksfestes, Lärm und Gelächter, Licht und Dunkelheit, die sich abwechseln. Junge Männer Arm in Arm mit ihren Mädchen, andere stehen am Ringelspiel oder versuchen, ein Lebkuchenherz für die Liebste zu schießen, oder schenken ihr eine Girlande aus Papierblumen.
    »So ist es also auf dem Prater«, sagt Leonie und sieht sich um. »Aber wo ist nun die Wurst?«
    »Was für eine Wurst denn?«
    Na, du hast doch vorhin gesagt, es heißt Wurstelprater!«
    Danny Goldstein lacht. »Jetzt verstehe ich! Nein, das hat überhaupt nichts mit Wurst zu tun! Wurstel, das ist hier der Name für die komische Person im Puppenspiel. Der Hanswurst ist gemeint, der Kasper! Und da gab und gibt es eben eine Puppenbühne, die heißt Wursteltheater.«
    »Das gibt’s noch? Und da gehen die Eltern mit ihren Kindern hin?«
    »Wie ich die Wiener kenne, gehen sie auch ohne ihre Kinder hin«, sagt Danny und seufzt. »Es ist eine ziemlich primitive Art der Unterhaltung.«
    »Ach, weißt du, ich glaube, meine Verwandte Felice Lascari hält den ›Diener zweier Herren‹ auch für eine primitive Art der Unterhaltung«, sagt Leonie. »Das schreckt mich nicht. Können wir es uns nicht angucken? Ich habe in Berlin auch für die einfachen Leute gespielt, das kanntest du ja. Ich mag Volkstheater.«
    Sie hängt sich bei ihm ein und übersieht seine bedenkliche Miene.
    Vorm »Wursteltheater« steht eine Menschenmenge. Gewiss, es ist unwahrscheinlich populär. Obwohl Kinder eigentlich schon ins Bett gehören, toben sie hier noch zwischen den Zuschauern herum oder sitzen auf Vaters Schultern, um das Spektakel mit zu genießen. Aber zumeist sind es tatsächlich Erwachsene, die hier dicht an dicht herumstehen, im Lichtkreis der Laternen.
    Das Spiel im hell erleuchteten Guckkastentheater – einem simplen Bretterhäuschen –

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