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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Händeklatschen und »Hepp-hepp!«-Rufen haut er auf den Moische ein. Der flieht jammernd von einer Ecke des Guckkastens zur anderen. Dann, vorn an der Rampe, holt der Wurstel zum entschei denden Hieb aus. »Bumm, aufs Happel!« Auf den Kopf! Und dann ist der Jud tot. Mausetot.
    Kreischen, Lachen, Applaus. Das Stück ist aus.
    Nicht weit von sich entdeckt Leonie plötzlich im Schein einer der Gaslaternen ein bekanntes Profil. Sie zieht Danny, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht, an der Hand in die Nähe der Gruppe, die sich prächtig amüsiert, mitklatscht, mitlacht, mitapplaudiert. Als da sind: ein älterer Herr mit gewichstem Schnurrbart, Mütze mit weiß-grünem Federbusch auf dem Kopf, einejunge Frau an der Seite ihres Manns, Kind an der Hand, und ein Mädchen mit ihrem Freund, untergehakt. Die beiden Frauen haben sich fein gemacht: Hütchen, Handschuhe, weißer Kragen auf dem Sonntagskleid.
    Haben offenbar ihren freien Abend: der Joseph, das Nannerl und das Lieserl. Erfreuen sich beim Wursteltheater.
    Joseph entdeckt Leonie zuerst, macht die anderen auf sie aufmerksam. Er zieht höflich den Hut und die beiden Frauen knicksen freundlich.
    Ohne die mindeste Verlegenheit.

30
    Blunzengeröstl in der Gesindestube kommt nicht mehr infrage. Den Angestellten des Hauses gegenüber halte ich mich nun zurück, nachdem ich die drei so quietschvergnügt auf dem Prater bei der Wurstelbühne gesehen habe.
    Ich zerbreche mir den Kopf: Wie geht das zusammen – dass sie hier in Stellung sind, in diesem Haus, in dem es ihnen doch offenbar ganz gut geht, und da draußen freuen sie sich, wenn der Wurstel dem Juden »aufs Happel« haut? Wenn der Joseph mit dem weiß-grünen Federbusch der Heimwehr auf der Mütze am Feier abend herumstolziert und im Dienst, in der verschlissenen Livree bei Madames Empfang, die Gäste begrüßt, von denen er weiß, dass die meisten davon Juden sind?
    Ich begreif’s nicht. In Berlin – da gab es diese schrecklichen Übergriffe. Aber hier? Da ist es einfach ein Teil des Alltags. Und ich weiß nicht einmal, was ich bedrohlicher finde ...
    Um mich abzulenken, lerne ich die Rolle aus dem Goldoni-Stück, die Magd Smeraldina. Und ich komme gut voran.
    Felice von meiner Abmachung mit dem Josefstädter Theater zu erzählen, habe ich keine Lust. Selbst wenn ich gewollt hätte: Es gab auch noch keine Gelegenheit dazu. Seit unserem Gespräch, als ich das Zeichen, den Buchstaben, in der Hand gehalten habe da in ihrem kleinen Zimmer, hatte ich noch keine Unterrichtsstunde bei ihr. Sie geht mir aus dem Weg.
    Ich rede mir ein, dass es vielleicht ein gutes Zeichen ist. Dass sie nachdenkt ...
    Da das Wetter weiterhin schön ist (und wenn ich weiß, dass Felice auf der Probe ist), gehe ich manchmal mit meinem Textbuch in den kleinen Park, der zum Haus gehört, und lerne dort.
    Manchmal übe ich da auch schon ein paar Gänge und Bewegungen, so wie ich sie von der Vorstellung in Erinnerung habe. Es schaut mir ja keiner zu.
    Eines Tages – ich sitze gerade auf jener Holzbank unter den Kastanien, wo mir Felice nach meiner missglückten Kocherei ihre Geschichte erzählt hat, und habe das Textbuch auf den Knien – bekomme ich Besuch.
    Der Edle von Rofrano in seinem weißen Anzug schlendert quer über den Rasen auf mich zu und lässt seinen Hut, die »Kreissäge«, auf den Fingern einer Hand tanzen.
    »Ist’s erlaubt?«, fragt er und setzt sich neben mich, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Ich schlage mein Buch zu, und er reckt den Hals, um einen neugierigen Blick daraufzuwerfen, aber ich lege es auf die andere Seite der Bank neben mich, mit der Titelseite nach unten.
    Wir schweigen.
    Seit er mich nach dem Überfall auf die Rolandbühne nach Hause gebracht und vor der Tür auf die Wange geküsst hat, haben wir uns nicht mehr gesehen.
    Schließlich lehnt er sich zurück und seufzt tief.
    Ich werfe ihm einen Seitenblick zu. Dann sage ich: »Du wirkst nicht sehr fröhlich.« (Vom Du des Katastrophenabends im Kaba rett wieder zum Sie zurückzukehren, halte ich nicht für notwendig.)
    »Bin ich auch net«, erwidert er und legt den Hut beiseite. »Wenn die Herrin schlecht gelaunt ist, hat ihr Kavalier halt auch keine gute Zeit. Sei froh, dass du sie gerad’ nicht zu Gesicht bekommst.«
    Was natürlich auch nicht korrekt ist, denn eigentlich sollte ich ja unterrichtet werden, denke ich, aber schweige.
    »Und dir geht’s gut?«, fährt er fort. (Ist er nur zum Plaudern gekommen?)
    »Ja, danke«, erwidere ich.
    »Stiefelt dir

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